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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kriegsgeschichtliche Litteratur

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Kriegsgeschichtliche Litteratur (neuere: Denkwürdigkeiten etc.).

v. Hartmann hat seine »Kritischen Versuche« (das. 1878) auf den ersten Teil des Krieges ausgedehnt; v. Stuckrad hat eine Gesamtdarstellung des letztern gegeben (Hannov. 1878); dasselbe hat auf Grund der amtlichen russischen Berichte der Däne v. Sarauw (2. Ausg., Leipz. 1879) gethan. Greene, ein nordamerikanischer Ingenieuroffizier, welcher den Ereignissen im russischen Hauptquartier beiwohnte, hat in »The Russian army and its campaigns« (Lond. 1880) mehr die erstere als die letztern geschildert. Von russischen Schilderungen seien noch Pusyrewsky, »Die russische Garde etc.« (deutsch, Berl. 1888), genannt und des Generals Kischmischew Veröffentlichungen über den von fremdländischen Schriftstellern vernachlässigten Kriegsschauplatz in Asien; andre nicht übersetzte Bücher übergehen wir. »Der rumänische Anteil am Kriege«, vom Oberstleutnant Vascarescu auf Grund der Quellen bearbeitet, ist von Mite Kremnitz ins Deutsche übersetzt (Leipz. 1887). Aus dem türkischen Heerlager stammen: »Subdetul-Chakaik«, eine Sammlung von Urkunden aus den Staatsarchiven, von A. v. Drygalski (Berl. 1880) deutsch bearbeitet, und »Guerre d'Orient. Défense de Plevna« (Par. 1889), das Tagebuch eines Adjutanten von Osman Pascha, Ta la at Bey, ergänzt und richtig gestellt auf Grund amtlicher Urkunden und mit dem Beistand von Teilnehmern an den Ereignissen. Nicht so zuverlässig ist ein Buch, welches ein andrer Türke, aber ein gegen sein Vaterland kämpfender, herausgab: »Les Russes en 1877/78« von dem Major Osman-Bey (Berl. 1889), es behandelt den asiatischen Kriegsschauplatz. Anspruch auf Beachtung haben die Berichte, welche A. Forbes etc. den »Daily News« erstatteten; sie sind von Helms ins Deutsche übersetzt (Berl. 1878).

Wer über die weniger wichtigen, seit 1865 stattgehabten Kriege eingehendere Belehrung sucht, als die Löbellschen Jahresberichte bieten, findet solche: über den Krieg der Tripelallianz gegen Paraguay in einem dreibändigen Werke von L. Schneider (Berl. 1872-75); über das britische Unternehmen gegen Abessinien in Henty, »The march to Magdala« (Lond. 1868), Markham, »The history of the Abyssinian expedition« (das. 1869), H. M. Stanley, »Coomassie and Magdala« (das. 1874), Kodolitsch, »Die englische Armee im Feldzug 1867-68« (Wien 1869), und in den mehr persönlich gehaltenen Schriften des Afrikareisenden Rohlfs, des preußischen Hauptmanns G. Grafen v. Seckendorff und des Berichterstatters der »Times«, Hozier; über den Kampf der Niederländer gegen Atschin in einem gründlichen und eingehenden Werke von Kielstra (holländisch), über den Karlistenkrieg von 1872 bis 1876 in denen von Bermejo (spanisch) und Martner (französisch); über Rußlands Kämpfe in Mittelasien 1873-81 in den russisch herausgekommenen Schriften des Generals Grodekow, über das Unternehmen gegen Chiwa im J. 1873 besonders in einem Buche von E. Schmidt; über den Zulukrieg in denen von Colenso und Wilmost (englisch); über den Krieg, welchen Chile gegen Peru und Bolivia führte, in »Histoire de la guerre du Pacifique« (Par. 1882), auf Geheiß der chilenischen Regierung bearbeitet durch Arana; über Österreichs Kämpfe im Okkupationsgebiet in »Der Aufstand etc. 1881-82« (Wien 1883), bearbeitet im Kriegsarchiv; über den serbisch-bulgarischen Krieg von 1885 in den Arbeiten des Obersten v. Bilimek-Waissolm (Wien 1886), von A. v. Huhn (Leipz. 1886) und des Hauptmanns Möller (Hannov. 1888). Allgemein gehalten sind die kurzen Übersichten über Kriege der neuen Geschichte, welche eine in Brüssel erscheinende »Bibliothèque internationale d'histoire militaire« bringt, und der Inhalt eines seit 1886 in Iglau erscheinenden »Schlachtenatlas des 19. Jahrhunderts«, welcher jedoch erst nach den Befreiungskriegen beginnt. Beide Unternehmen sind wesentliche Bereicherungen der Kriegsgeschichte, aber noch nicht zum Abschluß gekommen.

C. Denkwürdigkeiten und Lebensbeschreibungen.

Auf diesem Gebiet sind zahlreiche wichtige Beiträge zur Kriegsgeschichte gebracht worden. Wie zu allen Zeiten, ist Frankreich besonders fruchtbar gewesen. Da ist zuerst die von der Akademie der Wissenschaften mit dem Preise Gobert gekrönte »Histoire de Bertrand du Guesclin« von Simon Luce (2. Aufl., Par. 1882). Dieser folgt der Zeit nach eine ganze Reihe von Schriften, welche der Jungfrau von Orléans gewidmet sind. Der Drang des französischen Volkes, nach den 1870-71 erlittenen Demütigungen sich an einer ruhmreichen Vergangenheit geistig wieder emporzurichten, hat die Blicke der Forscher zurückgelenkt auf die Zeit, in welcher Johanna ihr Vaterland von den Engländern befreite, und das allgemeine Interesse an ihren Thaten und Leistungen gemehrt. H. Blaze de Bury schildert ihre Persönlichkeit auf Grund der alten Chroniken, P. Marin würdigt sie als »Tacticien et stratégiste«, E. Lesigne bemüht sich darzuthun, daß nicht die Jungfrau, sondern das Volk selbst Frankreich errettet habe, P. Lanéry liefert in »Mémoires et consultations en faveur de Jeanne d'Arc« einen Nachtrag zu den von Puicherad veröffentlichten Prozeßakten, A. Sorel stellt seine Heldin in »La prise de Jeanne d'Arc devant Compiègne« als ein Feldherrngenie hin; sachlich und gründlich urteilt in »Jeanne d'Arc in Geschichte, Legende und Dichtung« ein Deutscher, R. v. Marenholtz. Aus der Zeit Heinrichs IV. folgen »Actes et correspondance du Connétable des Lesdiguières«, urkundlich durch Douglas und Roman; aus der Zeit Ludwigs XIV. Lebensbeschreibungen seines großen Festungsbaumeisters Vauban von G. Michel, der Marschälle Fabert von Bourelly und Villars von du Voguë; aus dem Beginn der Revolutionszeit tritt zu den vielen vorhandenen, welche Dumouriez gewidmet sind, eine solche von v. Boguslawski, daran reihen sich zwei Biographien Klébers, die ältere von Ernouf, die jüngere vom General Grafen Pajol dargeboten, welch letztern wir schon oben kennen gelernt haben, und welcher auch eine Lebensbeschreibung seines Vaters, eines der Reiterführer Napoleons I., geliefert hat. Einen zweiten Kavalleriegeneral lernen wir in den »Souvenirs et traditions« des Generals Auguste Colbert kennen, des jüngsten, schon 1809 gefallenen unter drei Brüdern, welche sämtlich tüchtige Kavalleristen waren, und auch in Grouchy, welcher später aus dem Wirkungskreis eines solchen heraustrat; ein Enkel schrieb des letztern »Mémoires«. Das erste Kaiserreich ist vertreten durch Davoût, dessen Leben zuerst Chénin, dann (»raconté par les siens et par lui-même«, 1879) seine Tochter beschrieb, die Marquise de Blocqueville, welche 1887 noch einen Nachtrag lieferte; Vandamme, dessen Thaten und Schicksale A. Du Casse erzählt; Ségur, dessen »Histoire et mémoires« die Zeit von 1790 bis 1840 begreifen; Dessaix, nicht zu verwechseln mit Desaix, dem Helden von Marengo, einen tüchtigen Soldaten und Führer, und einen in weitern Kreisen nicht bekannten Colonel de Gonneville, dessen Lebensgang aber trotzdem einen interessanten Beitrag zu der Geschichte der Kriege des Kaisers von 1804 bis