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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Marmor

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Marmor (griechischer).

Auch leidet dieses daran, daß keine der M. (Wien besitzt eine Zentralgroßhalle und 6 Kleinmarkthallen) im Mittelpunkt der Stadt liegt. Von diesen Grundmängeln abgesehen, sind die Wiener M. gut angelegt und verwaltet. Die Großhalle am Eislaufplatz hat Eisenbahnanschluß, bedeckte bei der Erbauung eine Grundfläche von rund 8000 qm, ist jedoch in Erweiterung begriffen. Von den Kleinmarkthallen verdient insbesondere die an der Stubenbastei mit 1350 qm, 218 Ständen und doppelter Unterkellerung Beachtung. Bemerkenswerte M. haben noch Brüssel und Frankfurt a. M. Brüssel erhielt seine Zentralhalle im J. 1875. Sie besteht aus zwei rechteckigen, an den Schmalseiten durch eine 15 m breite bedeckte Straße miteinander verbundenen Hallen von je 2370 qm Grundfläche, deren eine dem Groß- und Kleinhandel mit Fischen, die andre dem Handel mit Fleisch und allen sonstigen Lebensmitteln dient, und ist in ihren baulichen Einzelheiten im wesentlichen den Pariser Hallen nachgebildet. In Frankfurt wurde die Markthalle 1879 eröffnet. Sie bildet ein langgestrecktes, rings von Straßen umgebenes Rechteck von 4000 qm Grundfläche mit Nebenräumen an den Giebelseiten und einer ringsum laufenden Galerie, ist der Hauptsache nach aus Eisen und Glas konstruiert und hat Groß- und Kleinhandel aller Art bei 288 Ständen. Vgl. Eberty, Lebensmittelversorgung von Großstädten in M. (Berl. 1884); V. Baltard, Monographie des Halles centrales de Paris (Par. 1863); J. ^[Julius] Hennicke, Mitteilungen über M. in Deutschland, England, Frankreich, Belgien und Italien (Berl. 1881); »Festschrift zum zehnten internationalen medizinischen Kongreß. Berlin 1890«.

Marmor in Griechenland. Das Wort M. ist griechisch und bedeutet ursprünglich nur ein Felsstück ohne Rücksicht auf die Gesteinsart. Da aber Griechenland hauptsächlich das Land des sogen. Marmors ist, war es natürlich, daß der allgemeine Name auf das am häufigsten vorkommende Gestein angewandt wurde, so daß allmählich aus dem allgemeinen Worte die Bezeichnung einer besondern Gesteinsart wurde und in dieser Gestalt zu andern Völkern überging. Über den griechischen M. sind wir in neuerer Zeit durch R. Lepsius' Untersuchungen (»Griechische Marmorstudien«, 1890) aufs beste belehrt worden. Am reichsten ausgestattet mit M. ist Attika. Das pentelische Gebirge, der hohe Rücken des Hymettos, ein großer Teil der Laurischen Bergwerke bestehen aus M., zum größern Teile aus dem ältern, weißen, zum kleinern aus dem geologisch jüngern, bläulichen Steine. Aus dem pentelischen Steine sind die Tempel Athens gebaut. Der Skulpturenschmuck ist jedoch zum Teil aus dem noch bessern parischen M. verfertigt. Nur die Perikleischen Bauten bestehen ganz aus pentelischem M., weil die parischen Brüche so große Marmormassen in so kurzer Zeit, als die plastische Ausschmückung des Parthenon in Anspruch nahm, nicht liefern konnten. Der pentelische M. zeichnet sich vor andern griechischen Marmoren durch seinen Eisengehalt aus: die schöne goldbraune Patina auf den Säulen und Werkstücken des Parthenon, der Propyläen, des Theseion, des Olympieion und aller andern, dem Wetter ausgesetzten Bauwerke und Denkmäler von pentelischem M. rührt davon her, daß bei der Anwitterung der Gesteinsoberfläche der Kalk des Marmors vom Regenwasser aufgelöst und fortgeführt wird, dagegen der Eisengehalt des Marmors umgesetzt wird in Brauneisen (Eisenhydroxyd), dessen intensiv braune Färbung auch bei Gegenwart von nur sehr kleinen Quantitäten deutlich zu Tage tritt. Die chemische Analyse gibt beim pentelischen M. einen verhältnismäßig hohen Gehalt von Eisen, nämlich:

^[Liste]

Kalkerde 56,000 Proz. kohlensaurer Kalk in Form von Kalkspat

Kohlensäure 44,002 Proz. kohlensaurer Kalk in Form von Kalkspat

Eisenoxyd 0,122 Proz.

: 100,124 Proz.

Daß die Säulenreihe auf dem Südkap von Attika, auf Sunion, schneeweiß erscheint, obwohl der M. stärker verwittert ist als derjenige auf der Akropolis von Athen, kommt nur daher, daß der M. von Sunion nach der chemischen Analyse kaum Spuren von Eisen in feiner Gesteinsmasse enthält.

Für das Verständnis der Verwitterung der Skulpturen des Parthenon ist es wichtig, die Schichtung und den Abbau des pentelischen Steines zu kennen. Er ist stets deutlich geschichtet, daher können die Marmorplatten parallel den Schichtflächen leichter als nach der andern Richtung aus der anstehenden Bank herausgebrochen werden. In den modernen, viel ausgebeuteten Brüchen am Pentelikon benutzt auch der Arbeiter die Schichtung des Marmors, um lagerhafte Stücke zu gewinnen. Die Alten aber haben sich selten nach der Schichtung gerichtet, sondern häufig die Blöcke schief zur Schichtung aus dem Anstehenden herausgehauen; die Schichten fallen meist schief in den Berg hinein, während die Alten den Berg stets in senkrechten, resp. horizontalen Flächen einschnitten. Wir sehen daher bei den Werkstücken antiker Bauten, die aus dem ältern, weißen, pentelischen M. gearbeitet wurden, die Schichtung meist quer durch die Säulentrommeln, Architrave und Marmorquadern hindurchlaufen, nicht zum Vorteil der Haltbarkeit dieser Stücke; denn wir sehen zugleich, daß das Regenwasser in diese Schichtenfugen und Glimmerdurchgänge eindringt und von ihnen aus den M. zernagt und anwittert; parallel den Schichtfugen blättern z. B. häufig Schalen und Platten von den Säulentrommeln des Parthenon oder des Olympieion ab.

Der hymettische, blaugraue M. war mehr noch als bei den Griechen in späterer Zeit bei den Römern beliebt, die ihn zur Kaiserzeit in zahlreichen und großen Werkstücken, besonders aber in Säulenmonolithen (Säulen aus einem Stück) nach Rom gebracht haben. Die graue Färbung rührt von einer Masse sehr kleiner Kohlenstoffpartikelchen her. Ebenso tragen kleine schwarze Eisenkörnchen zu der grauen Färbung bei.

Von den auf den griechischen Inseln vorhandenen Marmorarten ist der M. von Karystos auf Euböa wegen der zahlreichen Glimmerlager schon Kalkglimmerschiefer oder eigentlich Marmorglimmerschiefer zu nennen. Der weiße, hellgraue, auch gelbliche und rötliche, körnige M. wird parallell ^[richtig: parallel] der deutlich hervortretenden Schichtung von vielen Streifen grauer, auch silberweißer Glimmerblättchen durchzogen. Die geschliffenen und polierten Flächen dieses dünnschichtigen Marmors zeigen eine schöne Maserung durch die vielfach wechselnden farbigen Zonen und Streifen. Im griechischen und römischen Altertum war dies Gestein als karystischer M. berühmt; in Italien nennt man ihn Cipollino (Zwiebelmarmor), indem man die dünnen Schichten des farbigen Gesteins mit den vielfach übereinander liegenden Schalen der Zwiebel (cipolla) vergleicht. Dieser M. von Karystos wurde während der Kaiserzeit in Rom bei den Prachtbauten zu Säulen, Stufen, für Wandbekleidung in großen Werkstücken verwendet.