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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Matzat; Mauersteine

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Matzat - Mauersteine.

Matzat, Heinrich Ferdinand, Historiker, geb. 9. Jan. 1846 zu Milchbude bei Kleinhof-Tapiau (Kreis Wehlau in Ostpreußen), studierte 1866-70 in Berlin und Königsberg Geschichte und Philosophie, war dann Lehrer in Spremberg und Sorau und ist seit 1876 Direktor der Landwirtschaftsschule in Weilburg in Nassau. Von seinen Schriften sind zu erwähnen: »Erdkunde« (2. Aufl., Berl. 1886); »Methodik des geographischen Unterrichts« (das. 1885); »Chronologische Untersuchungen zur Geschichte der Könige von Juda und Israel« (Weilb. 1880); »Römische Chronologie« (Berl. 1883-84, 2 Bde.), ein wissenschaftlich bedeutendes Werk; »Römische Zeitrechnung für die Jahre 219 bis 1 v. Chr.« (das. 1889); »Die Überfüllung der gelehrten Fächer und die Schulreformfrage« (das. 1889).

Mauersteine. 1) Die Mauer- oder nicht feuerfesten Steine. Die M. oder Ziegel werden in größeren Betrieben jetzt durchweg mittels Dampf- und Maschinenkraft hergestellt. Der durch ein einfaches oder doppeltes Walzwerk getriebene (zu bessern Steinen vorher geschlämmte) Thon wird aus einem liegenden Cylinder in Strangform gepreßt und durch einen geeigneten Abschneideapparat in Stücke von der Stärke eines Mauerziegels zerschnitten. Sehr leistungsfähige Pressen liefert Schmelzer in Magdeburg. Für die Bearbeitung des Rohmaterials sind also im allgemeinen keine besondern Eigentümlichkeiten zu bemerken, wohl aber ergeben sich diese im weitern Verlauf der Fabrikation vornehmlich aus der jeweiligen chemischen Zusammensetzung der in der Ziegelfabrikation zur Verarbeitung gelangenden Thone. Diese ist eine sehr schwankende; man verwendet einerseits Alluvialthone, die bis 25 Proz. kohlensauren Kalk enthalten, und anderseits Braunkohlenthone, welche meistens nur 2-3 Proz. Kalk und Magnesia (an Kieselsäure gebunden) enthalten, zu Steinen, die nach der Fertigstellung im Aussehen für den Laien keine Unterscheidungsmerkmale bieten. Ein wetterfester Ziegel soll nicht über 28 Proz. Kalk (als kohlensaurer Kalk berechnet) enthalten. Je kalkarmer und thonerdereicher ein Thon ist, desto höheres Feuer verlangt er, bis der Ziegel klingend wird. Da bei kalkreichem Thon der Sinterungspunkt und Schmelzpunkt so nahe zusammenliegen, daß bei beginnender Sinterung fast gleichzeitig Schmelzungserscheinungen auftreten, so sind zum Brennen derselben Ofensysteme, welche kurze Stichflammen geben, zu verwerfen. Während man für Braunkohlenthone die Escherichschen Gasringöfen mit Vorteil anwendet, bei welchen die Steine mit dem Brennmaterial und der Asche nicht in direkte Berührung kommen, so zieht man für kalkreiche Alluvialthone den gewöhnlichen Ringofen von Hoffmann, welcher eine lange Flamme entwickelt, vor oder bedient sich neuerer Systeme von Dannenberg, der Mäanderöfen etc. Für bessere Waren, wie Vormauerungssteine oder Verblender, Fliesen, Falzziegel u. dgl., hat Augustin periodische Öfen mit überschlagender Flamme und sogen. Muffelöfen konstruiert, deren Vorzug darin liegt, daß sie ein sehr gleichmäßig gefärbtes Fabrikat liefern. Der Augustinsche Ofen ist meist 5-6 m lang, 4 m breit und 3 m hoch, er hat an jeder Langseite vier sogen. Halbgasfeuerungen und unter der Sohle in der Mitte und Richtung der Längsachse einen Hauptabzugskanal für die Feuergase, welche von hier in den Schornstein gelangen. Da der Betrieb des Ofens kein kontinuierlicher ist, so erfordert er mehr Brennmaterial als der Ringofen. Schließlich seien noch die sogen. Blaudämpföfen von Bock zum Brennen und Blaudämpfen von Falzziegeln erwähnt. Das Prinzip derselben beruht darauf, daß man nach dem Garbrennen der Falzziegel sämtliche Öffnungen der Ofenkammer dicht verschließt und durch Hineinwerfen von feuchtem Erlenholz oder durch Hineingießen von kohlenstoffreichen Flüssigkeiten zugleich unter Erzeugung von Wasserdämpfen auf der Oberfläche der Ziegel eine bis ins Innere dringende Ablagerung von Kohlenstoff unter gleichzeitiger Reduktion des Eisenoxyds zu Oxydul bewirkt und die Steine in dieser Reduktionszone erkalten läßt. Dieselben erscheinen dadurch von schieferblauer Farbe. Der Gang des Brandes und die Zusammensetzung der Feuergase hat auf die Färbung der Ziegelsteine den bestimmendsten Einfluß; demnächst ist von Wichtigkeit der Gehalt des Thones an Eisenoxyd, die dasselbe begleitenden andern im Thon vorhandenen Stoffe, der Grad der Versinterung und die Temperatur, bis zu welcher sie gebrannt werden. Je reicher die Ziegelthone an Eisenverbindungen (Eisensilikat, Eisenoxyd oder Hydroxyd, Eisenoxydul) sind, desto ausgesprochener rot färben sie sich beim Brennen in oxydierender Ofenatmosphäre, indem sie zugleich mit der Steigerung der Temperatur an Intensität der Farbe zunehmen. Ein bedeutender Thonerde-, Kalk- oder Bittererdegehalt läßt die Farbentöne heller erscheinen: schwefelgelb, gelb, orange, hellrot. Von wesentlichstem Einfluß aber auf die Farbe der Ziegelsteine ist die Zusammensetzung der Feuergase und der Schwefelkiesgehalt der Steinkohlen, der in Form von schwefliger Säure in die Feuergase übergeht. Bei kalkreichen Thonen bildet sich unter dem Einfluß einer oxydierenden Atmosphäre an der Oberfläche schwefelsaurer Kalk, der Kalk nimmt nicht an der Silikatbildung teil, und unbehindert vom Kalk kommt die Farbenwirkung des Eisenoxyds zur Geltung, besonders an der dem Feuer zugekehrten Seite. Durch eine energische Reduktion kann man aber auch die roten Anflüge der kalkhaltigen Eisenthone mehr und mehr in gelbe überführen. Je stärker die Thone beim Brennen sintern, desto dunklere Farben nehmen die Steine an. Durch Vermischen verschiedener Thone kann man natürlich die Farbe der Steine verändern, sie feuerfester machen etc.

2) Feuerfeste Steine und Schamottefabrikate. Unter den feuerfesten Steinen unterscheidet man zwei wesentlich voneinander verschiedene Gattungen: basische und saure Steine. Unter basischen Steinen versteht man diejenigen Schamottesteine, deren Gehalt an kieselsaurer Thonerde (Al2O32SiO22H2O) ^[(Al_{2}O_{3}2SiO_{2}2H_{2}O)] möglichst groß (85-100 Proz.) ist, also Steine, deren Schamotte und deren roher Thon möglichst frei sind von zur Silikatbildung beitragenden Stoffen (Quarz, Feldspat). Auch die Korngröße der Schamotte spielt hinsichtlich der Widerstandsfähigkeit gegen Temperaturwechsel eine bedeutende Rolle. Je kleiner das Korn, je dichter, aber auch weniger widerstandsfähig gegen Temperaturwechsel sind die Steine. Die Dichtigkeit derselben ist für ihre Feuerbeständigkeit entscheidend; je früher ein Thon dicht wird bei gleichzeitig hoher Feuerfestigkeit, desto weniger leicht wird er von flugasche etc. angegriffen. Unter sauren feuerfesten Steinen versteht man die sogen. Dinas-Bricks. Dieselben enthalten 98-99 Proz. Kieselsäure. Zu den feuerfesten Materialien gehören alle Schmelztiegel, Apparate für chemische Betriebe etc., Gasretorten, Glashäfen, Zinkmuffeln. Das Brennen derselben findet in Mendheimschen Gasöfen, im Augustinschen Ofen, Steingut- oder Porzellanrundofen bei etwa 1500° statt.