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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Rind; Rippenröhren; Rittig; Rivier

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Rind - Rivier.

ein Magnetfeld bringt und zwar bei stärkern Magnetfeldern ungefähr proportional der Stärke des Feldes. Vermöge dieser Eigenschaft des Wismuts kann die Feldstärke eines Magnets durch eine bloße Widerstandsmessung bestimmt werden. Zu diesem Zweck wird ein Wismutdraht zu einer flachen Spirale induktionsfrei aufgewunden und mit Kollodium, welches die Windungen voneinander isoliert, zwischen zwei schützende Glimmerblättchen geklebt. Die Drahtenden sind mit zwei Kupferstäben verlötet, welche den Stiel des kleinen Instruments bilden und an den Enden je eine Klemmschraube zum Einschalten in die Widerstandsbrücke tragen. Da die Dicke der Wismutspirale samt Glimmerbedeckung nur etwa 1 mm beträgt, so kann dieselbe auch in sehr enge Magnetfelder, z. B. zwischen die nahe aneinander gerückten Pole eines Elektromagnets, eingeführt werden. Aus dem gemessenen Widerstand läßt sich alsdann, wenn das Instrument in ihrer Stärke nach bekannten Magnetfeldern vorher geeicht ist, die gesuchte Feldstärke sofort in absolutem Maße angeben. Vgl. Hallsches Phänomen.

Rind. Das Klassifikationssystem der europäischen Rinderrassen von L. Rütimeyer nach den Schädeltypen in: 1) Primigenius, Ur-, 2) Brachyceros, kurzhornige, und 3) Frontosus, großstirnige Rassen, hat sich als nicht stichhaltig herausgestellt und kann daher nicht mehr aufrecht erhalten werden. Nach Rütimeyer soll das Steppenvieh und Niederungsvieh von dem ausgestorbenen Ur (Bos primigenius) abstammen, was jedoch angefochten wird. Zu den Brachyceros-Rassen soll das einfarbige Gebirgsvieh und zu den Frontosus-Rassen die bunten Thallandrassen und das Landvieh gehören. Nach Baranski (»Tierproduktion«, 1. Teil, Wien 1890) muß bei Aufstellung eines natürlichen Klassifikationssystems nicht nur der veränderliche Schädel, sondern auch die geographische Ausbreitung, die geschichtliche Entwickelung, die Anatomie des Skelettes, das Exterieur etc. in Erwägung gezogen werden. Baranski unterscheidet das europäische R. in drei primäre Gruppen: 1) Steppenvieh, 2) nordisches (a. blondes westeuropäisches Vieh von roter Haarfarbe oder rotes deutsches Landvieh, b. dunkles europäisches Vieh oder Niederungsvieh) und 3) alpines Vieh (a. einfarbiges alpines Vieh oder Braunvieh, b. Fleckvieh). Krafft unterscheidet die zahlreichen Rinderrassen nach ihrer geographischen Verbreitung und mutmaßlichen Verwandtschaft in: 1) Steppen-, 2) Niederungs-, 3) einfarbige Gebirgs-, 4) bunte Thalland-, 5) Land-, 6) englische und 7) französische Rassen. Auf den großen englischen und amerikanischen landwirtschaftlichen Zuchttierausstellungen gewinnen die hornlosen Rassen, und zwar nicht allein die Red Polled, sondern auch die Aberdeen Angus, Welsh, Galloways etc. sowohl in Reinzucht als auch in Kreuzungen gegenwärtig immer mehr Terrain. Bei der heutigen hohen Entwickelung der Viehzucht erscheinen in der That die Hörner überflüssig, und die Beseitigung derselben ist eine humane Pflicht. In Amerika sucht man daher das Enthornen auf mechanischem und züchterischem Wege zu erreichen. Verwerflich ist die Ausbohrung der Hornwurzel bei Kälbern oder die gebräuchlichere Enthornung 2-3jähriger Tiere mit der Säge, auf welche Art in den Vereinigten Staaten in den letzten zwei Jahren ca. 10 Mill. Rinder enthornt wurden. Empfehlenswerter ist die Unterdrückung des Hornwachstums bei jungen Tieren unter Anwendung chemischer Mittel, indem man die Hornerhöhungen 8-14 Tage alter Kälber mit einer ätzenden Flüssigkeit (Dehorning liniment, March chemical Dehornes) einigemal bestreicht. Am geeignetsten aber ist das Vorgehen der Polled Durham Association, d. h. Zuchtgenossenschaft hornloser Durhams (Sekretär A. E. Burleigh in Mason, Illinois), welche auf züchterischem Wege die Enthornung anstrebt. Vgl. Freytag, Tabellarische Übersicht der europäischen Rinder (Halle 1890, 2 Blatt); Wagner, Rindviehschläge Ostfrieslands (Emden 1885); Nörner, Fleckvieh der Schweiz (Berl. 1888); Flückiger, Das Berner Fleckvieh (2. Aufl., Bern 1888); Kaltenegger, Die österreichischen Rinderrasse (Wien 1879-89, Heft 1-4); Sieglin, Rinderzucht in Württemberg (Stuttg. 1888); Colemann-Zöppritz, Englische Viehrassen (das. 1887); Settegast, Die deutsche Viehzucht (Berl. 1890); Krafft, Tierzuchtlehre (5. Aufl., das. 1890); »Mitteilungen der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft« (das. 1889-90).

Rippenröhren, s. Dampfkessel, S. 168.

Rittig, Johann, deutsch-amerikan. Journalist und Politiker, geb. 26. März 1829 zu Prag, studierte die Rechte in seiner Vaterstadt, nahm teil an der Revolution von 1848, wurde gefangen, entfloh aus der Haft in die Schweiz, war 1851 Privatsekretär Karl Vogts in Nizza, wanderte das Jahr darauf nach Amerika aus, nachdem er in Österreich in contumaciam zum Tode verurteilt war, gründete 1852 in Cincinnati den »Unabhängigen«, war von 1857 bis 1861 an der »New Yorker Staatszeitung« thätig, begründete 1862 das »New Yorker Journal«, dem er bis 1867 als Chefredakteur vorstand, leitete alsdann verschiedene größere deutsche Blätter in Baltimore, Louisville und St. Louis und übernahm 1873 die Redaktion des »Sonntagsblattes der New Yorker Staatszeitung«, welcher er bis zu seinem Tode 17. Juni 1885 angehörte. Er zeichnete sich besonders durch seine fein und geistvoll geschriebenen Theaterrezensionen und seine Feuilletons aus, von denen letztere gesammelt als »Federzeichnungen aus dem amerikanischen Stadtleben« (New York 1884) erschienen und zu den besten Leistungen deutsch-amerikanischer Litteratur zählen.

Rivier (spr. rihwjeh), Alphonse, Rechtsgelehrter, geb. 9. Nov. 1835 zu Lausanne, studierte in Berlin, wo er 1858 den juristischen Doktorgrad erwarb, sodann in Lausanne und in Paris, habilitierte sich 1862 an der Universität Berlin als Privatdozent und folgte 1863 einem Ruf als Professor an die Universität zu Bern, von hier 1867 an die freie Universität zu Brüssel, wo er seit 1886 auch das Amt eines schweizerischen Generalkonsuls für Belgien bekleidet. Von seinen Werken, die mit Vorliebe das römische und das Völkerrecht behandeln, nennen wir: »Untersuchungen über die cautio praedibus praediisque« (Berl. 1863); »Introduction historique au droit romain« (Brüssel 1871, 2. Aufl. 1881); »Traité élémentaire des successions à cause de mort, en droit romain« (das. 1878); »Claude Chansonnette, jurisconsulte messin, et ses lettres inédites« (das. 1878); »Éléments de droit international privé«, franz. Bearbeitung des holländischen Werkes von Asser (Par. 1884); »Introduction au droit des gens« (mit Fr. v. Holtzendorff, Brüssel u. Hamb. 1888); »Programme d'un cours du droit des gens« (Brüssel 1889); »Lehrbuch des Völkerrechts« (Stuttg. 1889). In den Jahren 1878-85 gab er 6 Bände des Jahrbuchs des Instituts für Völkerrecht heraus, dessen Generalsekretär er war. In denselben Jahren war er Chefredakteur der »Revue de droit international«. Auch lieferte er zahlreiche Beiträge zu juristischen Zeitschriften und Sammelwerken,