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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Schiffahrt, elektrische; Schifferfachschulen; Schiffshygiene

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Schiffahrt, elektrische - Schiffshygiene.

Nach einem Voranschlag würden die Betriebsmaschinen in 28 km Entfernung aufzustellen sein und jede nach jeder Seite hin ein endloses Seil von 14 km Länge zu bedienen haben. Um die jährlich 3,200,000 Ton. Schiffslast zu befördern, müßte jede Maschine 100-120 Pferdekräfte leisten. Das Drahtseil erhält 30 mm Durchmesser, ein Gewicht von 3,75 kg für das laufende Meter und eine Geschwindigkeit von 0,7 m pro Sekunde (2,5 km pro Stunde). Die Leitrollen stehen in Entfernungen von 75 m. Unter diesen Voraussetzungen schätzt der Erfinder die Herstellungskosten auf 18,000 Frank pro Kilometer (6000 für das Seil, 8000 für die Seilunterstützung, 4000 für die Maschinen), die Betriebskosten pro Jahr und Kilometer auf 5600 Fr. (2100 Fr. für den Gang der Maschinen, 2780 für Erhaltung und Amortisation des Betriebsmaterials, 720 Fr. für die Zinsen des verwendeten Kapitals). Die Zugkosten mittels Triebseils würden für ein S. von 270 Ton., welches beladen von Etrun nach Janville fährt und leer zurückkehrt, 66,15 Fr. betragen, gegen 158,05 Fr. bei Pferdebetrieb. Ob diese große Ersparnis (58 Proz.) wirklich erzielt werden wird, muß die Erfahrung lehren.

Unter dem Namen Flossenmotor ist von H. Petersen in München eine originelle Vorrichtung zum Fortbewegen von Schiffen angegeben. Derselbe ist zu beiden Seiten des Schiffes unter der Wasserlinie anzubringen und besteht aus dem Flossenhaus a, welches an der Schiffswand befestigt ist, und einer in diesem angeordneten Flosse b, welche von der Schiffsmaschine bewegt wird. Die Flosse ist an dem Ende der Stange c drehbar angeordnet und wird durch diese und die Leitstange c¹ in die aus Fig. 3-6 ersichtlichen Stellungen gebracht. Fig. 3 stellt den Flossenmotor im Ruhezustand dar, die Flosse b liegt im Flossenhaus platt am Schiffskörper an. Soll das S. in Bewegung gesetzt werden, so wirkt die Maschine in der Art auf die Stangen c und c¹, daß die Flosse b zunächst in die Stellung Fig. 4 und dann in die Stellung Fig. 5 kommt. Hierbei wird das Wasser auf der rechten Flossenseite in der Richtung des Pfeiles hinausgestoßen. Geht nun die Flosse aus der Stellung Fig. 5 über die Stellung Fig. 6 in die Stellung Fig. 3 zurück, so wird das Wasser auf der linken Flossenseite nach derselben Richtung hinausgestoßen. Durch die fortgesetzte Thätigkeit der Flossen in der angegebenen Weise erhält das S. seine Bewegung. Durch das Arbeiten der Flossen in entgegengesetzter Richtung, wobei dieselben die in Fig. 4 und 6 punktierten Stellungen einnehmen, wird auch die Bewegung des Schiffes eine entgegengesetzte. Durch entsprechend verschiedene Bewegung der Flossen auf beiden Schiffsseiten läßt sich das S. ohne Beihilfe des Steuers wenden. Bei Schiffen, welche zugleich für Dampf- und Segelbetrieb eingerichtet sind, gestattet dieser Motor, ohne weiteres von der einen Betriebsart zur andern überzugehen.

Zur Litteratur: Friedrichson, Geschichte der Schiffahrt (Hamb. 1889); Paasch, Illustrated Marine Encyclopedia (Antwerp. 1889 ff.), die technische Beschreibung der einzelnen Schiffsteile (der Kauffahrteischiffe) enthaltend, als Ergänzung des illustrierten Werkes: »Vom Kiel bis zum Flaggenknopf«, das sich auf Bezeichnung sämtlicher Teile der Kauffahrteischiffe in deutscher, englischer und französischer Sprache beschränkt.

^[Abb.: Fig. 1-6. Petersens Flossenmotor.]

Schiffahrt, elektrische, s. Ausstellungen (Edinburg).

Schifferfachschulen haben den Zweck, den im Schiffergewerbe beschäftigten jungen Leuten neben einer Befestigung und Erweiterung der Elementarschulkenntnisse einen fachwissenschaftlichen Unterricht in Bezug auf dieses Gewerbe zu teil werden zu lassen. In Deutschland bestehen die S. erst seit den letzten Jahren, hauptsächlich als ein Verdienst des Elbeschiffervereins in Magdeburg, der an der Elbe bereits eine Anzahl dieser Schulen gründete. Der Unterricht in den S. findet zu einer Zeit statt, wo die Schiffahrt ruht, etwa vom 15. Dez. bis Ende Februar, und erstreckt sich auf Rechnen, deutsche Sprache, Geographie, Schiffsdienst, Schiffbau, Korrespondenz, Handelslehre und Gesetzeslehre. Aufnahmefähig ist jeder mindestens 16 Jahre alte Jungmann des Schiffergewerbes mit genügender Elementarbildung, welcher bereits eine Schiffahrtsperiode praktisch in der Schiffahrt thätig war. Die Kosten des Unterrichts werden aus den gemeinsamen Mitteln des jährlich für jede Schule vom preußischen Handelsminister bis zur Höhe von 500 Mk. zur Verfügung gestellten Betrags sowie von den Schulgeldbeiträgen (3 Mk. pro Schüler und Kursus) bestritten. Von besonderer Wichtigkeit werden die S., wenn, wie dies beabsichtigt ist, für das Schiffergewerbe der Befähigungsnachweis eingeführt wird. Vgl. »Die preußischen Elbeschifferfachschulen, ihre Entstehung, Zweck und Organisation« (hrsg. von der Kommission für preußische Elbeschifferfachschulen, Magdeb. 1889).

Schiffshygiene, die zur Erhaltung der Gesundheit auf Schiffen erforderlichen Maßregeln. Um die Mitte des 19. Jahrh. herrschten auf Kauffahrteischiffen, namentlich aber auf Auswandererschiffen und Passagierschiffen niedern Ranges noch sehr mangelhafte, zum Teil greuelvolle Zustände, für deren Besserung zuerst die Vereinigten Staaten von Nordamerika eintraten. Später haben besonders die neuorganisierten Behörden in Deutschland, auch das kaiserliche Gesundheitsamt, in dieser Richtung erfolgreich gewirkt. Bei der Anmusterung der Mannschaft ist der Gesundheitszustand derselben vom Arzte sorgfältig zu prüfen, auch die wahrscheinliche Widerstandskraft des ganzen Organismus und einzelner Organe (Seuchenfestigkeit) in Betracht zu ziehen und festzustellen, ob der Anzumusternde während der letzten 10 Jahre revacciniert worden ist. Das Unterzeug soll aus Wolle oder doch aus Baumwolle bestehen und hellfarbig sein. Wöchentlich einmal ist die Wäsche zu wechseln, Zeug, Decken und Bettfüllungen sind auszuklopfen und zu sonnen. Ebenso sollte mindestens einmal wöchentlich, in warmen Gegenden täglich, der ganze Körper gereinigt werden. Das Maschinenpersonal bedarf nach jeder Wache einer Abspülung. Die Schiffskost ist schwerer verdaulich, weniger ausnutzbar als die aus frischen, nicht konservierten. Substanzen hergestellte Landkost. In der englischen Verordnung wird neben viel Schiffszwieback, Brot und Fleisch zu wenig Fett und viel zu wenig frisches Gemüse, dagegen bei längern Fahrten reichlich Zitronensaft gege-^[folgende Seite]