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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Spanien

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Spanien (Handel und Verkehr).

der Weinberge in Frankreich durch die Reblaus und der dadurch dort hervorgerufenen starken Nachfrage nach fremden Weinen sehr gesteigert. (Über die Ausfuhr s. unten.) Eine königliche Verordnung vom 13. Mai 1890 verfügt im Interesse des spanischen Weinexports die Einrichtung önotechnischer Stationen in Paris, Bordeaux, Cette, Hamburg und London zur Unterstützung und Förderung des spanischen Weinhandels. Diese Stationen sollen die Reinheit und Echtheit des Weins, welcher nur aus S. kommen darf, verbürgen.

Der auswärtige Handel Spaniens hatte im J. 1888 einen Gesamtwert von 1479,2 Mill. Pesetas; dieses Ergebnis ist gegen die Jahre 1887, 1886 und 1883 zurückgeblieben, hat aber die Jahre 1885 u. 1884 übertroffen. Von der bezeichneten Summe entfallen auf die Einfuhr 716,1 Mill., auf die Ausfuhr 763,1 Mill. Pesetas. Ein Vergleich mit den vorhergehenden Jahren ergibt folgende Werte (in Millionen Pesetas):

Jahr Einfuhr Ausfuhr

1883 893,4 719,5

1884 779,6 619,2

1885 764,8 698,6

1886 855,2 727,3

1887 811,2 722,2

1888 716,1 763,1

Hiernach hat in den vorhergegangenen fünf Jahren der Wert der Einfuhr den der Ausfuhr durchschnittlich um etwa 100 Mill. überstiegen, während umgekehrt im J. 1888 der Wert der Ausfuhr die Einfuhr um 47 Mill. übertrifft, eine Erscheinung, die sich in den letzten 40 Jahren nur noch fünfmal gezeigt hat und zwar 1853, 1854, 1855, 1873 und 1881. Der Hauptanteil an dem Rückgang der Einfuhr fällt auf Getreide, Spiritus, Stockfisch, Seidengewebe, Holz, Farben und rohe Baumwolle. Hierunter erscheint Spiritus allein mit einer Mindereinfuhr von 33 Mill. Liter im Werte von 25 Mill. Pesetas. Der Grund dieser Erscheinung liegt in dem Gesetz vom 26. Juni 1888, welches den Spiritus mit einer Konsumsteuer von 75 Centimos auf den hundertteiligen Grad reinen Alkohols in jedem Hektoliter, d. h. mit 72 Pesetas pro Hektoliter, nebst dem Eingangszoll von 21 Pesetas pro Hektoliter, belastete und die Spriteinfuhr so unmöglich machte. Seither ist durch Gesetz vom 21. Juni 1889 die Konsumsteuer von dem Betrag von 75 Centimos pro Grad, resp. von 72 Pesetas pro Hektoliter auf den fixen Betrag von 25 Pesetas ohne Rücksicht auf den Gradgehalt herabgesetzt und hierdurch die Einfuhr fremden Sprites nach S. wieder ermöglicht worden. Einen erheblichen Rückgang zeigt ferner die Einfuhr in Getreide (19 Mill. Pesetas weniger). Dagegen ergibt sich eine Steigerung der Einfuhr gegen das Vorjahr hauptsächlich bei Weizenmehl (um 3 Mill. Pesetas), Steinkohle (5½ Mill.), Vieh (1 Mill.), Maschinen und Maschinenbestandteilen (1½ Mill.), Schiefer, Erdharz und Petroleum (5½ Mill.), Industrieölen (2 Mill.), Kaffee (2½ Mill.) und bei einzelnen Kategorien von Geweben (2½ Mill. Pesetas). Der verringerten Einfuhr entspricht eine bedeutende Mindereinnahme an Zöllen. Der Ertrag derselben wird im J. 1888 mit 79,8 Mill. Pesetas angegeben, d. h. mit 10½ Mill. weniger als im Durchschnitt der vorhergegangenen fünf Jahre. Die wichtigsten Einfuhrländer waren: Frankreich (211,8 Mill. Pesetas), England (121,8 Mill.), Nordamerika (76,1 Mill.) und Deutschland (57,8 Mill.). Von der Mehrausfuhr entfällt der größte Teil auf den Export von gewöhnlichem Wein. Die durchschnittliche Ausfuhr der Jahre 1883-87 (7,05 Mill. hl im Werte von 251 Mill. Pesetas) wird im J. 1888 infolge des zwischen Frankreich und Italien bestandenen Zollkriegs durch eine Ausfuhr von 8,7 Mill. hl im Werte von 261,7 Mill. Pesetas erheblich übertroffen. Rechnet man noch die edlen Weinsorten hinzu, so ergibt sich, daß der Wert der ausgeführten Weine ungefähr ⅖ des ganzen Exports ausmacht. An der Zunahme der Ausfuhr sind weiter die meisten wichtigern Waren beteiligt, unter ihnen hauptsächlich Orangen, Kork, Baumwollgewebe und Vieh. Anderseits ergibt sich bei einzelnen Artikeln ein Ausfall in der Ausfuhr, so bei Blei und bei gewissen Südfrüchten, die beide mit 5 Mill. weniger verzeichnet werden, Eisen, Stahl, Mineralien u. a. Die Schifffahrtsbewegung in den spanischen Häfen umfaßte im J. 1888: 35,985 Schiffe mit 22,333,688 Registertonnen u. 10,005,118 Ladungstonnen (1887: 37,176 Schiffe mit 22,281,549 Register- u. 10,095,751 Ladungstonnen). Von dem Gesamtverkehr des Jahres 1888 kamen auf den Einlauf: 18,754 Schiffe von 11,443,457 Registertonnen mit einer Ladung von 2,983,039 T., auf den Auslauf 17,231 Schiffe von 10,890,231 Registertonnen mit einer Ladung von 7,022,079 T. An dem durch die Schiffahrt bewegten Warenverkehr hatten den Hauptanteil die britische, spanische und französische Flagge, und zwar die britische in der Einfuhr mit 1,623,580, in der Ausfuhr mit 4,417,953 Ladungstonnen, die spanische mit 661,972 T. in der Einfuhr und 970,185 T. in der Ausfuhr, die französische mit 151,977 T. in der Einfuhr und 720,618 T. in der Ausfuhr. Auf die deutsche Flagge kam eine Einfuhr von 57,981 und eine Ausfuhr von 231,388 Ladungstonnen.

Die Bestrebungen zur Förderung des spanischen Exporthandels haben 1888 zur Ausrüstung einer spanischen schwimmenden Ausstellung geführt, welche auf dem Dampfer Conde de Vilana mehrere südamerikanische Hafenplätze anlief, aber mit einem Mißerfolg endete. Als ein gelungenes Unternehmen muß dagegen die Weltausstellung zu Barcelona im J. 1888 bezeichnet werden. Zu den im J. 1892 zu führenden Verhandlungen über die Erneuerung der Handelsverträge werden gegenwärtig die Vorbereitungen getroffen. Auch in S. macht sich die Partei der extremen Schutzzöllner geltend. Speziell die katalonischen Industriekreise nehmen eine äußerst vertragsfeindliche Haltung ein und verlangen die Kündigung sämtlicher Handelsverträge sowie eine den Bedürfnissen der nationalen Industrie Rechnung tragende Revision des allgemeinen Zolltarifs. Im Juli 1890 ist in Katalonien, und zwar zunächst in Manresa, ein Arbeiteraufstand ausgebrochen, welcher sich über die ganze Provinz ausgedehnt und auch entfernt liegende Distrikte in Andalusien und Valencia in Mitleidenschaft gezogen hat. Die Veranlassung des Streiks bildeten in Manresa und den Gebirgsbezirken des katalonischen Industriegebiets die verhältnismäßig sehr niedrigen Arbeitslöhne bei übermäßiger Arbeitszeit. Den streikenden Fabrikarbeitern im Gebirge schlossen sich aus Solidarität die günstiger gestellten Arbeiter der Fabriken in der katalonischen Ebene an. Doch endete die groß angelegte Bewegung bald wegen der ungenügenden Mittel der Arbeiter mit der vollständigen Unterwerfung derselben.

Die Eisenbahnverbindungen Spaniens mit Frankreich, welche gegenwärtig auf die zwei Schienenwege am Viscayischen Busen und Mittelländischen Meere (über Irun und Port-Bou) beschränkt sind und dem Verkehr beider Länder nicht genügen, sollen durch eine dritte Bahn von Lerida in S. über Balaguer und Tremp nach St.-Girons in Frankreich zum Anschluß an die Linie nach Toulouse ergänzt werden. Die neue Linie, welche in acht Jahren fertig gestellt