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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Sprengen

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Sprengen (elektrische Zünder, Explosivstoffe).

man stets isolierte Hin- und Rückleitung an. Zu den Drahtleitungen benutzt man blanken Eisen- oder Messingdraht oder Guttaperchakupferdraht. Letzterer ist vorzuziehen, weil bei seinem Gebrauch Isolatoren entbehrlich werden. Der Guttaperchadraht ist, vorausgesetzt, daß die isolierende Hülle unbeschädigt bleibt, sowohl in der Erde als im ruhigen Wasser liegend vollkommen zuverlässig.

Die elektrischen Zünder bestehen aus einem U-förmig gebogenen Messingdraht, welcher mit einer Masse aus Schwefel und feingepulvertem Glas umgossen ist. Dieser Zünderkörper ist mit einer Papierhülse, für submarine Zwecke mit einer Metallhülse verbunden, welche auf 0,25 ihrer Höhe mit Knallquecksilber gefüllt ist. Zwischen letzterm und dem Zünderkörper befindet sich eine besondere Zündmischung, bestehend aus Mehlpulver, besser aus mit etwas feinem Graphit versetztem Phosphor- oder Schwefelkupfer, in welche der gebogene, fein durchgeschnittene Draht eintaucht, so daß bei Bildung des elektrischen Funkens an der Unterbrechungsstelle die Zündung der Zündmischung und durch jene die des Knallquecksilbers erfolgen muß. Die elektrischen Zünder werden mit hinreichend langen, isolierten Leitungsdrähten versehen in den Handel gebracht.

Soll mittels eines elektrischen Zünders eine Mine gezündet werden, so müssen Zündmaschine, Leitung und Zünder miteinander in Verbindung gebracht werden. Die aus den Bohrlöchern hervorragenden Zünderdrähte werden zunächst mit einem Messer blank geputzt und dann durch Zusammenflechten und Zurückbiegen der vorstehenden Drahtspitzen und Pressen des ganzen Geflechtes mit einer kleinen Breitzange in richtige Verbindung miteinander gebracht. Bei Guttaperchadrähten wird zuerst von den beiden zu verbindenden Drahtenden auf 5 cm die Guttapercha mit einem Messer abgeschabt, die Verbindung bewirkt und ein Kautschukröhrchen, welches gleich anfangs auf den einen Draht geschoben wurde, über die Verbindungsstelle der beiden Drähte gezogen. Sind die Schüsse geladen, ragen also aus jedem Bohrloch die Zünddrähte heraus, so verbindet man zur Fertigstellung der Zündung den Bohrlochdraht eines Schusses mit der Leitung durch einen Draht, dessen Enden blank gerieben sind. Der zweite Draht desselben Schusses wird mit dem Nachbarschuß, der zweite Draht des letztern mit einem Drahte des dritten Schusses, endlich das übrigbleibende Ende des letzten Schusses mit der Rückleitung durch eingeschobene Drahtstücke verbunden, wobei auf die durchaus nötige Isolierung der Drähte die größte Sorgfalt zu verwenden ist. Sind alle Schüsse untereinander verbunden, so hängt man die Leitungsdrähte in die beiden Ösen der Elektrisiermaschine ein, setzt vermittelst der Kurbel die Scheibe durch 20-30 Umdrehungen in rasche Rotation und drückt auf den Knopf; hierdurch springt der Funke auf den Draht über, und die Schüsse werden gezündet. Bei Verwendung der Dynamite zu Sprengungen im Gestein ist zu beobachten, daß die Minentiefe (Tiefe des Bohrloches) mindestens ebenso groß oder größer sein muß als die Entfernung des Minenherdes von der nächsten freien Fläche. Die Ladungshöhe in einem Bohrloch soll nicht größer sein als höchstens zwei Drittel der Bohrlochtiefe. Bei Ladungen, welche längere Zeit im Wasser bleiben, wird das Dynamit meist in cylindrisch geformte dünne Weißblechbüchsen eingeschlossen. Durch ein im Deckel dieser Büchsen befindliches Loch laufen die Drähte des elektrischen Zünders.

Die explosiven Stoffe in der Sprengtechnik. Man unterscheidet direkt explodierbare und indirekt explodierbare Explosivstoffe. Erstere können durch eine Flamme, einen glühenden Körper, einen Funken, kurz durch die Erhitzung eines Teiles bis zur Entzündungstemperatur unmittelbar zur Explosion gebracht werden. Hierher gehören das gewöhnliche Sprengpulver und alle diesem ähnliche Gemische, die trockne Schießbaumwolle und die Pikratpulver. Die indirekt explodierbaren Explosivstoffe können durch einfache Zünder nicht unmittelbar zur Explosion gebracht werden, denn unter diesen Bedingungen brennen dieselben nur ab, und erst durch viel höhere Erhitzung bis zur Explosionstemperatur oder durch einen mechanischen Impuls (Schlag, Stoß, Reibung) gelangen dieselben zur Detonation. In diese Klasse der Explosivstoffe gehören feuchte und komprimierte Schießbaumwolle, das gewöhnliche Dynamit, Cellulosedynamit, Sprenggelatine, Gelatinedynamit, Lithofrakteur und natürlich auch die Basis der Dynamite, das Nitroglycerin. Die indirekt explodierbaren Explosivstoffe sind im Vergleich zu ihrer gewaltigen explosiven Kraft relativ gefahrlos zu handhaben. Zu ihrer Explosion bedürfen dieselben einer mit Zündschnur und Knallquecksilberkapsel versehenen Zündpatrone. Man kann die Explosivstoffe auch einteilen in sehr brisante und minder brisante, letztere sind die direkt, erstere die indirekt explodierbaren Explosivstoffe.

Man hat berechnet, daß ein Volumen Dynamit bei seiner Explosion ca. 1300 Vol. Dämpfe und Gase erzeugt, welche sich bei der eintretenden Wärmeentwickelung um das Achtfache ihres Raumes ausdehnen und somit im Moment der Entstehung das Volumenverhältnis auf 1: ca. 10,400 bringen. Die kolossalen Wirkungen des Dynamits liegen aber nicht allein in der Wirkung der entwickelten Gasmengen, sondern hauptsächlich in der enormen Geschwindigkeit, mit der sich die Explosion vollzieht. Während z. B. das Abbrennen einer 63,2 m langen, 26 mm dicken Pulverwurst 18 Sekunden währt, wird ein durch Dynamitpatronen gebildeter Strang von denselben Dimensionen in weniger als 0,01 Sekunde zur Explosion gebracht. Bei gesprengten Minen setzt sich die gesamte Wirkungssphäre aus der Zermalmungssphäre, der Verschiebungssphäre und der Trennungssphäre zusammen. Je brisanter ein Explosivstoff, desto größer werden bei gleicher Ladungsmenge die Zermalmungs- und die Verschiebungssphäre; mit der Abnahme der Brisanz des verwendeten Sprengmittels nehmen die kubischen Inhalte der ersten beiden Sphären ab, dagegen wächst die Trennungssphäre. Die Minenladungen aus gewöhnlichem Sprengpulver erzeugen fast gar keine Zermalmungs- und eine mittelgroße Trennungssphäre, aber eine verhältnismäßig große Verschiebungssphäre. Eine richtig gelegte Dynamitmine streut nur sehr wenig, da die Gase sich momentan entwickeln und sich gleichmäßig den Weg ins Freie bahnen. Beim explodierenden Sprengpulver dagegen entwickelt sich anfangs nur ein Teil der Gase, welche sich einen Ausgang ins Freie schaffen. Die so gebildeten Risse und Klüftungen werden von den späterhin aus dem Sprengpulver sich entwickelnden Gasen erweitert und durch letztere die schon abgesprengten Felsstücke weit weggeschleudert, wodurch große Streuungen entstehen. Die starken Dynamitsorten zermalmen und zerbrechen die benachbarten Partien des Gesteins, und die Wirkung ist eine ziemlich scharf begrenzte. Die schwächern Dynamitsorten dagegen brechen nur in unmittelbarer Nähe, trennen