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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Unfruchtbarkeit; Ungarn

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Unfruchtbarkeit - Ungarn.

Im J. 1887 waren etwa 25,000 Personen bei jener Kasse versichert. Seit dem Jahre 1881 sind dem Senat verschiedene Gesetzentwürfe unterbreitet worden, welche die U. fruchtbringender gestalten sollen und unter anderm sich für Versicherungszwang aussprechen. Der neueste Entwurf, welcher vom Senat im J. 1889 an die Kommission zurückverwiesen wurde, stellt eigentlich mehr ein Haftpflicht- als ein reines Unfallversicherungsgesetz vor. Er bezweckt, die Arbeitgeber durch Bestimmungen über die Haftpflicht zu zwingen, ihre Arbeiter zu versichern, und zwar entweder bei der im Entwurf projektierten Staatsanstalt oder bei territorialen oder genossenschaftlichen Anstalten, oder endlich bei Privatanstalten für umfangreichere Betriebe. Bei allen diesen Instituten ist eine Finanzverwaltung durch die Staatskasse in Aussicht genommen.

Zur Litteratur: Von Platz, Die Unfallverhütungsvorschriften, herausgegeben vom Verband der deutschen Berufsgenossenschaften, erschien der 2, Band: »Vorschriften für Arbeiter« (Berl. 1889). Vgl. ferner: Engelmann, Handbuch der gesamten U. für untere Verwaltungs-, Ortspolizei- und Gemeindebehörden (Stendal 1890); Piloty, Das Reichsunfallversicherungsrecht (Würzb. 1890).

Unfruchtbarkeit (Sterilität), männliche. Während bisher bei kinderlosen Ehen fast ausnahmslos angenommen wurde, daß die Unfruchtbarkeit auf eine krankhafte Veranlagung der Frau zurückzuführen sei, wurde neuerdings die Aufmerksamkeit mehr darauf hingelenkt, daß auch beim Mann Zeugungsunvermögen bestehen könne. Selbst dann, wenn die Ausübung des Koitus unbehindert möglich ist und anscheinend nichts auf eine Abnormität hindeutet, findet man in manchen Fällen bei mikroskopischer Untersuchung des Spermas gar keine Spermatozoen (Azoospermie), oder es stellt sich überhaupt kein Samenerguß ein (Aspermatismus). Dieser letztere Fall ist jedoch äußerst selten. Das Fehlen der Spermatozoen im Samen wird meistens als Folge gewisser Komplikationen des Trippers (Entzündung der Samenstränge und Nebenhoden, wenn sie doppelseitig ist), dann auch bei Entartung der Hoden infolge Syphilis, Tuberkulose, Krebs beobachtet und ist fast stets unheilbar. Nur die mikroskopische Untersuchung des in solchen Fällen anscheinend völlig normalen Samens ermöglicht die Diagnose auf Azoospermie. Der Aspermatismus kann dadurch bedingt sein, daß durch Verlegung oder narbige Verziehung der Samenleiter der Same in die Blase gelangt; auch bei hochgradigen Strikturen der Harnröhre wird Aspermatismus beobachtet. Wohl zu unterscheiden von diesen Formen der männlichen Unfruchtbarkeit, bei welchen die unbehinderte Kohabitationsfähigkeit das Charakteristische ist, sind die Fälle eigentlicher Impotenz. Sie sind meistens Teilerscheinungen allgemeiner Neurasthenie und werden von einer auf diese gerichteten Behandlung in den meisten Fällen sehr günstig beeinflußt. Am meisten leistet hier die Playfair-Mitchellsche Kur. Vgl. Casper, Impotentia et sterilitas virilis (Münch. 1890).

Ungarn. Die neueste Volkszählung wurde in U. 31. Dez. 1890 vorgenommen. Nach den Ergebnissen derselben beträgt die Gesamtbevölkerung des Landes (samt Kroatien und Slawonien) 17,449,705 Seelen und hat sich seit der letzten, Ende 1880 vorgenommenen Zählung um 1,7 Mill., d. h. um 10,8 Proz., vermehrt. Von obiger Bevölkerung kamen auf das Militär 113,776, auf die Zivilbevölkerung 17,335,929 Personen. Letztere verteilt sich auf die einzelnen Gebiete folgendermaßen:

Gebiete Bevölkerung Zunahme

1880 1890 Seelen Proz.

Am linken Donauufer 1752049 1875140 123091 7,02

Am rechten Donauufer 2566946 2751357 181411 7,15

Zwischen Donau u. Theiß 2343384 2757635 414251 17,67

Am rechten Theißufer 1440028 1516991 76963 5,34

Am linken Theißufer 1820855 2068027 247112 13,37

Längs der Flüsse Maros und Theiß 1721312 1906315 185003 10,74

Siebenbürgen 2084048 2247049 163001 7,82

Eigentliches Ungarn: 13728622 15122514 1393892 10,15

Fiume und Gebiet 20981 29001 8020 38,22

Kroatien und Slawonien 1892499 2184414 291915 15,42

Insgesamt: 15642102 17335929 1693827 10,82

Die Anzahl der Häuser betrug 1880: 2,577,423 und 1890: 2,889,482, hat also um 312,059 oder um 12,18 Proz. zugenommen. Die Städte weisen meist eine Zunahme der Bevölkerung auf. Sie betrug in

Zunahme

Budapest 506061 135294

Szegedin 87210 14535

Maria-Theresiopel 74000 6039

Debreczin 57463 5463

Preßburg 52444 4160

Kecskemet 48500 3461

Arad 41945 6389

Temesvar 39868 6039

Agram 39430 9550

Fünfkirchen 34754 5054

Klausenburg 32316 3393

Kronstadt 30621 1047

Miskolcz 30000 5700

Fiume 30059 8200

Kaschau 29193 3100

Stuhlweißenburg 27772 2160

Ödenburg 27103 3871

Nyiregyháza 27083 2916

Bekés-Gyula 25775 2835

Raab 23780 2798

Neupest 23483 12083

Hermannstadt 21434 1988

Szolnok 20640 2779

Steinamanger 16025 2800

Marmaros-Sziget 15050 4150

Mohács 14468 2061

Kaposvár 12525 2954

Die volkswirtschaftlichen Ergebnisse des Jahres 1890 waren fast durchweg günstig; die Ernte übertraf sogar jene des Jahres 1887 und war insbesondere reich an Weizen, dessen Durchschnittsertrag jährlich ca. 30 Mill. metr. Ztr. beträgt. In der Periode 1885-90 wurden nämlich gewonnen auf bebauten Flächen:

Katastraljoch Millionen Metr. Zentner (in Millionen)

1885 1886 1887 1888 1889 1890

Weizen 5,245 31,1 28,4 40,8 37,3 25,2 43,05

Roggen 2,184 12,2 11,0 15,3 12,6 10,7 15,34

Geeste 1,778 12,2 8,4 12,7 16,2 7,6 12,58

Hafer 1,776 12,2 8,6 9,6 8,7 6,7 8,85

Raps 1,153 0,5 0,5 0,3 0,5 0,3 0,85

Im innigen Zusammenhang mit diesen, den eignen Bedarf des Landes weit übersteigenden Ziffern stehen jene über den nicht minder wichtigen Getreide- und Mehlexport. Im J. 1889 wurden 17,6 Mill. metr. Ztr. Cerealien und Mehl (im Werte von 80,2 Mill. Guld.) ausgeführt, und zwar 5,5 Mill. metr. Ztr. Weizen, 1,4 Roggen, 2,1 Gerste, 1,0 Hafer, 2,0 Mais. Was insbesondere den Mehlexport anbelangt, so ist derselbe im Zeitraum 1882-89 von 2,8 auf 4,6 Mill. metr. Ztr. gestiegen. Der Ertrag des Weinbaues war im verflossenen Jahrzehnt großen Schwankungen unterworfen. Während die Fläche der Weinberge sich nur wenig veränderte, nämlich von 360,266 Hektar (1876) auf 352,794 Hektar (1887) sank, ergab die Ernte (1878) 8 Mill. und (1879) 6,3 Mill. hl, 1876 und 1880 jedoch nur 1,8, resp. 2,4 Mill. hl. Mit Einschluß der zum Genuß verkauften Trauben, deren Menge zwischen 2,2 Mill. kg (1882) und 7,9 Mill. kg (1876) schwankte, ist der Ertrag des Weinbaues von 15,5 Mill. (1876) auf 43,7 Mill. Guld. (1887) gestiegen.

Unter den Industriezweigen, welche die Regierung zur Hebung des Wohlstandes der Bevölkerung einzuführen sich bestrebt, nimmt die Seidenzucht einen