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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Wolken

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Wolken (Klassifikation von Hildebrandsson und Abercromby).

photographischen Aufnahmen Abercrombys. Bei so unbestimmten und veränderlichen Gebilden wie die W. ist indessen eine Verständigung mit den Beobachtern durch bloße Beschreibungen unmöglich; die Worte sind zu vieldeutig und die Vorstellungen, welche sie erzeugen, entweder unklar oder bei verschiedenen Lesern ganz verschieden. Auch die bildliche Darstellung macht bedeutende Schwierigkeiten. Die Photographie, welche in andern Fällen das Höchste in Naturtreue leistet, versagt hier insofern, als durch die Entstellung des Verhältnisses zwischen blauem Himmel und Wolke das Bild nur für geübte Augen verständlich ist. Man muß daher, namentlich wenn man sich an Nichtspezialisten wendet, zur farbigen Darstellung greifen. Diese Überlegungen liegen der Sammlung von Farbendruckbildern zu Grunde, welche Hildebrandsson, Neumayer und Köppen in Hamburg kürzlich veröffentlicht haben und von der wir die wesentlichen Teile in verkleinerten Kopien in der Tafel »Wolkenformen« vorführen. Wir wollen nun zur kurzen Besprechung dieser Bilder übergehen.

1) Cirrus, Federwolken (Fig. 1). Zarte Fäden, gewöhnlich weiß, auf blauem Grunde, sehr hoch, durchschnittlich etwa 9 km über dem Boden schwebend, welche bald in Locken gekräuselt, bald geradlinig oder in mehreren Richtungen gekämmt sind und als Windbäume, Katzenhaare etc. auch von Nichtmeteorologen beachtet werden. Büschel dieser Fäden sind häufig in Banden angeordnet, welche wie Meridiane einen Teil des Himmelsgewölbes überziehen und nach einem oder zwei entgegengesetzten Punkten des Horizonts perspektivisch konvergieren. An der Bildung solcher Banden nehmen oft auch Cirro-Stratus und Cirro-Cumulus teil.

2) Cirro-Stratus (Fig. 2), feiner weißlicher Schleier, und 5) Alto-Stratus (Fig. 5), dichterer Schleier von grauer oder bläulicher Farbe, sind im Aussehen nicht sehr verschieden, nehmen aber eine so verschiedene Höhe ein, daß ihre thunlichste Unterscheidung wichtig ist. Denn die durchschnittliche Höhe des erstern ist ebenso groß wie die des Cirrus, nämlich 9 km, die des letztern nur etwa halb so groß, etwa 5 km. Bei der Annäherung schlechten Wetters tritt gewöhnlich zuerst Cirro-Stratus auf, der nachher in Alto-Stratus übergeht. In ersterm zeigen sich die charakteristischen weiten Ringe um Sonne und Mond, im letztern verschwinden sie wieder. Der Cirro-Stratus ist zuweilen ganz diffus, dem Himmel nur ein weißliches Aussehen verleihend (Cirrusdunst), zuweilen aber läßt er deutliche Struktur von ineinander verworrenen Fasern erkennen (Cirrusfilz).

3) Cirro-Cumulus (Fig. 3), kleine weiße, und 4) Alto-Cumulus (Fig. 4), größere weißgraue Bällchen, in Herden gruppiert. Beide Wolkenarten werden als Schäfchen (Lämmergewölk) bezeichnet, erstere als feine, letztere als grobe. Sehr häufig sind die Bällchen in Reihen nach einer oder zwei Richtungen angeordnet; Formen mehr flockig oder mehr kugelig. Auch hier ist die Unterscheidung wegen der größern Höhe von 3) gegenüber 4) wünschenswert. Die durchschnittliche Höhe der erstern ist zwischen 6 und 7, die der letztern etwa 4 km.

6) Strato-Cumulus (Fig. 6) und 7) Nimbus (Fig. 7) gehören der untern Schicht der Atmosphäre in 1 oder 2 km Höhe über dem Boden an und stellen große Klumpen oder Schichten von unbestimmter Form dar. Strato-Cumulus ist eine Wolke des trocknen Wetters und bedeckt den Himmel häufig, namentlich im Winter, ganz mit Wülsten oder Ballen, welche ihm ein gewelltes Aussehen verleihen; in den Lücken erscheint blauer Himmel. Dagegen ist der Nimbus die Wolke der anhaltenden Regen- und Schneefälle; er zeichnet sich durch zerrissene Ränder und namentlich dadurch von dem Strato-Cumulus aus, daß er stets Alto-Stratus über sich hat, so daß durch seine Lücken kein blauer Himmel, sondern eine gleichförmige hohe, graue Decke sichtbar wird.

8) Cumulus (Haufenwolke, Fig. 8). Dichte im beständigen Emporwachsen begriffene Wolke, deren Gipfel kuppelförmig und mit Zapfen besetzt, während die Basis horizontal ist.

9) Cumulo-Nimbus (Gewitterwolke, Schauerwolke, Fig. 9). Mächtige Wolkenmassen, die sich wie Berge auftürmen, gewöhnlich oben mit Schleier oder Schirm von faseriger Textur und unten mit nimbusähnlichen Wolkenmassen (dem Wolkenkragen) umgeben, aus deren Mitte gewöhnlich Schauer von Platzregen oder Hagel (Graupeln) fallen. Die Ränder oben sind entweder von festern Umrissen nach Art von 8) und bilden gewaltige Cumulusgipfel, von zarten »falschen Cirren« umschwebt, oder diese Ränder fließen selbst in eine zarte, cirrusartige Zerfaserung aus. Die letzte Form ist besonders beim »Aprilwetter« gewöhnlich. Howard hat den regnenden Cumulo-Nimbus und unsern Nimbus zusammen als Nimbus bezeichnet, den nichtregnenden Cumulo-Nimbus aber als Cumulo-Stratus.

10) Stratus (gehobener Nebel, Fig. 10). Howard hat mit dem Worte Stratus die Nebeldecken bezeichnet, die entweder dem Boden direkt aufliegen oder in geringer Höhe über demselben schweben, nicht selten so niedrig, daß die Spitzen von Kirchtürmen und niedrigen Bergen bereits hineinragen. In neuerer Zeit hat man dagegen vielfach sich gewöhnt, als Stratus horizontale, gleichmäßige Wolkenlagen von geringer Dicke auch in andern Höhen der Atmosphäre zu bezeichnen, welche am Horizont, von der Seite gesehen, als dünne Streifen sich zeigen. Diese sind indessen teils als Alto-Stratus, teils als Strato-Cumulus zu bezeichnen; ja auch die Herden von Alto-Cumulus erscheinen von ferne als solche Streifen. In der Klassifikation von Hildebrandsson und Abercromby ist ein Mittelweg befolgt, indem Nebel, die auf dem Boden aufliegen, als Nebel, solche aber in einer Höhe von einigen Hundert Metern über dem Boden als Stratus bezeichnet sind, sofern sie bei trocknem Wetter auftreten; die zerrissenen Wolkenfetzen, welche bei Regenwetter zuweilen gleichfalls bis unter 1000 m herabhängen, werden als Fracto-Nimbus bezeichnet.

Wie in diesem Falle Fetzen von Regenwolken als Unterart mit dem Namen Fracto-Nimbus belegt sind, so werden die Fetzen von Haufenwolken als Fracto-Cumulus, soweit es nötig erscheint, unterschieden. Der echte Cumulus zeigt oben und unten scharfe Begrenzung, diese hält aber nur so lange an, als die aufsteigende Bewegung in ihm fortdauert. Stets und besonders bei windigem Wetter unterliegen seine Teile fortwährender Auflösung. Solche zerrissene Haufenwolken, Cumulusfetzen, fehlen an einem Cumulushimmel nie ganz und sind, ebenso wie der echte Cumulus, charakteristisch für den Sommerhimmel, besonders über festem Lande. Inseln werden in den tropischen Meeren sehr oft aus größter Entfernung kenntlich durch die über ihnen liegenden Cumuli, lange bevor das Land selbst gesehen werden kann.

Es ist zu hoffen, daß die Klassifikation von Hildebrandsson und Abercromby eine allgemeine internationale Verbreitung finden und mit Unterstützung einheitlicher, verständlicher Abbildungen das Ziel