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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Arbeiterschutzgesetzgebung (Belgien, Holland, Dänemark, Schweden)

genügende Regelung der Kinderarbeit für das Königreich ist erst durch das Gesetz vom 11. Febr. 1886 (dazu königl. Verordnung vom 17. Sept. 1886) erfolgt. Nach demselben ist das Minimalalter der Beschäftigung für Kinder in Fabriken (d. h. allen industriellen Betrieben mit einem mechanischen Motor, oder in welchen dauernd wenigstens 10 Arbeiter vereinigt thätig sind), Gruben und Bergwerken 9 Jahre, bei unterirdischer Arbeit 10 Jahre, und die Beschäftigung von Personen unter 15 Jahren in ihnen nur gestattet auf Grund des Zeugnisses eines hierzu durch den Bezirks-Sanitätsrat autorisierten Arztes, daß sie gesund und zu der für sie bestimmten Arbeit tauglich sind. Die Beschäftigung von Personen unter 15 Jahren ist verboten oder von bestimmten Voraussetzungen abhängig gemacht bei gewissen gefährlichen oder ungesunden Arbeiten; ferner ist die Nachtarbeit für Kinder unter 12 Jahren verboten und für Kinder von 12-14 Jahren auf 6 Stunden beschränkt. Die Maximalarbeit für Kinder unter 13 Jahren ist 8 Stunden.

In Belgien fehlte bis 1885 jede A., abgesehen von der königl. Verordnung vom 28. Juni 1884, welche die Arbeit von Knaben unter 12 Jahren, von Mädchen unter 14 Jahren in den Gruben verbot. 1886 wurde eine Arbeitskommission zur Feststellung der Zustände der industriellen Arbeiter und Erwägung von Reformmaßregeln eingesetzt und von dieser eine umfangreiche Enquete veranstaltet. Seitdem ist ergangen: 1) das Gesetz vom 16. Aug. 1887 betr. die Lohnzahlung (Verbot, die Löhne anders als in gesetzlichem Metall- oder Papiergeld zu zahlen, Anrechnung von Wohnung, Grundstücken, Werkzeugen, Stoffen, Kleidung, Lebensmitteln etc. zum Kostenpreis, teilweise nur mit Erlaubnis der Permanenzdeputation, Verbot der Lohnzahlung in Wirtshäusern, Lohnzahlungstermine bei Zeitlohn bis 5 Frank mindestens zweimal im Monat, bei Akkordlöhnen mindestens einmal im Monat etc.); 2) das Gesetz vom 16. Aug. 1887 betr. die Conseils de l'industrie et de travail (Einigungsämter, bestehend aus gewählten Vertretern beider Parteien; sie können errichtet werden, wo sich ein Bedürfnis herausstellt, und haben über die gemeinsamen Interessen von Arbeitgebern und Arbeitern zu beraten, Streitigkeiten vorzubeugen, solche beizulegen etc.); 3) das Gesetz vom 18. Aug. 1887 (Beschränkung der Übertragung von Lohnforderungen und der Beschlagnahme von Löhnen); 4) das Gesetz vom 28. Mai 1888 betr. den Schutz der Kinder in Wandergewerben, insbesondere der Akrobaten, Seiltänzer etc.; endlich 5) das Gesetz vom 13. Dez. 1889 betr. den Schutz der Kinder, der jugendlichen Arbeiter unter 16 Jahren und der weiblichen Arbeiter unter 21 Jahren (Minimalalter der Beschäftigung für Kinder 12 Jahre, Maximalarbeitszeit für Kinder, jugendliche Arbeiter unter 16 Jahren und weibliche Arbeiter unter 21 Jahren 12 Stunden inkl. 1½ Stunde Ruhepausen; durch königl. Verordnung kann die Arbeitszeit herabgesetzt werden; Verbot der Nachtarbeit von 9 Uhr abends bis 5 Uhr morgens, Verbot der Beschäftigung an mehr als 6 Tagen in der Woche, Schonzeit von 4 Wochen für Wöchnerinnen, Einführung der Fabrikinspektion). — Ein Gesetz vom 9. Aug. 1889 (dazu Zirkular vom 15. Okt. 1889) verfolgt wesentlich den Zweck, durch Errichtung von Comités de patronage, Ermächtigung der Caisse général d'epargne et de retraite zu Darlehen, durch Gebühren- und Steuerermäßigungen, Begünstigung von Baugesellschaften etc. den Bau von gesunden und billigen Arbeiterwohnungen zu befördern.

In Holland bestand bis 1885 nur das Gesetz vom 19. Sept. 1872 betr. Maßregeln zur Verhinderung übermäßiger Arbeit der Kinder und deren Verwahrlosung mit sehr wenigen und dürftigen Bestimmungen. Das neue Gesetz vom 5. Mai 1889 betr. Maßregeln zur Verhinderung übermäßiger und gefährlicher Arbeit von jungen Leuten und weiblichen Arbeitern (in allen gewerblichen Betrieben) schreibt vor: Minimalalter der Beschäftigung 12 Jahre für Kinder und jugendliche Arbeiter unter 16 Jahren, Maximalarbeitszeit 11 Stunden für Kinder mit großen Pausen, für andre mit 1 Stunde Pause; Verbot der Sonntags- und Nachtarbeit; Möglichkeit des Verbots der Arbeit in lebens- und gesundheitsgefährlichen Betrieben durch königl. Verordnung. Für weibliche Arbeiter enthält das Gesetz folgende Schutzbestimmungen: Maximalarbeitszeit 11 Stunden mit 1 Stunde Pause; Verbot der Sonntagsarbeit; Verbot der Nachtarbeit (Ausnahmen durch königl. Verordnung unter gewissen Bedingungen zulässig); Schonzeit von 4 Wochen für Wöchnerinnen; Möglichkeit des Verbots gesundheitsschädlicher oder gefährlicher Arbeit durch königl. Verordnung.

In Dänemark bestanden vor 1885 das Fabrikgesetz betr. die Arbeit der Kinder und jungen Leute in Fabriken und fabrikmäßig betriebenen Werkstätten vom 23. Mai 1873 (für Kinder: Minimalalter 10 Jahre; Maximalarbeitszeit 6½ Stunden inkl. ½ Stunde Ruhepause; Verbot der Nachtarbeit, der Sonn- und Festtagsarbeit; ärztliche Untersuchung der Kinder vor der Beschäftigung; obligatorischer Unterricht für beschäftigte Kinder. Für jugendliche Arbeiter unter 18 Jahren: Maximalarbeitszeit für die von 14-16 Jahren 6½ Stunden inkl. ½ Stunde Pause, für die von 16-18 Jahren 12 Stunden inkl. 2 Stunden Pausen; Verbot der Nacht-, Sonn- und Festtagsarbeit. Für Kinder und jugendliche Arbeiter Schutzbestimmungen zur Verhinderung gesundheitsschädlicher Arbeit) und das Gesetz vom 14. Febr. 1874 betr. die Zündhölzerfabriken. Im J.1889 ist ein weiteres Gesetz vom 12. April betr. die Verhütung von Unfällen beim Gebrauch von Maschinen erlassen, mit Vorschriften über die Einrichtung und die Aufstellung gefährlicher Maschinen, über Beleuchtung der Arbeitsräume mit Maschinen, über die Beschäftigung von jungen Leuten unter 16 Jahren bei Maschinen etc.; das Gesetz regelt auch neu die Fabrikinspektion durch zwei vom König ernannte Fabrikinspektoren, denen Assistenten (bis je 12) beigegeben werden können, und durch Aufseher in den kleinern Städten und auf dem Lande, welche von den kommunalen Behörden ernannt werden.

In Schweden gewährte die Gewerbeordnung vom 18. Juni 1864 einen sehr geringen Schutz, Fabrikherren und Handwerker wurden nur angewiesen, bei der Beschäftigung ihrer Arbeiter allezeit Rücksicht auf deren Gesundheit zu nehmen. Besondere Schutzmaßregeln wurden getroffen für die bei der Fabrikation von Zündhölzern beschäftigten Arbeiter durch die Verordnung vom 18. Febr. 1870, weitere allgemeine Schutzbestimmungen zur Verhinderung gesundheitsschädlicher und gefährlicher Arbeit gaben die Bauordnung für die Städte vom 8. Mai 1874 und die Verordnung vom 25. Nov. 1874 (allgemeines Verbot der Sonntagsarbeit durch das allgemeine Strafgesetzbuch, sofern die Arbeit zu andrer Zeit verrichtet werden kann, Notfälle ausgenommen) Am 18. Nov. 1881 wurde ein besonderes Schutzgesetz für Minderjährige in Fabriken, Handwerksbetrieben, Gruben und Steinbrüchen erlassen (für Kinder: