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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Asien (Forschungsreisen in Hochasien, China, Korea, Japan, Hinterindien)

möglichst Wege einzuschlagen, welche ihr Vorgänger Prschewalskij nicht betreten hatte. Der großen Expedition unter Oberst Pewzow ist es dagegen nicht gelungen, von Nia aus in Tibet einzudringen, wie das Mitglied Prof. Bogdanowitsch meint, weil das tibetische Randgebirge im W. viel größere Schwierigkeiten darbietet als weiter im O., so daß die ohnehin schon besser mit Waffen und Munition als mit Geld ausgerüstete Expedition unnütz Kraft und Mittel im W. verschwendete. Immerhin sind die Ergebnisse ansehnlich: 8000 km topographische Aufnahmen, 50 astronomische Ortsbestimmungen, magnetische Beobachtungen von zehn Punkten, umfangreiche zoologische, botanische und geologische Sammlungen, zu deren Fortschaffung es nicht weniger als 40 Kamele bedürfte. Der englische Offizier Younghusband ging 1890 in Begleitung des als Dolmetsch dienenden Mac Cartney von Indien über Ladak nach Jarkand, überwinterte in Kaschgar und gedachte im Frühling über Tschitral nach Indien zurückzukehren. Obwohl mehr zu politischen als wissenschaftlichen Zwecken reisend, stellt er doch auch astronomische und geographische Beobachtungen an. Nachrichten vom September 1891 zufolge hatte er sich nach Pamir begeben, um das Vordringen der Russen zu beobachten, war aber von denselben ausgewiesen worden. Von Indien aus besuchten gleichzeitig Beech und Lenard Kaschgar. Zunächst einen praktischen Zweck hatte die Reise des englischen Rittmeisters Bower: sie galt der auch glücklich durchgeführten Ergreifung des Mörders des englischen Reisenden Dalgleish (vgl. Bd. 17, S. 57) und damit der Aufrechterhaltung englischen Prestiges in Innerasien; daneben aber hat Bower sich nicht geringe Verdienste um die Erforschung des Berglandes im W. der Ebene von Kaschgar erworben. Während so von englischer Seite verhältnismäßig wenig in diesem Gebiete geschieht, kommt dasselbe seitens der Franzosen mehr in Aufnahme. Die Reise von Littledale über Pamir, von Chokand bis Kaschmir, im J. 1890, ist weniger wegen ihrer Resultate, als dadurch bemerkenswert, daß der Reisende stets von seiner Frau begleitet wurde. E. Blanc, welcher im Auftrag des französischen Ministeriums die transkaspische Bahn u. die Produkte von Russisch-Turkistan studiert hatte, hat diese Reise von Ferghana über den 3730 m hohen Terek-dawan bis nach Kaschgar ausgedehnt und kehrte, nachdem sich ihm dort der schwedische Geolog Hedin angeschlossen hatte, über den Issyk-kul auf russisches Gebiet zurück. Der bereits durch eine Reise von der Lena nach dem Amur bekannte Franzose Joseph Martin verließ im Frühling 1889 Peking, um durch die Provinz Kansu nach Hochasien vorzudringen; doch wurde er von Mißgeschick verfolgt, indem seine Begleiter ihn betrogen und er in Langtschou und Sutschou monatelang krank daniederlag. Wiederhergestellt, bereiste er das Gebiet des Kuku-Nor, wo er große botanische und zoologische Sammlungen anlegte, und zog dann über Chami und Karaschahr nach dem Lob-Nor, Chotan und Kaschgar. Endlich hat sich 1891 Dutreuil de Rhins im Auftrag des französischen Unterrichtsministers über Russisch-Turkistan zunächst nach Kaschgar und Chotan begeben und einen Vorstoß nach den Quellen des Keria Darja gemacht; von Samarkand aus ist eine russische Expedition unter Hauptmann Bartschewski Ende Mai aufgebrochen, um die Forschungen im Pamir und Hindukusch weiterzuführen (dieselbe traf im August wieder in Samarkand ein), und zu ethnologischen Studien hat sich Katanow nach dem Tiënschan aufgemacht, um die Sitten und Sprachen der chinesischen Sarten kennen zu lernen. Eine russische archäologische Expedition unter Radloff und Jadrintzew besuchte 1891 Karakorum, dann die Wüste Gobi und die Landschaft Changai, wo sie alte Inschriften und Basreliefs fand. Radloff kehrte über Peking, sein Gefährte mit der Ausbeute über Kiachta nach Rußland zurück.

China, Korea, Japan.

In den Jahren 1889 und 1890 machte der Naturforscher Pratt, welcher vorher mit naturwissenschaftlichen Studien am untern Jangtsekiang beschäftigt war, zwei Reisen nach Tatsienlu im W. der Provinz Jünnan und erforschte dann einen Teil des großartigen Schneegebirges, welches sich unweit dieser Stadt in nordsüdlicher Erstreckung hinzieht. Weiter südlich hat die Reise von A. R. Agassiz von Haiphong in Tongking über Land nach Langson und Kanton uns die Handelsstraßen dieses Teiles von Südchina näher kennen gelehrt. In neuester Zeit besuchte der deutsche Naturforscher Warburg mit einer japanischen Regierungsexpedition die zu diesem Reich gehörigen Bonin- und Volcano Inseln im Stillen Ozean; die erstern haben sich nach seiner Schilderung durch die japanische Kolonisation sehr gehoben, während die Kolonisierung der Volcano -Inseln an dem Wassermangel und der Unwirtlichkeit derselben scheiterte. Das eigentliche Japan ist aus der Reihe derjenigen Länder, wohin geographische Forschungsreisen sich richten, ausgeschieden; das beweist am besten die Thatsache, daß die provisorische Karte des Landes in 1:200,000 und 77 Blatt schon fertig vorliegt. Auch von der definitiven in 1:20,000 (mit japanischer Schrift; die in Arbeit begriffene geologische in 1:400,000 hat dagegen lateinische Schrift) befinden sich bereits gegen 300 Blätter im Handel.

Hinterindien.

Aus den Jahren 1888 und 1889 ist noch die Reise des französischen Marineoffiziers Raoul Humann nachzutragen, welcher das Gebiet des Flusses Donaï im südlichen Anam und der Moïs, deren Sprache er beherrscht, geographisch untersuchte, an der Ausführung seiner weitern Pläne aber durch einen Unfall auf der Elefantenjagd verhindert wurde. Vom südlichen Tongking aus hat 1890 der Missionar Guignard die wilden Meos am obern Ngan-Ca oder Sông-Mo (zwischen 19 und 20° nördl. Br.) besucht; ihn begleitete eine kleine militärische Expedition, welche diesen Teil der Grenze gegen Siam näher erforschte. Die Expedition Pavies, welche die Grenze zwischen den französischen Besitzungen und Siam ermitteln soll (vgl. Bd. 18, S. 338), hat sich, am Mekhong angelangt, in mehrere Partien geteilt, welche auf verschiedenen Wegen die Wasserscheide zum südchinesischen Meer überschreiten sollten. Zuerst ist dies dem Kapitän de Malglaive geglückt, welcher im Herbst 1890 von Lakhon am Mekhong zwischen 17 u. 18° nördl Br. ostwärts nach Dong-Hoï an der Küste vordrang. Etwas südlicher, und zwar von Huë aus, machte er dann die Reise in umgekehrter Richtung, wurde aber an den Quellen des Flusses von Tschepon von seinen Trägern verlassen und ist im Dezember 1890 mit einer militärischen Begleitmannschaft zum zweitenmal von Huë nach W. aufgebrochen. Eine andre Expedition unter Kapitän Cupet erreichte im Juni 1891 Luang-Prabang am Mekhong, blieb dort während der Regenzeit, zog dann am Mekhong abwärts und