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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bosnisches Kunstgewerbe; Bosse; Botelho de Magalhaes

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Bosnisches Kunstgewerbe - Botelho de Magalhaes

reichen Wirken jenes Streifkorps zu verdanken, das 1882 zur Ausrottung des Räuberwesens errichtet wurde. Das aus 600 Mann und 12 Offizieren bestehende Korps vollzog in 6 Abteilungen den Streifdienst an der montenegrinischen Grenze, und zwar unter Nachahmung der den Räubern eignen Taktik, bei der es hauptsächlich auf gegenseitiges Überlisten ankam. Mit Rücksicht auf die erzielten Resultate ist 1888 die eine Hälfte des Korps und April 1891 auch die zweite Hälfte desselben aufgelöst worden. Während seines Bestandes hat das allgemein gefürchtete Korps, das man in B. »Strafuni« nannte, 46 Räuber erschossen und 12 lebend gefangen. Was schließlich die finanzielle Lage des Landes anbelangt, so ist dieselbe auch heute sehr günstig. Nach dem Staatsvoranschlag für 1892 betragen die

Ausgaben: Einnahmen:

Zentralleitung 784900 Gulden 10000 Gulden

Innere Verwaltung 5078730 544920

Finanzverwaltung 3663050 10248900

Justizverwaltung 698802 4500

Bauverwaltung 460946 -

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Zusammen: 10686428 Gulden 10808320 Gulden.

Es ergibt sich also für 1892 ein Überschuß von 121,892 Guld. Vgl. Peez, Mostar und sein Kulturkreis (Leipz. 1891).

Bosnisches Kunstgewerbe. Vor wenigen Jahren ist zum erstenmal ein neuer kunstgewerblicher Artikel auf den Markt gebracht worden, dem sofort die unbeschränkte Billigung aller zu teil geworden ist, die die vornehme, wenn auch unauffällige Wirkung einer edeln und tadellos gehandhabten Technik würdigen konnten. Es sind dies die Schmucksachen und Kleingeräte aus Holz mit eingelegten Ornamenten aus Silberdraht, die in Bosnien auf Anregung des kaiserl. königl. österreichischen Museums für Kunst und Industrie gefertigt werden. Etwas absolut Neues sind sie genau genommen nicht. Denn die Technik ist ein Überrest der seit dem frühen Mittelalter im Orient nachweisbaren Tauschierung oder Damaszierung auf Metall. Als diese noch heute in Persien, Indien und in Ostasien blühende Industrie in der europäischen Türkei ausgestorben war, erhielt sich dort das gleiche Zierverfahren in leichter zu behandelnden Stoffen wie Horn und Holz. Die in diesen Materialien für den heimischen Gebrauch in Bosnien gearbeiteten Gegenstände, wie Bestecke, Zigarettenspitzen, Pistolengriffe und Ähnliches, veranlaßten den Minister für Bosnien, v. Kallay, das Museum zu reformatorischem Eingreifen zu beauftragen. Dieses bezweckte, die schöne, aber im Verfall und Absterben begriffene Hausindustrie auch dem europäischen Gebrauch dienstbar zu machen und ihr durch ein größeres Absatzgebiet neues Leben einzuflößen. Wie eine derartige Reform und Ausnutzung nicht gemacht werden durfte, zeigte zur Genüge das Vorgehen der Engländer in Indien. Dort wurden den altorientalischen Arbeitsweisen in vielen Fällen europäische Formen untergeschoben und hierdurch wie durch Einführung billiger Farben das überlieferte Formgefühl und der Farbensinn geschädigt. Davon hat man sich in Österreich frei gehalten. Man hat nur so viel geändert, als nötig war, um den bosnischen Arbeiten weitere Verwertbarkeit zu verschaffen. Die alte Ornamentik blieb unberührt; auch die Entwertung durch weniger sorgfältige Massenarbeit wurde verhütet. Man hat die besten Arbeiter, die sich noch fanden, angehalten, als Leiter der Werkstätten von Sarajevo, Foca und Livno Schüler auszubilden und ihre Kunst auf Gegenständen des

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europäischen Gebrauchs auszuüben. So wurden zuerst an Stelle der Rauchgeräts und Waffen Mantelschließen, Stock- und Schirmgriffe, Manschettenknöpfe, Fächergestelle, Bestecke und ähnliche Kleingeräte gefertigt. Außerdem wurden den Ateliers edlere Holzsorten zugeführt, und zwar nur solche, von deren rötlichem, dunkelbraunem, schwarzem oder olivengrünem Grunde sich das feine Ornament in Silberfäden und Tropfen geschmackvoll und deutlich abheben konnte. Die Motive der Ornamentik sind von alters her dem orientalischen Kunsthandwerk eigentümlich. Es sind dieselben, die überall da zur Anwendung kommen, wo es sich um Verzierung einer Fläche mit einfachen Linien handelt, also vornehmlich in der Tauschierung und Filigranarbeit. Naturgemäß gestattet die leichtere Technik im weichen Material eine größere Mannigfaltigkeit und reichere Entfaltung der Formen. Die Linien, Blättchen, Tropfen und Punkte des Ornaments werden zumeist, namentlich bei den kleinern Gegenständen, so eng zusammen komponiert, daß der Gegenstand völlig mit einem metallischen Schimmer überdeckt wird. Dabei wird das Ornament keineswegs undeutlich. Denn was vor allem an den neuen bosnischen Arbeiten aufs höchste zu bewundern ist, ist die unübertrefflich feine, bis ins kleinste tadellose technische Ausführung. Das Verfahren ist ziemlich einfach. Die Zeichnung wird auf dem Holz mit Zirkel oder Nadel leicht vorgeritzt und dann mit feinen Meißeln vertieft. In die Furchen werden die zurechtgebogenen, auf einer Kante etwas angeschärften Silberfäden oder Abschnitte von Drähten mit verschiedenem Durchschnitt eingehämmert. Das Ganze wird abgezogen und poliert. Mehrere Spezialausstellungen bosnischer Industrie zeigten, daß in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht worden sind. Außer dem Kleingerät erschienen auch Bildern. Spiegelrahmen, Taburett-Tische, Schmuckkassetten, Lampen und Etageren, deren Flächen ganz mit den feinen Linienverschlingungen in Gold, Silber und Kupfer bedeckt waren. Man war hier auch über die Filigranmotive hinausgegangen und hatte für die größern Flächen dem persisch-türkischen Flachmuster entnommene Elemente mit bestem Erfolg verwertet. In Deutschland haben diese bosnischen Einlegearbeiten zum erstenmal auf der Karlsruher Fächerausstellung einen großen Erfolg davongetragen. Auch zur Herstellung von getriebenen und gravierten Arbeiten in Silber und Kupfer hat man die alte handwerkliche Geschicklichkeit der bosnischen Bevölkerung herangezogen. Den persischen Metallarbeiten stehen diese Erzeugnisse in keiner Weise nach, sie übertreffen sie vielmehr, weil auf Reinheit der Ornamente und Sauberkeit der Ausführung genau geachtet wird. Als drittes neues Produkt des wiedererweckten bosnischen Kunstgewerbes sind die Teppiche und Vorhänge in Wolle zu nennen. Sie sind in Gobelintechnik ausgeführt und ähneln daher auch in der Musterung am meisten den persischen und türkischen Kilims; nur in der etwas matten Färbung stehen sie hinter den letztern noch zurück.

Bosse, Robert, Staatssekretär des Reichsjustizamts (Bd. 18), gab mit v. Woedtke einen Kommentar zur Invaliditäts- und Altersversicherung heraus, (3. Aufl., Leipz. 1891).

Botelho de Magalhaes (spr. botelljo de machaljāngs), Benjamin Constant, brasil. Staatsmann, geb. 1838, auf der Militärschule erzogen, trat als Ingenieur in das Heer und wurde Lehrer der Mathematik an der Militärschule sowie am Polytechnikum in Rio de Janeiro. Republikanisch gesinnt, war er