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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Dampfmaschine (Dampfumsteuerung, Gwinners rotierende D.)

eine Dampfumsteuerung der Compagnie de l'Ouest. Sie besteht aus einem wagerechten Steuercylinder A mit davorliegendem Bremscylinder B, der mit Wasser oder Glycerin gefüllt ist und dazu dient, die in den Steuerungsteilen bei ihrer Bewegung aufgespeicherte lebendige Kraft zu vernichten, damit sie durch letztere nicht über die erforderliche Stellung hinausgeschleudert werden. Die gemeinschaftliche Kolbenstange beider Cylinder bewegt ein Führungsstück F, an welches eine mit der Steuerung der D. in Verbindung stehende Steuerstange angeschlossen ist.

^[Fig. 1. Dampfumsteuerung der Compagnie de l'Ouest.]

Dieses Führungsstück vertritt also die Stelle der bei den Handumsteuerungen auf die Steuerung einwirkenden Hand. Wenn nun der Maschinenführer den zweiarmigen, bei Z drehbaren Hebel E (Steuerhebel) in der Pfeilrichtung, also nach links, aus aus seiner Mittellage bringt, so wird zunächst der an dem untern Ende von E bei W drehbar angebrachte Hebel V W in dem Punkte V, welcher durch die Stange S, den bei R drehbaren Hebel T und die Stange Q mit dem zur Zeit noch ruhenden Stück F verbunden ist, festgehalten werden. Der Hebel T dreht sich daher um diesen Punkt in umgekehrter Richtung wie Hebel E, und hierbei werden die Stangen M und N, die am Hebel V W bei U angreifen, so verschoben, daß sowohl die Dampfschieber mittels des Hebels X und der Schieberstangen O und P als auch der Wasserhahn C aus ihrer Mittellage, bei welcher alle Kanäle von den Cylindern A und B verschlossen sind, gebracht werden, und zwar in eine solche Stellung, daß am Dampfcylinder der Dampf auf der rechten Seite eintreten und im Wassercylinder das Wasser von der linken nach der rechten Seite übertreten kann. Infolge davon wird der Dampfkolben und mit ihm das Stück F in der Richtung von rechts nach links bewegt. Hierbei wird jedoch die Stange Q, der Hebel T und die Stange S mitgenommen und dadurch der Hebel V W um den Punkt W, welcher jetzt, da der Hebel E inzwischen in der gewünschten Stellung festgestellt ist, als der feste Drehpunkt des Hebels V W anzusehen ist, in derselben Richtung wie vorher der Hebel E, also seiner eignen frühern Bewegung entgegen, gedreht. Auch der Punkt U erhält hierbei eine seiner ersten Bewegung entgegengesetzte Bewegung, und damit werden auch mittels der Stangen M und N die Dampfschieber und der Wasserhahn ihrer mittlern Stellung (Schlußstellung) wieder näher gebracht, bis der Punkt U an derjenigen Stelle angelangt ist,

^[Spaltenwechsel]

von welcher er ausging; dann ist die mittlere Stellung der Schieber und des Hahnes wieder erreicht und jeder Dampfzufluß zu Cylinder A sowie jeder Wasserübertritt im Cylinder B ausgeschlossen. Das Stück F und mit ihm die Steuerung der Maschine ist also durch den Dampf im Cylinder A in eine dem Ausschlag des Hebels E wie oben nach Richtung und Größe entsprechende Stellung gebracht und von dem Wasser im Cylinders genau in dieser Stellung festgehalten. Wird der Hebel E nach links gedreht, so wird auch das Stück F nach links bewegt; wird der Hebel E noch weiter nach links umgelegt, so geht auch das Stück F weiter nach links; erhält E einen Ausschlag nach rechts, so stellt sich auch F rechts ein, und wird endlich E in die Mittellage zurückgebracht, so folgt auch F in die Mittellage nach, bei welcher die Steuerung so steht, daß die D. angehalten wird.

Eine neue rotierende D. ist von Gwinner, in Firma Gwinner u. Schraivogel in Rottenburg am Neckar, angegeben. Bei dieser wirkt der Dampf in einem ringförmigen Raum auf einen mit dem Cylinder fest verbundenen Kolben und führt dadurch die Drehung des auf der Antriebswelle aufgekeilten Cylinders, also auch der Antriebswelle selbst, herbei.

^[Fig. 2. Längsschnitt.]

^[Fig. 3-6. Stellungen des Schiebers.]

^[Fig. 2-6. Rotierende Dampfmaschine von Gwinner.]

Die Maschine (Fig. 2-6) besteht aus dem cylindrischen Gehäuse A mit dem Dampfeinströmungsstutzen B, dem Deckel C, welcher mit einer dampfdichten Lagerung D für die rotierende Welle E versehen ist, und der in der Mitte befindlichen Scheibe E, welche Schlitz und Führung für den Dampfschieber N und eine zentrale Lagerung für die Welle E besitzt. Die Scheibe A ist mit dem cylindrischen Gehäuse G dampfdicht an das Gehäuse A angeschraubt (die an der Drehbewegung teilnehmenden Teile sind im Querschnitt schwarz dargestellt), das Gehäuse G besitzt eine dritte Lagerung für die Welle E und eine Dampfausströmungsöffnung H. Der auf der Welle E aufgekeilte Dampfcylinder K liegt mit seinem ringförmigen Raum L dampfdicht auf der Scheibe F auf. In dem ring-