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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Fixsterne (veränderliche)

von Veränderlichen. In solchen Spektralaufnahmen hat besonders die Sternwarte des Harvard College in Cambridge (Massachusetts) großartige Leistungen aufzuweisen. Mit Unterstützung einer reichen Stiftung zu Ehren des durch zahlreiche photographische und spektroskopische Arbeiten bekannten, 1882 verstorbenen Henry Draper sind nämlich unter Leitung von Pickering teils in Cambridge, teils auf dem 2000 m hohen Mount Harvard bei Chosika in Peru mit einem achtzölligen Fernrohr zahlreiche Sternspektren photographiert worden, und im 27. Bande der Annalen genannter Sternwarte wird der »Draper-Katalog« mit den Spektren von 10,351 Sternen veröffentlicht. Bei der Untersuchung der Photographien dieser Sternspektren durch Frau Fleming in Cambridge sind nun eine größere Anzahl Veränderlicher entdeckt worden, unter andern solche, deren Spektrum dem von Mira im Walfisch und andern Veränderlichen ähnlich ist, in welchem helle Wasserstofflinien erscheinen.

Auf einen merkwürdigen veränderlichen Stern hat Paul in Washington aufmerksam gemacht. Es ist der Stern S im Sternbild der Luftpumpe (Antlia), dessen Lichtwechsel sich in einer Periode von nur 7 Stund. 47 Min. vollzieht. Es ist die kürzeste bis jetzt bekannte Periode; ihr zunächst kommt die Periode von U im Schlangenträger, welche 20 Stund. 8 Min. beträgt. Wie dieser letztere Stern, gehört auch S in der Luftpumpe zu den Veränderlichen vom Algoltypus, die durch die Kürze der Periode charakterisiert sind, sowie dadurch, daß die Änderungen der Lichtstärke nur einen kleinen Teil der Periode in Anspruch nehmen. Beim Algol selbst, dessen Periode 68,81 Stund. beträgt, nimmt die Helligkeit in 9,15 Stund, von der 2. bis zur 4. Größe ab und wieder zu, bei U im Schlangenträger erfolgt die Veränderung von der 6. zur 7. Größe in 5 Stund. und bei S in der Luftpumpe erstreckt sich die Ab- und Zunahme auf ungefähr 3,8 Stund. Diese Änderung beträgt 0,6 Größenklassen, etwa 4 Stund, lang behält der Stern seine große Helligkeit 6,7. Größe (nach Chandler). Durch die Untersuchungen Vogels (s. Bd. 18, S. 292) wissen wir nun, daß der Lichtwechsel des Algol hervorgebracht wird durch die zeitweilige teilweise Verdeckung des leuchtenden Sternes durch einen wenig leuchtenden Begleiter. Chandler hat nun in neuerer Zeit die Periode des Algol auf ihre Beständigkeit untersucht, da schon Argelander eine Veränderlichkeit derselben annehmen zu müssen glaubte, und in der That hat sich aus der Diskussion von 11,200 beobachteten Minima ergeben, daß die Periode des Lichtwechsels des Algol, welche jetzt 2 Tage 20 Stund. 48 Min. 51 Sek. beträgt, periodischen Veränderungen unterliegt, die bis zu 8 Sekunden ansteigen können. Zur Erklärung dieser Erscheinung nimmt Chandler an, daß Algol ein System von drei Körpern ist, in welchem der Hauptstern mit seinem engen Begleiter, der den Lichtwechsel hervorbringt, sich gemeinsam noch um einen dritten Körper bewegt; Chandler berechnet dann, daß diese Bewegung in einer nahezu kreisförmigen Bahn, deren Durchmesser 2,7 Sek. beträgt, mit einer Umlaufszeit von ungefähr 130 Jahren erfolgen muß. Hieraus ergibt sich aber, daß die jährliche Eigenbewegung des Algol, die 0,0010 Zeitsek. in Rektaszension und 0,0120 Sek. in Deklination beträgt, ziemlich bedeutende Unregelmäßigkeiten zeigen muß, und in der That hat Chandler solche aus den Beobachtungen ableiten können, so daß seine Hypothese von der Existenz eines dritten Körpers hierdurch bestätigt ist.

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Nachdem der Lichtwechsel des Algol durch die Annahme eines wenig leuchtenden Begleiters, der zeitweilig den Hauptstern verdeckt, seine vollständige Erklärung gefunden hat, liegt es nahe, für den Lichtwechsel der übrigen Sterne desselben Typus die gleiche Ursache anzunehmen. Bei näherm Eingehen auf diesen Gedanken erheben sich aber manche Schwierigkeiten. Während beim Algol der Lichtwechsel nur reichlich 1/8 der Periode umfaßt, nimmt er bei dem Stern in der Luftpumpe die kleine Hälfte in Anspruch. Der dunklere Stern, dessen Umlaufszeit 7 Stund. 47 Min. beträgt, muß also sehr nahe bei dem hellen stehen. Würden die beiden den Algol bildenden Sterne, deren Abstand und Dimensionen Vogel ermittelt hat, zur Berührung gebracht, so würde die Umlaufszeit doch nur auf 10,9 Stund. herabgesetzt. Es müssen daher, wenn überhaupt hier dieselbe Ursache des Lichtwechsels wirksam ist, bei S in der Luftpumpe andre Verhältnisse zwischen den Durchmessern der beiden Körper und ihrem Abstand herrschen als beim Algol. Zur Ermittelung der Dimensionen würde nun die Kenntnis des Ganges der Lichtänderung erforderlich sein. Darüber ist leider nichts Genaueres bekannt und auch wenig Hoffnung auf Vervollständigung unsrer Kenntnisse in dieser Richtung vorhanden, da der Stern seines tiefen Standes wegen (er steht in 28° 8,7' südlicher Deklination) auf der nördlichen Halbkugel nicht lange beständig verfolgt werden kann.

Eigentümliche Veränderungen im Spektrum von β in der Leier sind in Cambridge (Massachusetts) erkannt worden. Dieser Stern ist veränderlich zwischen den Größenklassen 3,5 und 4,5 in Zeit von ungefähr 12 Tagen 22 Stund.; er hat aber zwei Maxima der Lichtstärke, welche 3 Tage 5 Stund, und 9 Tage 16 Stund. nach dem Hauptminimum eintreten, und ein dazwischen liegendes sekundäres Minimum 6 Tage 11 Stund, nach dem Hauptminimum. Das Spektrum wird von breiten dunkeln Banden durchsetzt, welche dem Wasserstoff angehören, und von Linien, die für viele Sterne des Orion charakteristisch sind. Außerdem aber treten darin mehrere helle Linien auf, welche ihre Lage ändern; die auffallendsten unter ihnen haben die angenäherten Wellenlängen von 486, 443, 434, 410, 403 und 389 μμ. Die 1., 3., 4. und 6. fallen augenscheinlich mit den Wasserstofflinien F, G, h und α zusammen, während die beiden andern die markiertesten der Orionlinien sind. Diese hellen Linien haben bisweilen eine etwas größere Wellenlänge als die entsprechenden dunkeln, und dann haben die letztern einen hellen Rand nach der Seite des Rot hin, oder die Wellenlänge der hellen Linien ist geringer, und es erscheint dann ein heller Rand auf der andern Seite der dunkeln Linien. Frau Fleming und Fräulein Maury in Cambridge haben nun 29 Photographien des Spektrums untersucht, die in einem Zeitraum von mehr als 4 Jahren (130 Perioden) erhalten worden sind, und es ergab sich bei 14 Platten aus der ersten Hälfte der Periode eine Zunahme der Wellenlänge der hellen Linien. Bei 11 Platten aus der zweiten Hälfte der Periode zeigte sich eine Abnahme der Wellenlänge; doch sind hier einige Ausnahmen bemerkt worden, und überhaupt ist die Erscheinung nicht so einfach, wie hier angedeutet, vielmehr treten mancherlei Zwischenphasen und Veränderungen bei den dunkeln wie bei den hellen Linien auf, letztere erscheinen auf einigen Platten doppelt. Pickering hebt besonders hervor, daß andre Veränderliche von kurzer Periode keine hellen Spektrallinien zeigen.