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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Fixsterne (Spektren veränderlicher Sterne)

Die einfachste Erklärung für die Bewegung der hellen Linien erblickt Pickering in der Annahme, daß der das Licht aussendende Körper in 12 Tagen 22 Stund, eine Kreisbahn beschreibt. Die größte Geschwindigkeit beträgt ungefähr 500 km in der Sekunde, entsprechend einem Halbmesser von 80 Mill. km. Vielleicht ist β in der Leier ein enger Doppelstern, wie β im Fuhrmann, dessen Komponenten aber ungleiche Spektren haben. Die Erscheinungen können auch von einem Meteorschwarm herrühren oder von einem Körper gleich unsrer Sonne mit einer über mehr als 180° in Länge sich erstreckenden Protuberanz. Die Verdoppelung der hellen Linien könnte dann durch die gleichzeitige Sichtbarkeit der beiden Enden der Protuberanz erklärt werden, von denen das eine sich uns nähert, das andre sich entfernt, und der Wechsel der Helligkeit könnte von der Sichtbarkeit eines größern oder kleinern Teiles dieser Protuberanz herrühren.

Daß die Spektren veränderlicher Sterne ebenfalls Veränderungen zeigen, ist ein sehr naheliegender Gedanke. Aber wenn man von den Beobachtungen bei temporären Sternen, so namentlich bei dem 1876 von Schmidt entdeckten Stern im Schwan, und den Wahrnehmungen bei β in der Leier absieht, so fehlt es noch an dem bestimmten Nachweis für solche Veränderungen. Dies gilt auch für die Veränderlichen R in der Krone (6.-13. Größe, Periode unregelmäßig), H im Schilde Sobieskis (4,7.-9. Größe, Periode 71,7 Tage) und K in der Andromeda (6,3.-12,5. Größe, Periode 404 Tage), in deren Spektren Espin neuerdings Veränderungen angedeutet gefunden hat.

Wolf und Rayet haben zuerst 1867 auf drei kleine Sterne von gelber Farbe im Schwan aufmerksam gemacht, deren Spektren, abweichend von dem, was man bis dahin beobachtet hatte, helle Linien auf einem kontinuierlichen Grunde zeigen. Insonderheit tritt eine schöne, sehr helle blaue Bande auf, welche Secchi und in neuerer Zeit wieder Lockyer dem Kohlenwasserstoff zugeschrieben haben. Diese Ansicht steht im Widerspruch mit den Messungen Vogels, denen zufolge die Wellenlänge für das Maximum der blauen Bande bei zweien dieser Sterne 464 μμ, beim dritten aber 468 μμ beträgt. Neuere Beobachtungen von Huggins und dessen Gattin haben nun in Übereinstimmung mit Vogel gezeigt, daß die blauen Banden in den Spektren der Wolfschen Sterne nur unter sich verschieden sind und sich sowohl ihrer Lage als ihrem sonstigen Charakter nach von der blauen Bande des Kohlenwasserstoff-Spektrums unterscheiden.Übrigens hat Pickering außer den Wolfschen Sternen noch mehrere F. mit hellen Spektrallinien gefunden, wie denn überhaupt in der neuern Zeit eine größere Anzahl Sternspektren mit hellen Linien bekanntgeworden sind. Diese Spektren sind denen der planetarischen Nebel sehr ähnlich und ebenso denen der Orionsterne, nur daß bei diesen die Linie.c dunkel sind. Da Secchi bei seiner Einteilung der Sternspektren in vier Typen die Spektren mit hellen Linien nicht berücksichtigt hat, so schlägt Pickering vor, dieselben zu einem fünften Typus zu vereinigen und diesen wieder in drei Klassen zu teilen. In der nachstehenden Tabelle findet man die Wellenlängen der hellen Linien dieses Typus und der 16 planetarischen Nebel, deren Spektren in Cambridge photographiert worden sind, sowie diejenigen der intensivsten und zweier schwächern (470 und 451 μμ) der dunkeln Linien der Orionsterne. Das Spektrum der letztern enthält außer zahlreichen schwächern noch bei 439, 435, 426, 417, 4^5, 410, 409 und 397 intensive dunkle Linien.

^[Spaltenwechsel]

Wellenlangen von Spektrallinien.

Stern mit hellen Linien Klasse I Klasse II Klasse III Planetarische Nebel Orionsterne

- - - 501 μμ -

486 μμ 486 μμ - 486 486 μμ

469 469 - 470 470

462 464 464 μμ - 463

454 455 455 - 454

- 451 451 - 451

- 447 - 447 447

- - 443 - 442

434 434 434 434 434

420 420 421 - 420

410 410 412 410 410

406 406 407 - 407

402 402 - - 403

398 397 - 397 397

395 - 395 - 394

389 389 - 388 389

388 - - - 387

Die Linien 486, 434, 410, 397 und 389 gehören dem Wasserstoff an. Bemerkenswert ist noch die Verteilung dieser Sterne: sowie von den Hellern Sternen des ersten Secchischen (Sirius-) Typus ungefähr 2/3 in der Milchstraße liegen, so werden auch 4/5 der Sterne des Oriontypus, die meisten planetarischen Nebel und F. mit hellen Spektrallinien dort angetroffen.

Ein neuer Stern (Nova) ist 23. Jan. 1892 von einem Liebhaber der Astronomie, Rev. Anderson, mit bloßem Auge im Sternbilde des Fuhrmanns (Auriga) entdeckt worden; derselbe steht 1° 450 südlich vom Stern χ (5. Größe) im Fuhrmann und 1° 51' nördlich von dem hellen Stern β (2. Größe) im Stier. Seine Helligkeit war bei seiner Entdeckung gleich derjenigen von χ im Fuhrmann, also 5. Größe, und hat bis Anfang März 1892 nur wenig abgenommen, etwa eine halbe Größenklasse; dann erfolgte aber innerhalb weniger Tage eine sehr schnelle Abnahme von 3-4 Größenklassen. Sehr interessante Aufschlüsse über die Zeit des Aufleuchtens des neuen Sternes und seine größte Helligkeit hat die Untersuchung der photographischen Platten ergeben, welche von der Himmelsgegend, in welcher der neue Stern erschienen ist, auf der Sternwarte des Harvard College in Cambridge (Massachusetts) aufgenommen waren. Nach den Mitteilungen von Pickering ist auf 18 Platten dieser Gegend, welche während der Zeit vom 3. Nov. 1885 bis 2. Nov. 1891 aufgenommen wurden, keine Spur von dem neuen Stern zu sehen, obgleich auf diesen Platten Sterne 11. Größe und auf einigen sogar Sterne 13. Größe vorhanden sind. Es ist daher sehr wahrscheinlich, daß der Stern während dieser 6 Jahre nicht sichtbar war. Auch auf einer andern Reihe von photographischen Platten, die in Cambridge vom 21. Okt. bis 1. Dez. 1891 aufgenommen wurden, und welche die Sterne bis zur 6. Größenklasse zeigen, findet sich der neue Stern nicht, dagegen ist derselbe auf einer größern Anzahl von Platten, die zwischen 10. Dez. 1891 und 31. Jan. 1892 aufgenommen wurden, als heller Stern 5. Größe deutlich zu sehen. Ferner hat M. Wolf in Heidelberg die betreffende Himmelsgegend 8. Dez. 1891 photographiert, und sind auf dieser Aufnahme Sterne bis zur 8. Größenklasse deutlich zu sehen, aber die Nova ist nicht abgebildet. Aus diesen Nachforschungen folgt also, daß der neue Stern bis 2. Nov. 1891 sicher schwächer als 11. Größe und bis 8. Dez. schwächer als 8. Größe war, dagegen in der Zeit vom 8. bis 10. Dez. ganz rapid um mindestens 3 Größenklassen an Helligkeit zugenommen hat, denn auf