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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Formosa (wirtschaftliche Entwickelung)

amerika; die Ausfuhr stieg 1888 auf 8,205,950 kg (1889: 7,900,000), nachdem sie 1867 erst 120,000 kg betragen hatte. Die an die Westküste sich anschließende niedrige Ebene, welche von der See aus ziemlich tief ins Innere sich erstreckt und von Zahllosen kleinen Flüssen und Bächen durchzogen wird, die sich gleich einem Netzwerk über das Land verbreiten, eignet sich für Reis- und Zuckerrohrkultur ebenso vortrefflich wie im NO. die ein einziges großes Reisfeld bildende Kapiulanebene und die Ebene bei Pilum an der Südostküste. Zuckerrohr wird hauptsächlich im S. gebaut, aber auch in Mittelformosa längs der Seeküste sowie im anstoßenden Hügellande, ferner im N. in der Umgegend von Hsintschu (Tukschan) und in der Alluvialebene von Banka. Die Zuckerbauer sind meist Kleinbauern, welche das gewonnene Rohr an einheimische, ziemlich primitive Zuckermühlen abliefern. Das Produkt (1890: 41,120 Ton.) geht zum größten Teil nach Japan. Petroleum findet sich an verschiedenen Stellen, so im N. zwischen Miaolische und Aulang bei Tamsui, wo man auch mit Hilfe amerikanischer Ingenieure Bohrungen machte, den Betrieb aber bald wieder einstellte. Über den Mineralreichtum der Insel weiß man wenig, da nicht einmal die geologische Beschaffenheit derselben bisher untersucht wurde. Daß Gold reichlich in den Gebirgen und im Flußsand vorhanden ist, scheint daraus hervorzugehen, daß die wilden Stämme häufig im Besitz von Stücken reinen Goldes gefunden werden. Auch Silber, Kupfer und Eisen kommen an verschiedenen Stellen vor, doch wurde keins dieser Metalle bisher ausgebeutet. Außerordentlich reich ist F. an Kohlen. Die Ausdehnung des Kohlenfeldes an der Nordspitze beträgt 120 qkm. Ausgebeutet werden gegenwärtig nur die Kohlengruben zwischen Tamsui und Kelung, durch die Regierung bei Paktou, durch Private in 30 andern Gruben. Die Ausfuhr von Kohle in Schiffen fremder Bauart betrug 1889: 43,419 Ton. Der Reichtum der Gebirge Formosas an wertvollen Nutzhölzern ist fast unerschöpflich. In den Thälern des Nordens wächst die Steineiche, die Berge im Innern sind bedeckt mit Kampferwaldungen und Sesambäumen (eine Fichtenart mit hartem, weißem Holz), ferner findet man den Firnisbaum (Vernix vernicia), den schönen, 2,5-3 m dicken Schaolam u. a., doch ist die Ausfuhr noch gering. Außerdem ist noch die Ausfuhr von Ananas, Lungugans und andern tropischen und subtropischen Früchten, von Erdnüssen, Hanf, Gelbwurz, Indigo, Reispapier, Rohr, Salz, Schwefel zu nennen; 1889 betrug der Gesamtexport 26,3 Mill. Mk.

Der Hafenplatz Hobe (Tamsui) im N., dessen durch eine Barre verschlossener Hafen nur Schiffen von geringem Tiefgang das Einlaufen gestattet, beherbergt nur die Beamten der fremden Zollbehörde sowie den britischen Konsul. Die fremden Kaufleute, worunter aber kein Deutscher, wohnen sämtlich in Twatutia, welches äußerst günstig dicht bei der Präfekturhauptstadt Taipehfu, in der Nähe von Banka, der wichtigsten Handelsstadt Nordformosas, und der hauptsächlichen Theeproduktionsplätze gelegen ist. Twatutia, das mit Tamsui durch Dampfbarkassen in Verbindung steht und Ausgangspunkt der Eisenbahnen nach Kelung und Südformosa ist, verdankt sein Aufblühen dem Theehandel, der 1889 für 12 Mill. Mk. Thee ausführte. Es befindet sich hier eine Telegraphenanstalt, ein unter Leitung eines deutschen Offiziers stehendes Arsenal mit Patronen- und Geschoßfabrik in europäischem Stil, eine Lokomotivenreparaturwerkstätte, Dampfsägemühle,

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Dampfziegelei, drehbare Eisenbahnbrücke, elektrische Beleuchtung. Der Hafen von Tamsui muß aber erheblich verlieren, wenn einmal der durch keine Barre gehemmte Hafen von Kelung (der einzige derartige der Insel) an der Nordostspitze Formosas die geplanten Werftbauten erhalten hat und die Eisenbahnlinien Kelung-Taipehfu und Taiwanfu-Takao fertiggestellt sind. Bisher hat sich noch keine fremde Firma in Kelung niedergelassen. Der Hafen von Takao ist gleichfalls durch eine Barre für größere Schiffe gesperrt, doch könnte derselbe mit mäßigen Kosten in einen der besten Chinas verwandelt werden. Früher war Takao Hauptplatz für die fremde Ein- und Ausfuhr sowie Wohnsitz sämtlicher fremden Kaufleute. Gegenwärtig hat sich das Einfuhrgeschäft ganz nach Anping gezogen, wo die fremden Kaufleute den größten Teil des Jahres sich aufhalten. Nur im Winter kommen sie während der Zuckersaison nach Takao, das als Ausfuhrplatz für Zucker stets seine Wichtigkeit behalten wird. Anping, der Hafen von Taiwan, des Hauptkonsumtions- und Distributionsplatzes für ausländische Waren, hat zwar nur eine offene Reede, welche mit Sicherheit nur während des Nordostmonsuns besucht werden kann, und eine beschwerliche Barre, aber doch Dampferverbindung mit Hongkong über Swatau und Amoy. In Takao und Anping-Taiwan befinden sich 4 englische Firmen, 2 deutsche, 1 amerikanische und 1 unter spanischem Schutz stehende chinesische. Der Gesamtwert der durch Schiffe fremder Bauart vermittelten Ein- und Ausfuhr beider Plätze betrug 1889: 2,746,464 Haikuan Taels (16 Mill. Mk.). Die vorgenannten Häfen sind sämtlich dem auswärtigen Handel geöffnet. Andre nennenswerte kleinere Hafenplätze sind Lokang an der Ostküste, 50 km nördlich von Anping, mit stark versandetem Hafen, aber doch ein bedeutender Reisausfuhrhafen und mit starkem Opiumhandel, Teukscham, südlich von Tamsui, der für die Zuckerausfuhr sehr wichtig werden könnte, Suao, der einzige Hafen der Ostküste, Pilum, an der Südostküste, Tangkang, 30 km südlich von Takao, ein wichtiger Dschunkenhafen, und Langkiao. Von den Flüssen Formosas ist nur der bei Tamsui mündende, 50 km lange Kelung eine kurze Strecke für Dschunken und Dampfbarkassen von geringem Tiefgang befahrbar, auf den übrigen Flüssen kommen nur Bambusflöße fort. Der Verkehr auf den Landwegen wurde bisher in der westlichen Ebene Südformosas durch Träger bewirkt; nur in der Nähe der Küste durch zweiräderige Büffelkarren, welche höchstens 5 Ztr. laden können. Zudem ist die Unsicherheit im Innern eine sehr große, so daß wertvolle Waren nur unter bewaffneter Bedeckung befördert werden können. F. scheint von den Chinesen als Versuchsfeld für abendländische Einrichtungen betrachtet zu werden. Eine etwa 60 km lange Eisenbahnlinie wurde im Februar 1891 zwischen Kelung und Taipehsu eröffnet, die Fortsetzung von Taipehfu nach Taiwanfu und Takao ist zum Teil vollendet. Das Telegraphennetz ist ziemlich ausgebaut. Bereits seit 1877 sind Takao und Anping-Taiwanfu telegraphisch verbunden. Zwischen Anping und den Pescadores sowie zwischen Tamsui und Futschou wurde 1887 je ein Kabel gelegt, später auch die Landlinie Tamsui-Kelung und Tamsui-Taiwanfu dem Verkehr übergeben. Das Material für die Eisenbahnen wurde zum Teil, das für die Telegraphen gänzlich aus Deutschland bezogen. Fernsprechlinien bestehen zwischen Anping und Takao, Taipehfu und Tamsui, Taipehfu und Kelung. Der Schiffsverkehr in den Vertragshäfen war 1889: 61 Segelschiffe von 17,914 Ton.