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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Historische Litteratur 1890/91 (Mittelalter, Neuzeit; Deutschland)
çaise de Rome, das Königlich preußische historische Institut und das Istituto Austriaco di studi storici), so haben sich auch andre Regierungen und gelehrte Korporationen an dieser ruhmvollen Arbeit in regem Wetteifer beteiligt. Von den aus diesen Bestrebungen hervorgegangenen überaus wichtigen Publikationen gehört natürlich nur ein kleiner Teil den Jahren an, über deren Litteratur wir hier berichten; es wird aber zweckmäßig und vielen Lesern willkommen sein, wenn wir an deren Erwähnung eine vollständige Zusammenstellung dieser mit dem vatikanischen Archiv zusammenhängenden Quellenschriften knüpfen. Die französische Schule in Rom hat sich die Veröffentlichung der Registerbücher des 13. Jahrh. zur Aufgabe gesetzt und mit derselben eine Reihe jüngerer Gelehrter beauftragt. So sind teils schon erschienen, teils im Erscheinen begriffen (sämtlich in Paris gedruckt und gleichmäßig angelegt und ausgestattet) die Negisterbücher Gregors IX. von L. Auvray, Innocenz' IV. von E. Berg er, Konorius' IV. von M. Prou, Nicolaus'IV. von E. Langlois, TTTTT VIII. von Digard, Faucon und Thomas und Benedikts XI. von Ch. Grandjean. Für die vorausgehende und nachfolgende Zeit treten im Auftrage und mit Unterstützung des Papstes Italiener ein; für Honorius III. I. Pressutti (Rom 1888 ff.), für Clemens V. mehrere Benediktiner von Monte Cassino (das. 1885 ff.), endlich hat den für die Reformationsgeschichte so wichtigen Pontifikat Leos X. der jüngst verstorbene Kardinal I. Hergenröther zu bearbeiten unternommen. Außer diesen Gesamtpublikationen der vollständigen Registerbücher haben wir zahlreiche Teileditionen, welche sich auf die für ein Land wichtigen Papstbriefe beziehen. Dahin gehören für das römisch-deutsche Reich die »TTTTT XIII«, die C. Rodenberg für die »TTTTT« herausgibt, von denen zwei Bände (Verl. 1883 ff.) erschienen sind, der dritte, bis zum Ende des Interregnums reichend, im Druck nahezu vollendet ist. Hieran schließen sich die von dem österreichischen Institut herausgegebenen »Mitteilungen aus dem vatikanischen'Archiv«, deren erster Band (Wien 1889), bearbeitet von F. Kaltenbrunner, die Zeit Rudolfs I. und Albrechts I. umfaßt, während die Münchener historische Kommission die »Vatikanischen Akten zur Geschichte Ludwigs des Bayern« (Innsbr. 1891) durch S. Riezler hat herausgeben lassen, und E. Werunsky mit Unterstützung der österreichischen Regierung für die Zeit Karls IV. wichtige Exzerpte aus den Registern Clemens' VI. und Innocenz' VI. veröffentlicht hat (Innsbr. 1885). Auf einzelne Teile des Reiches beziehen sich die in den Geschichtsquellen der Provinz Sachsen für diese und die angrenzenden Lande von G. Schmidt und P. Kehr veröffentlichten Urkunden (Halle 1886 ff.), das »TTTTT« (für die Diözese Utrecht) von G. Brom (Haag 1891), die Mitteilungen W. Hauthalers (für die Diözese Salzburg) im »Archiv für österreichische Geschichte«, Bd. 71, die von H. Finke edierten »Papsturkunden Westfalens« (Bd. 1, Münst. 1888) und die »TTTTT« (Bd. I, Basel 1691) für die Schweiz. Endlich sind hier zu nennen die von der Budapester Akademie herausgegebenen »TTTTT Hungarica« (Budap. 1884ff.) und die von H. Hildebrand veröffentlichten »TTTTT« (Riga 1887). In die Herausgabe der außerordentlich wichtigen Nunziaturberichte des 16. Jahrh. aus Deutschland haben sich das preußische und das österreichische Institut geteilt; von der ersten Veröffentlichung ist soeben der Anfang erschienen; polnische Nunziaturberichte aus den Jahren 1574-78 hat Th. Wierzbowsku (Warsch. 1887) publiziert. Man sieht aus dieser langen Liste, in die manche kleinere und minder wichtige Publikationen nicht aufgenommen sind, wie reiche Früchte der historischen Erkenntnis aus der Öffnung des päpstlichen Archivs bereits erwachsen sind.
Für die Geschichte der Neuzeit wollen wir hier noch zwei andre, höchst wichtige Quellenpublikationen erwähnen. Einmal die »TTTTT«, welche die gegenwärtige Herzogin von Alba aus ihrem bisher fast gar nicht benutzten Hausarchiv herausgegeben hat (Madr. 1891); namentlich für die Zeit Karls V. und Philipps II. ist diese Auslese von Urkunden von größtem Interesse und wirft nicht bloß auf spanische, sondern auch auf englische und französische, italienische und niederländische, afrikanische und amerikanische Verhältnisse vielfach neues Licht. Für die Erweiterung unsrer Kenntnisse von der Geschichte der ersten Jahrzehnte des 19. Jahrh. hatte man seit langem die größten Hoffnungen auf die Memoiren Talleyrands gesetzt, von denen die zwei ersten, bis zum Wiener Kongreß reichenden Bände endlich durch den Herzog von Broglie herausgegeben worden sind (Par. 1890; deutsche Ausgabe von A. Ebeling, Köln 1890). Daß die Memoiren in der Hauptsache echt, wenn auch nicht ganz ohne Entstellung überliefert sind, kann trotz eines sehr unnützen Streites, der sich darüber in der französischen Presse entsponnen hat, nicht wohl bezweifelt werden; aber die großen Erwartungen, mit denen man ihnen entgegengesehen hatte, sind nicht ganz erfüllt worden. Wenngleich sie natürlich nicht wenig Neues lehren (namentlich für den Sturz Napoleons und die Restauration der Bourbonen in Frankreich), war doch das meiste, was sie bieten, durch neuere archivalische Arbeiten bereits bekannt geworden.
An Bearbeitungen von Stoffen aus der allgemeinen Geschichte der Neuzeit ist nicht eben viel zu nennen: eine fleißige, auf neuen Archivalien beruhende, unsre Kenntnisse mehrfach erweiternde, aber etwas trockene Darstellung des Friedens von Utrecht« von O.Weber (Gotha 1891); interessante, farbenreiche Bilder aus den Jahren 1848 und 1849, auf Deutschland und Italien bezüglich, die Alex. Graf Hübner, damals österreichischer Diplomat in Sachsen, aber während des tollen Jahres zu verschiedenen Missionen in andern Ländern verwandt, auf Grund seines Tagebuchs entworfen und unter dem Titel: »Ein Jahr meines Lebens. 1848 und 1849« (Leipz. 1891) herausgegeben hat; endlich eine »Histoire TTTTT 1814-78« (Par. 1891, 2 Bde.), von A. Debidour, die, vorzugsweise kompilatorischen Charakters und viel zu wenig auf die diplomatischen Akten selbst zurückgehend, das ungenügende Material, das sie bietet, in parteiischer und voreingenommener Weise verarbeitet.
Deutschland.
Von den drei neuen Gesamtdarstellungen der deutschen Geschichte, die wir zu verzeichnen haben: G. Dittmar, »Geschichte des deutschen Volkes« (Heidelb. 1891, 3 Bde.), H. Gerdes, »Geschichte des deutschen Volkes und seiner Kultur im Mittelalter« (Bd. 1, Leipz. 1891), K. Lamprecht, »Deutsche Geschichte« (Berl. 1891), ist die letztere bei weitem die bedeutendste. Der bisher erschienene erste Band, welcher bis zum Ende der merowingischen Epoche reicht, vereinigt in