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Juden (anthropologisch-ethnographische Verhältnisse)
Hauptstadt. Diesem folgten rasch »His wife« und »A bed of roses«, dann das Melodrama »The silver king«, mit dem er sich im Sturme den Beifall eines großen Publikums eroberte. In derselben Art schrieb er »Hoodman Blind«. Nun ganz der dramatischen Laufbahn gewidmet und durch Heirat mit einer gewandten Schauspielerin noch mehr mit der Bühne verknüpft, stellte er sich die Aufgabe, »in einer Reihe von Dramen die verschiedensten Phasen des heutigen englischen Lebens zu schildern«. Das erste dieser Stücke, »Saints and Sinners«, eröffnet mit großer Kühnheit den Krieg wider die Scheinheiligkeit. Darauf wandte J. sich im »Middleman« (in Deutschland als »Die Arbeit« über die Bühne gegangen) den Konflikten zwischen Kapital und Arbeit zu und geißelte insbesondere die Ausbeutung des Erfinders durch den Unternehmer. In »Judah« handelt es sich um den spiritistischen Unfug, in »The dancing girl« um die puritanische Lebensauffassung im Gegensatze zu der cynischen Führung des Lebens in gewissen höheren Gesellschaftsschichten. In seinem neuesten Drama: »The Crusaders«, werden allerlei philanthropische Utopisten in unbewußtem Bunde mit Schwindlern auf die Bühne gebracht. Die Buchausgabe des genannten Stückes, »Saints and Sinners: modern English middle-class life« (1891), versah er mit einer lebhaften Streitschrift, in welcher er für die rückhaltlose Beleuchtung kirchlicher Zustände und religiöser Fragen sowie gegen das moralische Versteckenspielen und Maskieren von seiten des Philistertums aufs ernsteste in die Schranken tritt.
Juden (anthropologisch-ethnographische Verhältnisse). Die J. sind ein Stamm der semitischen oder syro-arabischen Völkerfamilie und werden als solche der mittelländischen oder kaukasischen Rasse zugerechnet. Nach der Bibel und den Keilschriften vermögen wir ihre Wurzeln bis nach Babylonien hin zu verfolgen, Hebräer heißen sie bis zu dem Auszug aus Ägypten, den Namen Israeliten führten sie bis zum Untergang ihrer politischen Selbständigkeit, J. (Jehudim) seit der babylonischen Verbannung und in der Zerstreuung. Diesen letzten Volksnamen gebraucht in der Bibel zuerst Jeremias. Weil nun seit dem Untergang des Zehnstämmereichs Juda alleiniger Repräsentant des israelitischen Volkstums war, so wird der Ausdruck »Jude« wesentlich gleichbedeutend mit Hebräer, und die hebräische Sprache kann im Gegensatze zur aramäischen die jüdische genannt werden. Zum Volksnamen im vollen Sinne des Wortes wird der Ausdruck jedoch erst in der Zeit nach dem Exil.
Die J. sind in anthropologischer Hinsicht eins der interessantesten Objekte; denn mit gleicher Sicherheit läßt sich kein andrer Rassentypus durch Jahrtausende so genau verfolgen wie gerade die J. Bis vor kurzem war die Ansicht ziemlich allgemein verbreitet, daß die J. eine unvermischte Rasse darstellten. Obwohl man aus der Bibel weiß, daß die J. mit den übrigen Völkern Palästinas eheliche Verbindungen eingegangen sind, nahm man doch an, daß der eigentliche Rassentypus durch diese Vermischung nicht verändert worden sei, da die Völker, mit denen die J. im heiligen Lande in Berührung gekommen sind, ebenfalls Semiten gewesen seien. Gewisse bildliche Darstellungen der altägyptischen und assyrischen Denkmäler schienen diese Ansicht zu bestätigen, und hervorragende jüdische Gelehrte, wie Zunz, Jost, Grätz, sind von der Unvergänglichkeit des jüdischen Volkes ebenso überzeugt, wie von der Reinheit der jüdischen Rasse, indem sie annehmen, daß das Judentum sich keineswegs von den übrigen Völkern absorbieren läßt, sondern nach Volkstum und Bekenntnis als eine Besonderheit fortexistiert. Jene Ansicht von der Reinheit der jüdischen Rasse ist jedoch durch die Ergebnisse der neuesten Forschungen erschüttert worden. Osburn hat zuerst darauf hingewiesen, daß die Schafu, die nach den hieroglyphischen Aufzeichnungen Altägyptens südlich von Hebron wohnten, auf den Wandgemälden der Höhlen von Ipsambul mit blauen Augen, blondrötlichem Bart und Haar und heller Hautfarbe dargestellt sind, und ebenso hat Flinders Petrie festgestellt, daß die Amaur (Amar), die zweifelsohne mit den Amoritern der Bibel identisch sind, auf altägyptischen Darstellungen durch die rötlichbraune Farbe des Haupthaares und Bartes, blaue Augen, hellen Grundton der Hautfärbung, hohe Statur, Langschädelform und andre Eigentümlichkeiten des germanischen Zweiges der großen arischen (indogermanischen) Völkerfamilie charakterisiert sind. Es darf demnach als feststehend gelten, daß im 14. Jahrh. v. Chr., ehe noch die Israeliten in Palästina eingezogen waren, ein Teil dieses Landes, in welchem noch heutzutage Personen mit hellem Teint, blauen Augen und blondem Haar ziemlich häufig vorkommen, von einem Volke von indogermanischer Abkunft bewohnt war. Nach Tomkins waren sowohl die Gibeoniter wie die Anakim Zweige des großen Amoriterstammes; der Name »Horiter«, welchen die Amoriter in Edom führten, wird von Sayce als »weiße Männer« übersetzt. Daß jene indogermanische Bevölkerung im südlichen Judäa noch im 10. Jahrh. v. Chr. existiert hat, wird bewiesen durch die auf einem ägyptischen Wandgemälde aus der Zeit der 22. Dynastie dargestellten jüdischen Kriegsgefangenen, welche nicht semitische, sondern indogermanische (amoritische) Gesichtszüge aufweisen. Für die Beurteilung der Rassenmischung im jüdischen Volke sind ferner von Wichtigkeit die Hethiter (Chetiter oder Kheta). Sowohl die altägyptischen Darstellungen von Angehörigen dieses Volkes, wie auch andre Umstände machen es wahrscheinlich, daß die Hethiter, die zu einer gewissen Zeit einen Teil von Palästina innehatten, entweder von mongolischer (turanischer) Abkunft gewesen, oder aus der Vermischung von Mongolen mit Semiten hervorgegangen sind. Daß die J. mit den im vorhergehenden erwähnten Völkern ebenso wie mit andern nicht israelitischen Stämmen Verbindungen eingegangen sind, wird in der Bibel wiederholt berichtet. Schon in ältester Zeit wurden solche Mischehen, welche dem Judentum fremde Rassenelemente Zuführten, abgeschlossen. Jenes »viele Pöbelvolk«, das die Israeliten beim Auszug aus Ägypten begleitete, ist auf ägyptische Frauen zu deuten, mit denen die Stämme Israels im Lande Gosen eheliche Verbindungen eingegangen waren. Bathseba, die Frau Davids und Mutter Salomos, war eine Hethiterin. Unter den Frauen des letztern waren ausländische Weiber zahlreich vertreten. Auch nach der Rückkehr aus dem babylonischen Exil hat die Sitte, nichtisraelitische Weiber zu heiraten, unter den J. fortgedauert. Zahlreiche Angehörige fremder Völker zogen nach Wiederaufbau des Tempels aus Syrien, Griechenland, Palmyra etc. nach Palästina und nahmen dort, um Jüdinnen heiraten zu können, das israelitische Bekenntnis an. Die als »pilegesh« bezeichneten Nebenweiber waren meist griechische Sklavinnen, die durch den phönizischen Handel nach Palästina eingeführt wurden. Auch zur Zeit der Römerherrschaft war nach Josephus der Übertritt zum Judentum und die Ehe zwischen J. und den Neuüber-^[folgende Seite]