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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Kolonisation, innere - Kolumbien
derten Niedcrlassungsmöglichkeit, zumal in Verbindung mit der Vervielfältigung und Verbilligung der neu Mlichen Verkehrsmittel die Weg- und Auswanderung so sehr erleichtert und begünstigt haben. Deshalb ist für Deutschland, soweit die Gegenden des Latifundien- und Großgrundbesitzes in Frage kommen (also namentlich die nördlichen und östlichen preußischen Provinzen), die Frage einer Eindämmung dieser Erscheinung mehr und mehr eine brennende geworden, und nachdem eine Anzahl Grundbesitzer schon vor längerer Zeit aus eignen Stücken mit der eigentümlichen Verleihung von Land an ihre Arbeiter erfolgreich vorgegangen sind, ja selbst die Ansässigmachung von bäuerlichen Wirten in großem Stile in die Hand genommen haben (Kolonisationsversuche des Rittergutsbesitzers Sombart), darf es als ein wichtiger sozialpolitischer Akt bezeichnet werden, wenn der Staat selber zu einem planmäßigen Vorgehen auf diesem Gebiete sich entschließt, also durch seine Gesetzgebung und sonstige Veranstaltungen der Ansässigmachung von kleinen Leuten auf den: flachen Lande, d. h. der innern K., kräftigen Vorschub leistet und, indem er einen festangesessenen Stand kleiner und mittlerer Bauern neu zu schaffen sich bemüht, zur Milderung der sozialen Klassengegensätze zu seinem Teile beiträgt. Dabei kann zur Verwirklichung des Zieles entweder diese innere K. den Charakter einer Zwangs Maßregel annehmen, indem die Ansässigmachung von bäuerlichen Wirten auf den: Wege der Enteignung von dazu ausersehenen Privatgütern erfolgt, welcher Weg wohl aber nur dann zu beschreiten ist, wenn der seitherige Zustand der landwirtschaftlichen Vesitzverteilung von schweren Gefahren für das öffentliche Wohl begleitet sich zeigt (wie etwa in Irland, für welches die neuerlichen Landgesetze die allmähliche Umwandlung der seitherigen Kleinpachter in selbständige Grundeigentümer anstreben); oder aber die innere K. vollzieht sich in der freien Weise, daß der Staat das Kolonisationswerk, sei es durch Zerschlagung von Domänenbesitz, sei es im Wege des freihändigen Aufkaufes von Gütern und Zerlegung derselben in kleinere Besitzeseinheiien, selber in die Hand nimmt oder die etwanigen Kolonisationsunternehmungen Privater durche'me entsprechende Gesetzgebung begünstigt, also das zu erstrebende Ziel unter Vermeidung radikaler Änderung der bestehenden Verhältnisse durch eine allmähliche Besserung der Mängel der Grundbesitzverfassung zu erreichen trachtet.
Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, unterscheidet sich die neuzeitliche innere 5k. sehr wesentlich von frühern Bestrebungen ähnlicher Art, insbesondere von den Kolonisationsunternehmungen, wie sie nach dem Dreißigjährigen Kriege allüberall in Deutschland, später namentlich in Preußen wieder, besonders unter Friedrich d. Gr., in Angriff genommen worden sind. Denn bei diesen Unternehmungen stand neben populationistischen Ideen das Interesse an der Wiederbf.bauung zahlloser wüst gewordener Ländereien, an der Neubesiedelung verlassener Dörfer, mit einem Worte die Rückgewinnung einer früher eingenommenen und durch die Schrecken jenes großen Krieges verloren gegangenen Bodenkultur im Vordergrund; während heutzutage ein solches Produktionsinteresse höchstens bei der Vesieoelung der mangelhaft ausgenutzten zahlreichen Moore mit tüchtigen, leistungsfähigen Wirten entscheidend in die Wagschale fällt, im übrigen aber es das sozialpolitische Interesse an einer günstigern, harmonischem Grundeigentumsverteilung ist, welches ganz vorwiegend
der Wiederaufnahme innerer K.die Wege geebnet hat.
Der glückliche Erfolg solcher Kolomsationsbestrebungen ist augenscheinlich mit dadurch bedingt, daß der kolonisierenden Stelle (Staat oder Private) wenigstens für eine gewisse Zeit ein Einfluß auf den Kolonistengewahrt bleibt, durch dessen Geltendmachung etwanigen wirtschaftlichen Verirrungen des letztern vorgebeugt werden kann; wie denn die Geschichte einzelner solcher Unternehmungen zeigt, daß, wo ein derartiger Einfluß fehlte, die neuen Kolonistenstellen, sei es durch unwirtschaftliche Zerstückelung, sei es durch rasche Häufung der Verschuldung, bald dem Siechtum verfielen und, statt eine wirtschaftliche Stütze des Großgrundbesitzes zu sein, sehr bald zu einer drückenden Last für denselben wurden, was selbstredend nicht ermutigend für ein weiteres Vorgehen sein konnte. Aber auch davon ist jener Erfolg bedingt, daß dem einzusetzenden Kolonisten die Landstelle unter Bedingungen überlassen wird, welche ein wirtschaftliches Gedeihen einigermaßen verbürgen und, abgesehen hiervon, auch den mittellosen: Elementen die Ansässigmachung erleichtern, was indessen dann vielfach nicht der Fall wäre, wenn die Ansetzung in den gewöhnlichen Formen des Kaufes geschähe, weil eben die meisten der in Betracht kommenden ländlichen Existenzen der Mittel zur baren Erlegung des Ganzen oder auch nur eines nennenswerten Teiles der Kaufschuld entbehren. Während nun aus diesem Grunde in Mecklenburg für die Ansetzung von Tagelöhnerfamilien die Form der Erbpacht gewählt worden ist, hat man in Preußen sog. Rentengüter neu in das Agrarrecht eingeführt, bei denen der Kauf gegen Rente oder gegen Entrichtung von die Kaufschuld langsam tilgenden Annuitäten stattfindet, und hat, um den an der Kolonisationsarbeit sich beteiligenden Großgrundbesitz gleichwohl alsbald in den Besitz seiner Kaufschillingsforderungen zu setzen und gleichzeitig den Kolonisten selbst unabhängiger von der kolonisierenden Stelle zu machen, die seiner Zeit für die Zwecke der Ablösungsgesetzgebung geschaffenen Rentenbanken mit der Übernahme und Verwaltung dieser Rentenschulden betraut (vgl.
Rentengüter, Bd. 18 u. 19, und Deutsche Kolonisation, in Posen und Westpreußen, Bd.
19). Vgl. Schriften des Vereins für Sozialpolitik, Bd. 32: »Zur innern K.«, und Bd. 30, Verhandlungen über diesen Gegenstand im 1.1879 und Gesetzesmaterialien zu den oben aufgeführten Gesetzen.
Kolumbien. In den Grenzstreitigkeiten mit Venezuela war das Schiedsrichteramt dem König Alfons XIII. von Spanien übertragen worden. In seinem Namen hat die Regentschaft Mitte 1891 die neuen Grenzen bestimmt, nachdem die beiden Parteien übereingekommen waren, daß der Spruch die Grenzen zu bezeichnen habe, welche 1810 das frühere Generalkapitanat Venezuela, heute Vereinigte Staaten von Venezuela, von dem Vizekönigreich Santa Fe, heute Republik von K., trennten. Die in Frage stehenden Territorien bilden eine breite Zone, welche, nördlich vom 12." nördl. Vr. auf der Halbinsel Goajira ausgehend, bis zu der ein wenig mehr als 1" vom Äquator entfernten Piedra (Felsen) del Eocuy Zieht. Die Grenzlinie wurde in sechs Sektionen geteilt. Die erste Sektion, La Goajira, geht aus von den Los Frailes genannten Bergkegeln, wobei als Anfangspunkt der Iuyachi Nächstliegende angenommen wird, in direkter Richtung über die Höhen der Berge von Oca nach der Linie, welche das Thal Uvar von der Provinz Maracaibo und dem Rio de la Acha scheidet. Die zweite Sektion, Lims