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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Lohmeyer - Lokomotive
Lohmeyer, Karl Heinrich, Historiker, geb. 24. Sept. 1832 zu Gumbinnen, seit seiner Geburt ohne Arme, studierte in Königsberg Geschichte und ward 1873 Professor an der Universität daselbst. Er schrieb: »De Richardo Angliae rege« (Königsb. 1857); »Geschichte von Ost- und Westpreußen« (1. Teil, 2. Aufl., Gotha 1881); »Hilfsbuch für den Unterricht in der brandenburgisch-preußischen Geschichte und »in der deutschen Geschichte« (mit Thomas,Halle 1886); »Herzog Albrecht von Preußen« (Danzig 1890) und übersetzte Paolis »Grundriß zu Vorlesungen über lateinische Paläographie und Urkundenlehre« (2. Aufl., Innsbr. 1889, Bd. 1).
Lokomobile. Wie eine L., die ihrer Natur nach mehr für vorübergehenden oder provisorischen Betrieb bestimmt ist, sich als Betriebsmotor einer Fabrik, die fast ununterbrochen Tag und Nacht in Betrieb ist, bewährt, zeigt folgendes Beispiel. In der Hamburger Gummikammkompanie stellte sich 1889 die Notwendigkeit heraus, für ein Fabrikgebäude einen neuen Kraftantrieb zu schaffen. Störung des Tag- und Nachtbetriebes mußte dabei vermieden werden, also war ein Abbrechen der unbrauchbar gewordenen Maschine und Aufbauen einer neuen an ihre Stelle ausgeschlossen. Da nun auch ein andrer Platz von genügender Größe zur Aufstellung einer neuen stationären Maschine nicht vorhanden war, so entschloß man sich zur Anschaffung einer größern liegenden Verbundlokomobile mit Kondensation von R. Wolf in Buckau-Magdeburg. Die Maschine, für welche 120 Pferdekräfte garantiert waren, die jedoch bis 150 Pferde leistete, wurde Anfang April 1889 in Betrieb genommen. E. Debes berichtet über die günstigen Erfahrungen, die man während der ersten zwei Betriebsjahre mit dieser L. gemacht hat.
Anschaffungskosten:
Kosten der L. einschl. eines Reserveröhrensatzes 27855 Mark
Transport, Aufstellung, Schutzgeländer, Dampf- und Wasserleitungen, 2 große Antriebsriemenscheiben von je 4 m Durchmesser u. 2 Riemen 10107 "
^[Additionslinie]
Zusammen: 38000 Mark
^[horizontaler Abstand]
Betriebskosten pro Jahr (1890):
Steinkohlenverbrauch in 5960 Arbeitsstunden 9600 hl à 1,20 Mark 11520 Mark
Maschinenwärter. Kohlenanfuhr und Kosten der Hilfswerkstatt 3750 "
Schmieröl, Twist, Soda, Packung und sonstige Materialien 1200 "
Platzmiete. Versicherung, Beleuchtung und allgemeine Kosten 1430 "
Abschreibung und Verzinsung, 10 Proz. von 38000 Mark 3800 "
^[Additionslinie]
Zusammen: 21700 Mark
Die Leistung betrug durchschnittlich 120 Pferde. Von der zum Heizen verwendeten englischen Steinkohle wiegt 1 hl 78 kg, also sind insgesamt pro Jahr verbraucht 78 x 9600 = 748,800 kg oder, da die Maschine im Jahre 5960 Arbeitsstunden machte, 748800 :^[horizontaler Bruchstrich] 5960 = 126 kg pro Stunde oder 126,9 :^[horizontaler Bruchstrich] 120 = 1,05 für 1 Stunde und 1 Pferd. 1 kg Kohle kostet 1,20 :^[horizontaler Bruchstrich] 78 Mk., also kosteten die 1,05 kg Kohlen für 1 Pferd und 1 Stunde 120 x^[Multiplikationspunkt - fehlt im Faksimile] 1,05 :^[horizontaler Bruchstrich] 78 = 1,615 Pf. Die Gesamtkosten pro Pferd und Stunde belaufen sich auf 2170000 :^[horizontaler Bruchstrich] 120 x^[Multiplikationspunkt] 5960 = 3,034 Pf., oder jede Pferdekraft kostet für den zehnstündigen Arbeitstag 30,34 Pf. Im Vergleich zu einer stationären Anlage braucht die auf dem heißen Rücken des Kessels ruhende Maschine der L. mehr Schmiermaterial, wenigstens für die Lager, Exzenter etc. Bei Tag- und Nachtbetrieb wurden monatlich verbraucht an Cylinderschmieröl 30 kg, an Maschinenöl 60kg. Wegen der Erwärmung der Maschinenteile durch den Kessel erfordert die Maschine eine erhöhte Aufmerksamkeit des Wärters, deshalb ist es ratsam, den Wärter anzulernen, während die Maschine in der Fabrik, wo sie erbaut wird, probeweise in Betrieb gestellt wird. Die Vereinigung von Maschine und Kessel gewährt eine große Beschränkung der Bodenfläche. Die alte Maschine brauchte für das Kesselhaus 200 qm, für das Maschinenhaus 100 qm, zusammen 300 qm; eine neuere stationäre Anlage würde sicher nicht unter 180 t)m brauchen, während für die L. nur 81 qHm erforderlich sind. Bedenklich erschien bei der L. als Betriebsmaschine für eine dauernd Tag und Nacht zu betreibende Anlage der Röhrenkessel, welcher ohne Herausnahme der Röhren nicht zu befahren ist, und dessen Röhren immerhin einmal eine Betriebsstörung veranlassen könnten, wenn auch nur wegen ihrer Reinigung. Aus diesem Grunde wurde sogleich ein Reserveröhrensatz mitbestellt. Wenn nun eine Reinigung des Kessels und der darin befindlichen Röhren erforderlich ist, so wird der Röhrensatz ausgewechselt. Diese Auswechselung in kürzester Zeit vornehmen zu lassen, ist einer der Hauptvorzüge der Wolfschen Lokomobilen (vgl. Bd. 10, S. 881). Um nun das Bedürfnis einer Reinigung möglichst lange hinauszuschieben, wurde die Kesselsteinbildung durch Einpumpen gesättigter Sodalösung (täglich2 kg) in den Kessel möglichst hintangehalten. Hierdurch hat man es erreicht, daß die Auswechselung des Röhrensystems nur einmal im Jahre erforderlich wird.
Lotomotive. Bei den immer größern Ansprüchen, die an die Zugkraft und Geschwindigkeit der L. gestellt werden, ist man mit den Lokomotiven der gewöhnlichen Art schon bis an die äußerste Grenze ihrer Leistungsfähigkeit gekommen, und es liegt ein dringendes Bedürfnis vor, diese Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Zwar kann man sich bei den schweren Zügen, die zur Zeit immer häufiger werden und von einer L. nicht mehr fortgeschafft werden können, durch Vorspannen einer zweiten helfen, aber dadurch werden die Betriebskosten bedeutend erhöht. Bork in Berlin beleuchtet die Mittel, die zu einer Erhöhung der Leistungsfähigkeit der L. führen könnten (Glasers »Annalen« Bd. 28). Wenn zunächst an der jetzt gebräuchlichen Achsenzahl und Belastung der L. festgehalten wird, so könnte eine höhere Leistungsfähigkeit nur durch bessere Ausnutzung der Kohle und des Dampfes herbeigeführt werden (höherer Nutzeffekt). Man könnte die Differenz zwischen der Temperatur des Dampfes im Kessel und derjenigen des entweichenden Dampfes durch Erhöhung jener und Erniedrigung dieser erreichen. Durch Steigerung der Kesseltemperatur von 190 auf 202°, entsprechend einer Druckerhöhung von den jetzt üblichen 12 Atmosphären auf 16 Atmosphären, ließe sich die Leistungsfähigkeit um 11 Proz. steigern. Eine derartige Temperatur- und Drucksteigerung würde noch innerhalb der Grenzen der Möglichkeit liegen. Eine Herabsetzung der Temperatur des abziehenden Dampfes von 105 auf 50° würde eins weitere Erhöhung der Leistungsfähigkeit um ca. 15 Proz. ergeben. Dies ließe sich nur durch Kondensation erreichen, deren Einführung bei der L. wohl als aussichtslos zu betrachten ist. Wesentliche Verluste führen bei der gewöhnlichen Bauart der L. die Drosselung des Dampfes infolge des langsamen Schließens der