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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Meteorologenkongreß (München 1891)
Weyprechtschen Plane auszuarbeiten. Infolge dieser Konferenz bildete sich eine internationale Polarkommission, die mehr oder weniger unabhängig vom internationalen Komitee arbeitete und das Unternehmen glücklich zu Ende geführt hat. Im weitern Verfolg der Kongreßbeschlüsse berief das Komitee die internationale Konferenz für land- und forstwirtschaftliche Meteorologie, welche im September 1880 in Wien tagte. Das Komitee selbst wurde von seinem Bureau zu vier Versammlungen einberufen, nämlich 1880 nach Bern, 1882 nach Kopenhagen, 1885 nach Paris und 1888 nach Zürich.
Ohne Zweifel bildete das Komitee in seiner neunjährigen Thätigkeit den geistigen Mittelpunkt für die Fortschritte der Meteorologie. Aus seinem Schoße gingen die neuen »Internationalen meteorologischen Tabellen < hervor. Die Schaffung einer allgemeinen Bibliographie wurde vom Komitee unter Beiziehung von Hellmann in Berlin eingehend besprochen. Hellmanns ^Repertorium« leistetewenigstensfür Deutschland, was für die Gesamtheit der Wissenschaft angestrebt war, und die Zentralstelle der Meteorologie in den Vereinigten Staaten beschäftigt sich eben mit der Herausgabe dieses großen Werkes.
Da sich herausgestellt hatte, daß ein Kongreß von offiziell abgesendeten Delegierten unter Umständen schwieriger arbeitet als ein Kongreß mit rein wissenschaftlichem Charakter, so ergab sich mehrfach eine gewisse Abneigung gegen die Berufung eines Kongresses vom Charakter der beiden ersten. In anbetracht dessen erachtete das Komitee sein Mandat für erloschen und löste sich auf. Es ernannte jedoch ein Bureau (Wild in Petersburg und Scott in London), welches zu gelegener Zeit eine internationale Versammlung der Direktoren der verschiedenen meteorologischen Beobachtungssysteme zusammenberufen sollte. Daraufhin berief das Bureau 1891 eine Versammlung nach Münch en und versandte zugleich ein vorläufiges Programm, das 32 Punkte enthielt.
Diese Konferenz tagte 26. Aug. bis 2. Sept. 1891, und ihre erste, geschäftlichen Dingen gewidmete Sitzung wurde mit einer Ansprache von Wild eröffnet. In der zweiten Sitzung referierte Wild über Normalinstrumente und deren Vergleichung.
Nach eingehender Diskussion beschloß die Konferenz, daß die Barometer von Nachbarländern miteinander verglichen und die Resultate dieser Vergleichungen veröffentlicht werden sollen. Vergleichungen der einzelnen Barometer mit jenem des internationalen Bureaus für Maße und Gewichte in Paris wurden als wünschenswert bezeichnet. Hinsichtlich der Temperaturbestimm un gen wurde beschlossen, daß die Temperaturen auf das Luftthermometer bezogen werden sollen, welche Definition besonders für sehr tiefe Temperaturen wichtig ist. Bezüglich der Extremthermometer traf man die Bestimmung, daß in den Publikationen der meteorologischen Institute die Stunde der Ablesung stets anzugeben sei. In Beantwortung einer das Studium der Radiation betreffenden Frage fand die Konferenz, daß unerachtet der großen Fortschritte in dieser Richtung die aktinometrischen Methoden immer noch nicht genügend sichergestellt sind, um irgend eine derselben zur Einführung in den regelmäßigen Beobachtungsdienst empfehlen zu können. Bezüglich der Methoden der Hygrometrie war die Konferenz der Ansicht, daß die vom Kongreß in Rom getroffene Vereinbarung, soviel wie irgend möglich eine regelmäßige Ventilation für die Bestimmung der Feuchtigkeit der Luft Meyers Konv.-Lexikon. 4. Aufl.. XIX. Vd.
vermittelst des Psychrometers anzuwenden, zur Zeit noch nicht zu modifizieren sei. Hinsichtlich der Definition des Niederschlagstags einigte man sich nach eingehender Diskussion dahin, daß in den Zui sammenstellungen besonders die Zahl der Tage mit wenigstens 0,i min und, wenn es möglich ist, auch von mindestens 1 mm Niederschlagshöhe einschließlich zu geben ist. Da auch eine Frage bezüglich der Taumessung aufgeworfen war, äußerte sich die Konferenz dahin, daß man in Ermangelung eines besondern Instruments für die Taumessung auf den Stationen 2. Ordnung den durch Regen und Tau erhaltenen Niederschlag unterschiedslos in der Spalte für Niederschlag anzugeben pflege. Die Konferenz würde es aber für sehr nützlich erachten, wenn an Orten mit starker Taubildung besondere Untersuchungen über die Quantität desselben für sich angestellt und veröffentlicht würden. Sodann referierte Neumayer-Hamburg über die Prinzipien, welche bei der Verteilung von Stationen über ein Untersuchungsgebiet zu beachten sind, besonders für das genauere Studium der Tagesperiode des Niederschlags. Bezüglich der Stunden, zu welchen die Messung des Niederschlags vorzunehmen ist, sowie der Regeln über die Aufstellung des Regenmessers nahm die Konferenz keine Änderungen der bisherigen Vorschriften vor.
Besondere Aufmerksamkeit wendet man in neuerer Zeit den Beobachtungen über Dauer und Intensität der Schneedecke zu. Die Konferenz beschloß, Mitteilungen über die zur Zeit angewendeten Messungen dieses Elementes zu sammeln und in der spätern Ausgabe ihres offiziellen Protokolls zu veröffentlichen. Nach einer eingehenden Besprechung der Instrumente, welche zur Registrierung des Sonnenscheins dienen, sprach die Konferenz den Wunsch aus, daß diese Registrierung möglichst ausgedehnt werde. Bezüglich der Frage, ob bei der Abschätzung des Bewölkungsgrades das ganze sichtbare Himmelsgewölbe oder nur eine Zone um den Zenith in Betracht zu ziehen sei, konnte die Konferenz nur empfehlen, vergleichende Beobachtungen nach beiden Methoden zu machen.
Eine sehr lebhafte Diskussion entspann sich bezüglich der Vorschläge über die Klassifikation der Wolken, und schließlich nahm die Konferenz den Antrag an, die Einteilung der Wolken nach dem System von Abercromby und Hildebrandsson (s. Wolken, Bd.
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