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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Nazareth; Neapel; Nebel

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Nazareth - Nebel

Allgemeinen zum Besondern, und die selbständige Schülerthätigkeit beginnt später mit Bestimmungsübungen. Lüben will Tier mit Tier, Pflanze mit Pflanze verglichen haben, Leunis vergleicht beide mit der betreffenden Beschreibung.

Die amtlichen Lehrpläne von 1856 und 1859 für die Mittelschulen in Preußen berücksichtigen teils die Forderungen Lübens (Ausgehen von Einzelwesen und Vergleichen solcher), teils diejenigen Leunis’ (Bestimmungsübungen in Tertia). In der neuesten Zeit tritt die Forderung der Biologie und des Zurückgehens wenn möglich auf die Ursachen auf, und zwar vielfach um so lauter und anmaßender, je schwächer die vorgebrachten Gründe sind.

Man argumentiert etwa so: Das noch jetzt allgemein (?) gebräuchliche trockene Beschreiben und Systematisieren nach Lübenscher Manier ertöte bald das Interesse und führe auch nicht zum Verständnis der Erscheinungen; es komme darauf an, das Tier an dem Wohnort aufzusuchen, dort zu beobachten, wie es leibt und lebt, d. h. in allen Beziehungen zur gesamten Umgebung zu erforschen, denn nur dadurch werde man auf den Zusammenhang der Erscheinungen, auf die letzten Ursachen geführt, dadurch wieder werde das Interesse geweckt und wachgehalten.

Dem ist entgegenzuhalten: Es ist ein Irrtum, von der allgemeinen Verbreitung solcher Lübenschen Manier in der Gegenwart zu reden, thatsächlich hat sie kaum je, außer bei Lüben, in strikter Form bestanden; thatsächlich sind jetzt in bessern Lehrbüchern die Lebewesen nicht trocken beschrieben und systematisiert, sondern es werden dieselben, soweit thunlich und didaktisch zu verantworten, auf dem Hintergrund ihres Wohnortes in den Hauptkennzeichen und Beziehungen beschrieben, es werden auch biologische Momente, die zur Verknüpfung der Einzelfälle dienen, einbezogen und die Erscheinungen auch nach ihrem Zusammenhang, z. B. die Wechselbeziehungen zwischen Organ und Funktion, die Abhängigkeit der Blütengestaltung vom Insektenbesuch etc. verfolgt; thatsächlich ist die gegenwärtige Methode eine wesentlich andre als die von Lüben vorgeschlagene. Auch wird das Systematisieren nichts weniger als der Zweck des Unterrichts betrachtet; das System ist nur ein Mittel, allerdings ein unentbehrliches, für den Zweck (s. oben). Was nun das Erklären der Erscheinungen betrifft, so kann in der Naturgeschichte im allgemeinen nur wenig, in der Schule aber hiervon so gut wie nicht die Rede sein, weil hier die Unterlagen und die Zeit fehlen. So bereit auch jeder erfahrene Schulmann sein wird, Vorschläge zu wirklichen Verbesserungen der Methode anzunehmen und zu probieren, dazu dürfte sich kaum ein Fachlehrer verstehen, das der Naturgeschichte eigne formale Bildungsmoment preiszugeben oder wenigstens in den Hintergrund drängen zu lassen, das formale Element, aus dem das Fach seinen Rechtsgrund für die Schule herleitet, großenteils über Bord zu werfen und dafür eine Ladung materieller Elemente, die sich etwa an die Wörter Deszendenztheorie, Selektionshypothese, Lebensgemeinschaft anschließen, als Fracht aufzunehmen, deren Wert zum Teil nicht einmal feststeht, deren geistiger Vertrieb, selbst wenn die Zeit es zuließe (was nicht der Fall ist), jedenfalls mit enormen Schwierigkeiten und Gefahren verknüpft wäre.

Nazareth (arab. e’-Nâsira), die galiläische Stadt, ist kürzlich durch G. Schumacher genau untersucht worden. Die Altstadt liegt in einem wasserarmen Thalkessel, die neuern Stadtteile ziehen sich terrassenförmig die Berge hinauf und das dem Kison tributäre Thal hinab, so daß der niedrigste Punkt 360 m, der höchste 450 m über dem Meere liegt. N. zählt sieben Stadtviertel (hâra), an deren Spitze ein oder mehrere Bevollmächtigte stehen, welche die Steuern eintreiben und Gemeindeangelegenheiten mit der Regierung zu ordnen haben. Es gibt 11 Kirchen, 1 Moschee, 5 mohammedanische Heiligtümer, 7 Klöster, ca. 15 Schulen, 3 christliche Wohlthätigkeitsanstalten, 5 Karawanseraien, 2 Hotels. 1891 belief sich die Bevölkerung auf rund 7500 Seelen; sie hat sich in den letzten 20 Jahren um ein starkes Drittel vergrößert, und zwar aus sich selbst heraus. Sie setzt sich zusammen aus 2870 Griechisch-Katholiken, 1310 Latinern, 950 unierten Griechen, 252 Maroniten, 212 Protestanten und 1825 Mohammedanern; Juden werden dort nicht geduldet, dagegen fassen neuerdings die Russen festen Fuß. In Sitten und Sprache unterscheiden sich die Nazarener von den umwohnenden Fellachen; ihr Charakter und namentlich ihre Gastfreundschaft wird gerühmt. Das bisherige gute Einvernehmen zwischen Christen und Moslems hat neuerdings von letzterer Seite Störungen erfahren. Die Bewohner treiben Ackerbau, Viehzucht, Handel (besonders Getreide, Ellen- und Spezereiwaren) und namentlich Gewerbe, mit deren Erzeugnissen die umwohnenden Fellachen versorgt werden. Von Bethlehem abgesehen, gibt es kein zweites so industrielles Städtchen in Palästina wie N., besonders stark vertreten sind Schmiede, Steinhauer, Schreiner, Gärtner etc. Großen Ruf haben die dort gefertigten arabischen Pflüge, Joche und Pfeifenköpfe. Im ganzen ist N. wohlhabend, wenn es auch unter dem allgemeinen Niedergang des Bauernstandes zu leiden hat. N. ist Sitz eines türkischen Kaimakams und hat ein Post- und Telegraphenamt mit internationalem Verkehr.

Neapel. Im J. 1890 sind im Hafen von N. 1641 Dampfer von 1,488,853 Ton. und 2069 Segelschiffe von 139,743 T. ein- u. 1637 Dampfer von 1,504,486 T. nebst 2070 Segelschiffen von 148,765 T. ausgelaufen. Im J. 1890 hat sich eine neue italienisch-englische Postdampfschiffahrtsgesellschaft gebildet, deren Schiffe unter italienischer Postflagge monatlich drei direkte Eilfahrten zwischen N., Palermo und London machen und den Weg von N. nach London in neun Tagen zurücklegen.

Nebel. Über die berüchtigten dunklen N., unter welchen London wie andre größere Industriestädte Englands leidet, hat Russel Mitteilungen gemacht. Das insulare Klima Englands bedingt es, daß die zur Nebelbildung erforderliche Feuchtigkeit der Luft fast stets vorhanden ist, und ebensowenig fehlt es an den Staubpartikelchen, auf welche sich aus der mit Feuchtigkeit gesättigten Luft das verdichtete Wasser niederschlägt. Diese Staubpartikelchen stammen aus den Feuerungen und dem Straßenverkehr. Da außerdem auch alle sonstigen Verunreinigugen der Stadtluft durch den N. niedergerissen^[Anmerkung: wahrscheinliches Wort, nicht eindeutig zu lesen] werden, so finden sich in dem Niederschlag, wie er nach starkem N. auf Glasdächern zurückbleibt, 42,5 Kohle, 41,5, mineralische Stoffe, 4,5 Asche, 4,8 organische Basen (Pyridin etc.), 4 schweflige Säure, 0,8 Salzsäure, 1,1 Ammoniak. Die Menge des Niederschlags kann sich auf sechs Ton. für eine englische Quadratmeile belaufen. Der ungünstige Einfluß, den der Aufenthalt in Luft, die derartig mit Verunreinigungen beladen ist, ausübt, wird noch dadurch erhöht, daß der N. das Tageslicht und namentlich die chemisch wirkenden blauen und violetten Strahlen desselben zurückhält. Nach den Berichten des meteorologischen Amtes nehmen diese N. beständig zu. Während auf einen bestimmten Zeit-^[folgende Seite]