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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Nikolaus; Nilaal; Niobe-Expedition; Nonne

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Nikolaus - Nonne

Nikolaus, 10) N. Nikolajewitsch, Großfürst von Rußland, starb 24. April 1891 geisteskrank in Alupka in der Krim.

Nilaal, s. Fische.

Niobe-Expedition, s. Maritime wissenschaftliche Expeditionen.

Nonne. Der von der bayrischen Forstverwaltung mit großer Umsicht in Szene gesetzte und mit ebensoviel Energie durchgeführte Kampf gegen die Nonnenraupe, die 1890 schwer schädigend in einzelnen bayrischen Forsten aufgetreten, hat im großen und ganzen zu sehr guten Ergebnissen geführt. Im Ebersberger Park hatten 1890: 4921 Hektar unter Fraß zu leiden, von denen 1900 kahl gefressen wurden, so daß 1,200,000 Klafter Holz zum Einschlag kamen und aus dem Forste herausgeschafft werden mußten. Ganz hervorragende, mit bedeutenden Kosten verknüpfte Anstrengungen wurden gemacht, um möglichst viel Feinde zu vernichten und, wenn schon dem Fraße von 1890 nicht mehr Einhalt zu thun war, so doch die Fortpflanzung zu hindern und die Kalamität für das nächste Jahr zum Stillstand bringen zu können. Die Vertilgungsmaßregeln beschränkten sich nach den bisher gebräuchlichen Methoden auf möglichst zahlreiche Vernichtung der Eier, Raupen, Puppen und Schmetterlinge mittels Sammeln der Tiere, Vernichten des befallenen Unterwuchses und ähnliche Maßregeln (Bd. 18). So gut sich auch einzelne dieser Maßregeln bewährten, so war dennoch, obwohl Hunderttausende und Millionen Nonnen in allen Entwickelungsstadien auf diese Weise getötet wurden, keine Abnahme zu bemerken, und es war zuletzt fast allgemeine Überzeugung, daß man einen fruchtlosen Kampf führe und ein Ende der Kalamität nur von der Natur zu erwarten sei, daß alle Gegenmaßregeln, deren Kosten für den Ebersberger Park (Forstämter Anzing und Ebersberg) 32,429 Mk. betrugen, umsonst seien. Dazu kam, daß die N. 1890 zum erstenmal in dieser Ausdehnung in Fichten Waldungen schädigend auftrat, und daß alle zu ihrer Bekämpfung bisher entwickelten Methoden sich auf die Kiefer bezogen, die ganz andre Bedingungen bietet als erstere Holzart. Auch an leitender Stelle herrschten zwei Strömungen, von denen die eine alles von der Natur erhoffte, während die andre, welche schließlich die Oberhand gewann, selbst zugreifen wollte. Daß für 1891 ein noch weit größerer Nonnenfraß zu erwarten sei, ergaben die Unmassen von Eiern, mit denen in den betroffenen Wäldern die Stämme belegt waren; 50-60,000 Eier auf einem Baume galten für eine mäßige Belegung, an probeweise gefällten Stämmen hat man 150-200,000 Eier und darüber gezählt. Der für den Nonnenfeldzug entworfene Kriegsplan bedeutete aber zugleich eine völlige Umwandlung der Methodik in der Bekämpfung dieses Insekts, indem im größten Maßstab das sogen. Leimen der Bäume angewandtwurde. Die Veranlassung hierzu gaben die 1890 im Dürrnbucher Forst in Niederbayern gemachten Erfahrungen, wo die von Oberforstrat Huber eingeschlagene neue Bekämpfungsweise überraschend glänzende Erfolge erzielt hatte. Es wurde im Dürrnbucher Forst zunächst die auf ca. 746 Hektar sich bemessende Ausdehnung des Fraßgebietes festgestellt sowie konstatiert, daß von einem Tage auf den andern die Peripherie des Fraßes hinausrücke, indem die Raupen in den dichten Unterbeständen von Zweig zu Zweig krochen, in den lichtern Hauptbeständen abstiegen und anderswo wieder aufsteigend den Fraß fortsetzten, kurz, wandernd sich ausbreiteten. Auf diese Beobachtung hin wurde im Dürrnbucher Forst der Kampf unter zwei Gesichtspunkte gestellt: erstens das Weiterschreiten des Fraßes an der Peripherie aufzuhalten, zweitens durch Einschlag des dichten Unter- und Nebenbestandes so viele Raupen und Puppen wie möglich zu vertilgen. Zu dem erstern Zwecke nun wurde an der Grenze des Fraßgebietes auf einem Streifen von 30-40 m Breite jeder Baum mit einem Ringe von Raupenleim versehen, nachdem er vorher an gleicher Stelle "gerötet", d. h. glatt gemacht worden war. Bei der Arbeit des Einhauens von Unterbeständen, die mitsamt den in ihnen befindlichen Raupen und Puppen durch Feuer vernichtet wurden, stellte man zugleich weibliche Arbeiter an mit Strauchbesen und stumpfen Besen, die an langen Stangen befestigt waren, um die von dem abgeschnittenen Neben- und Unterbestand abgefallenen und wieder aufbaumenden Raupen sowie d:e sonst wandernden und wieder aufsteigenden Raupen abzukehren und zu vernichten. Der Erfolg war ein überraschender, indem, obwohl der Kampf erst mitten im Hauptfraß der Raupe begann, nicht nur das Fraßgebiet eingedämmt wurde, sondern sogar ein Teil des schon in Fraß genommenen Bestandes noch gerettet wurde, so daß der Abschlag ein verhältnismäßig geringer war. Mit gleicher Energie wurde während des Falterflugs mit Vertilgung der Schmetterlinge vorgegangen, womit täglich 230 Schulkinder und 530 Tagelöhner beschäftigt waren; es erwies sich demgemäß auch die Belegung mit Eiern im Dürrnbucher Forst weit geringer als im Ebersberger Parke, indem die Durchschnittszahl 5000 Stück betrug und als Maximalzahl im stärksten Fraßgebiet an einer 18 m langen kahl gefressenen Fichte von 24 cm mittlerm Durchmesser 10,961 Eier gefunden wurden. Im Dürrnbucher Forst konnte demnach der Krieg als gewonnen angesehen werden. Die Kosten dieses Feldzugs beliefen sich auf 46,756 Mk. Der Vorteil des Leimens besteht in der großen Neigung der Nonnenraupe, ihre Futterpflanze zu verlassen; schon als ganz junge Raupe läßt sie sich an einem Gespinst herab, und auch als erwachsene Raupe verläßt sie bei Wind oder schlechtem Wetter oder auch ohne äußerlich sichtbare Veranlassung ihren Futterbaum, um in Kürze an ihm oder einem andern Baume wieder emporzusteigen. Hieran werden sie nun durch den Leimring verhindert; der Leimring wirkt jedoch nicht festhaltend, sondern abwehrend; die Raupen stutzen vor ihm, sie scheuen die Besudelung oder den Geruch; in breiten, dicken Gürteln sitzen sie ober- und unterhalb der Leimringe und können nun leicht zerdrückt oder abgekehrt werden. Werden die Bäume "hoch geleimt" (6 m), so wird schon den ausschlüpfenden Räupchen der Weg zum Futterplatz abgeschnitten. Bis Ende April 1891 nun war in allen von der N. bedrohten bayrischen Forsten die Anlage der Leimringe ausgeführt, und man erreichte, daß an Nadelbäumen 60 Proz., an Buchen sogar 90 Proz.nder Raupen vernichtet wurden. Die Abwickelung der Vorgänge bei der Vernichtung der Raupe wird durch drei Stufen gekennzeichnet. Zunächst waren schon in der ersten Hälfte des Mai Milliarden von abspinnenden jungen Raupen (Spiegelraupen) in den Beständen unter den Leimringen festgehalten und in dichten, bis zum Fuße der Stämme reichenden Gespinsten, den sogen. Schleiern, dem Hungertode preisgegeben. Mit Eintritt der ersten Häutung ergab sich eine weitere Entlastung der Baumkronen von den allmählich gefräßig gewordenen Raupen