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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Wildschaden (Bestimmungen über die Ausübung der Jagd)
Tvurde. Das einmal gegebene Beispiel der Ausschlie- ^ ßung von der Jagd half die Entwickelung des Jagd-! regals fördern. Vielfach wurde ein solches Iagdre-! gal als thatsächlich zu Recht bestehend anerkannt, in- z dem unter die landesherrliche Polizeigewalt in Jagd- ! sachen auch eine ausschließende Befugnis zur Iagdausübung gerechnet und die Iagdrechte des Adels als auf eingeräumten Vorrechten und Verleihungen beruhend aufgefaßt wurden. Bei den damaligen gegesellschaftlichen Zuständen wurde das von geistlichen und weltlichen Großen mit Leidenschaft betriebene Jagen zu einer Pein für Bauernstand und Landwirtschaft. Die Jagdordnungen des 16. und 17. Jahrh, erstrebten meist Pflege und Erhaltung, seltener eine zweckmäßige Verminderung des Wildstandes. Sie verboten unweidmännisches Jagen (Anwendung von Schlingen, Fallen :c.), setzten bestimmte Zeiten zur Ausübung der Jagd fest (Schonzeit), erließen außerdem aber auch Anordnungen zur Sicherung des Wildes auf seinen Standorten gegen unzweckmäßiges Verjagen in der Setzzeit (z. B. durch das Walduerbot, d. h. das Verbot, den Wald zu betreten), über Anwendung der zum Schutze gegen W. zulässigen Mittel unter Ausschließung von ftir das Wild schädlichen (spitze Zäune, Hechten und Beknüttelung der zum Verscheuchen des Wildes benutzten Hunde 2c.). Der dem Landwirt gebotene und gewährte Schutz war oft ein fehr mäßiger. Wurde es doch schon als Gnade betrachtet, wenn man dein Bauer die Erlaubnis erteilte, sich mit guter Bescheidenheit« zu schützen. Allgemein waren die Klagen über den »Iagdteuffel und über Wild- und Jagdschaden. Ein Ersatz für diesen Schaden wurde gewöhnlich nicht gewährt.
Bei geordneten Rechtszuständen bildete sich jedoch mit der Zeit in Anlehnung an die römisch-rechtliche kctio I6«'ig ^.lMi1in6 der Grundsatz aus, daß Ersatz zu leisten sei, wenn ein übermäßiger Wildstand vom Iagdbcrechtigten gehegt werde. Derselbe fand aus: drückliche Anerkennung im preußischen Allgemeinen Landrecht (I. 9, tz 141 -147), nach welchem keine Ersatzpflicht bestand, wenn Hochwild nur in gewöhnlicher Menge gehalten wurde. Wer solches in ungewöhnlicher Menge hegen wollte, mußte die zum Schutze der angrenzenden bebauten Ländereien erforderlichen Veranstaltungen treffen. Wer in Anlegung und Unterhaltung der letztern nachlässig war, der haftete für den infolgedessen in der Nachbarschaft entstandenen Schaden. Anders gestaltete sich die Sache mit der Rechtsbildung der neuern Zeit. Der altgermanische Grundsatz, nach welchem das Jagdrecht ein Zubehör zum Grundeigentum ist, kam in Frankreich 1789 wieder zur Geltung. Aufrecht erhalten im ^'oäe Na^ol^ou <, wurde er seit 1801 auch auf dein linken Rheinufer anerkannt. Im übrigen Teil von Deutschland, ebenso in Österreich, vollzog sich der gleiche Prozeß in den Jahren 1848 und 1849. In einigen Ländern wurde das Jagdrecht auf fremdem Grund und Boden ohne alle Entschädigung ausgehoben, in andern wurde dagegen für Rechte, welche auf Grund lästiger Verträge erworben worden seien, ein Anspruch auf Entschädigung zuerkannt, während die übrigen ohne Entgelt beseitigt wurden.
In mehreren Ländern wurde anfänglich lediglich der Rechtszustand der ältesten Zeit durch Beseitigung aller Beschränkungen mit Einschluß auch der Schonzeit wiederhergestellt (so in Preußen durch Gesetz vom 31. Okt. 1848). Bestimmungen über die Verpflichtung zum Ersatz vom W. waren nicht erforderlich, weil jetzt jeder Grundeigentümer in den Stand
gefetzt war, durch Vertilgung oder wirksame Verscheuchung des Wildes sich selbst zu schützen.
In Frankreich, wo zwar schon 1790 Jagdschein und Schonzeit eingeführt wurden, aber dem Grundeigentümer das Recht zu jagen verblieb, stellte die Rechtsprechung den Grundsatz auf, wenn jemand auf seinem Grundstücke Veranstaltungen treffe, wodurch für die nachbarlichen Ländereien ein erheblicher Schade entstehe, so sollten die geschädigten Nachbarn verlangen können, daß jener entweder selbst den Grund dieser Klage beseitige oder ihnen gestatte, auf seine Grundstücke überzutreten und dort auf ihre Kosten die Ursachen der Klage abzustellen. Kommt er weder der einen noch der andern Aufforderung nach, so ist er für den dem'Nachbar aus seinen Veranstaltungen erwachsenden Schaden ersatzpflichtig. Diese Pflicht bebesteht demnach auch für diejenigen Grundbesitzer, welche in reservierten Jagden Wild hegen.
Nun hatte man bei Aushebung des Iagdregals und der Iagdgerechtigkeiten vielfach die richtige Grenze überschritten, indem man sich im wesentlichen damit begnügte, Rechte, welche als drückend und der Kultur hinderlich betrachtet wurden, einfach zu beseitigen, ohne eine der neuen Gestaltung der Dinge entsprechende Regelung der Jagd und ihrer Ausübung herbeizuführen. Bei dieser Lage der Gesetzgebung waren nicht allein Gefahren für die öffentliche Sicherheit, Personen wie Eigentum, zu besorgen, fonoern es stand auch eine Vernichtung des Wildstandes zu befürchten. Hiergegen fuchte man sich, ohne das Recht vom Grundeigentum zu sondern, durch Bestimmungen über die Ausübung der Jagd zu helfen. Dieselben gipfeln im wesentlichen darin, daß die Jagd nicht von einer zu großen Zahl von Personen auf einem kleinen Gebiet betrieben werde. Die Ausübung des Jagdrechts auf eignem Gelände wird darum nur gestattet, wenn der Besitz ein bestimmtes Mindestmaß erreicht, bez. in dem mit dem Wohnhaus verbundenen Hof und Garten, dann auch auf kleinern Grundstücken, sofern dieselben eingefriedigt sind, ebenso auf Seen, Teichen, Inseln 2c. Der Besitz soll ein zusammenhängender, nicht durch fremde Grundstücke unterbrochener sein. Bei gemeinschaftlichem Eigentumdarfdie Jagd gewöhnlich höchstens von drei Personen betrieben werden; Gemeinden und Korporationen sollen das Jagdrecht auf ihrem eignen Gelände nur durch Verpachtung oder durch einen angestellten Jäger ausüben. Alle übrigen Grundstücke, auf denen der Iagdbesitzer zur eignen Ausübung der Jagd nicht befugt ist, werden zu gemein s ch a f t l i ch en I a g d b e z i r k e n vereinigt. Die Bildung solcher Bezirke steht meist den Gemeindebehörden zu. Die letztern können die Ausübung der ihnen zugewiesenen Jagd gänzlich ruhen lassen (Preußen), oder sie haben dieselbe in der Re^el zu verpachten oder (und zwar in Bayern in bestimmten Ausnahmefällen, ähnlich in Baden) durch eigens bestellte Sachverständige (Jäger) verwalten zu lassen. Die Reineinnahmen, welche Verpachtung oder eigne Verwaltung abwerfen, werden nieist nach Maßgabe der Ausdehnung ihres Besitzes an die einzelnen Grundeigentümer verteilt; in einigen Ländern (Hessen und im Gebiete des ehemaligen Kurfürstentums Hesfen) fließt der Ertrag in die Gemeindekasse. Die von großern Waldungen umschlossenen Grundstücke, welche zusammen das Mindestmaß nicht erreichen, werden in Preußen den gemeinschaftlichen Jagdbezirken nicht zugeschlagen, sondern die Besitzersind verpflichtet, die Ausübung der Jagd auf denselben dem Eigentümer des Waldes auf dessen Verlangen gegen