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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Aachen

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Aachen'

Bildungs- und Vereinswesen. Technische Hochschule für Rheinland und Westfalen, eröffnet 10. Okt. 1870, hatte im Wintersemester 1892/93 222 Studierende, 51 Hospitanten, 28 Professoren, 10 Docenten und 17 Assistenten; königl. und städtisches kath. Kaiser-Karls-Gymnasium, 1805 eröffnet, königl. paritätisches Kaiser-Wilhelms-Gymnasium, höhere kath. Stiftsschule (3 Gymnasial- und 2 Vorklassen), städtisches Realgymnasium, Realschule mit Fachklassen für technische Gewerbe, Lehrerinnen-Bildungsanstalt, Vereins-Taubstummenanstalt (1838 gegründet), 2 städtische höhere Mädchenschulen, höhere Mädchenschule Burtscheid-Aachen, gewerbliche Zeichen- und Kunstgewerbeschule, gewerbliche Fortbildungs-, gewerbliche Tagesschule, Webeschule, 2 Mädchen-Mittelschulen. Mit dem Suermondt-Museum (Barth. Suermondt, gest. 1887), einer Sammlung von Gemälden vortrefflicher Niederländer, von Waffen und kunstgewerblichen Erzeugnissen, ist eine dauernde Gemäldeausstellung verbunden; in demselben Gebäude die Stadtbibliothek (85000 Bände), im sog. Gras-Hause (Kurie Richards von Cornwallis) das städtische Archiv. Daneben bestehen 6 öffentliche Bibliotheken, zahlreiche Kunst- und naturhistor. Privatsammlungen, das 1885 gegründete Zeitungsmuseum (s. d.), ein Stadttheater (Oper, Schauspiel) mit 1300 Plätzen und ein Saisontheater (Lustspiel und Operette). Unter den zahlreichen Vereinen und Gesellschaften seien erwähnt der Verein für Kunde der Aachener Vorzeit, Geschichts-, Museumsverein, ärztlicher Leseverein, Aachener Architekten- und Ingenienrverein, Aachener Bezirksverein deutscher Ingenieure, Verein für die berg- und hüttenmännischen Interessen im Aachener Bezirk, Verein deutscher Nadelfabrikanten (Sitz zu A.), Bienen- und Seidenzucht-, Gewerbeverein für A., Burtscheid und Umgegend, Bürgerkasino, Erholungsgesellschaft, Freimaurerloge. Alle 3 Jahre (zuletzt 1894) werden in A. die berühmten niederrhein. Musikfeste abgehalten. 1890 erschienen 15 Zeituugen und periodische Blätter.

Wohlthätigkeitsanstalten. Mariahilf-Hospital (unter Leitung der Elisabetherinnen), Luisen-Hospital (unter Leitung von Diakonissen), Vincenz-Hospital für Unheilbare, die Irrenanstalt Mariaberg der Alexianer, seit 1895 von der Provinz verwaltet, die Annunciatenanstalt für weibliche Irre, die Mariannen-Entbindungsanstalt, Augenklinik, das Armen- und Waisenhaus der Barmherzigen Schwestern, Erziehungsanstalt der Franziskaner für arme Knaben, die der Schwestern vom Kinde Jesu, 8 Kinderbewahranstalten, je 2 städtische Turn-, Schwimmanstalten u.a.

Industrie. Schon im Mittelalter war die Industrie bedeutend und wird in neuerer Zeit besonders durch die in der Umgegend erschlossenen mächtigen Steinkohlenlager (s. die Nebenkarte zur Karte: Rheinprovinz, Westfalen u.s.w. I. Nördlicher Teil) gefördert. Bereits im 12. Jahrh. waren die Gold-, Silber-, Ciselier- und Gravierarbeiten sowie gewebte feinere Tuche berühmt; jetzt giebt es 114 Tuchfabriken (2200 Arbeiter) und Streichgarnspinnereien, 15 Kratzen-, 24 Nadel-, 15 Cigarrenfabriken, 45 Eisengießereien und Maschinenfabriken; Fabriken für Luxus- und Eisenbahnwagen, Dampfkessel, Tuchschermesser, Handschuhe, Glasknöpfe, Farben, Soda, Cement, Leder und Treibriemen. A. ist Sitz der 24. Sektion der Fuhrwerks-, der 6. der Rheinisch-Westfälischen ↔ Baugewerks-, der 6. der Rheinisch-Westfälischen Textil-, der 5. der Rheinisch-Westfälischen Hütten- und Walzwerks-Berufsgenossenschaft und der 7. der Berufsgenossenschaft für Feinmechanik.

Handel. A. ist seit langem ein wichtiger Handelsplatz; im 14. Jahrh. hatten die Aachener in Antwerpen und Venedig bedeutende Lagerhäuser. Außer in den Erzeugnissen seiner Industrie hat es in Wolle, Getreide, Wein, Leder, Rauch- und Pelzwaren, Holz, Metallen und Steinkohlen bedeutenden Verkehr; ferner besitzt es viele größere Buch-, Kunst- und Musikalienhandlungen, eine Reichsbankstelle, Handelskammer für A. und Burtscheid, Gewerbekammer, Diskontogesellschaft, Bank für Handel und Gewerbe, Bergisch-Märkische Bank, 2 Vorschußvereine, Konsulate für das Königreich Belgien, die Argentinische Republik und die Vereinigten Staaten von Amerika. Unter den Versicherungsgesellschaften ist zu nennen die Aachener und Münchener Feuerversicherungsgesellschaft (1825 von Hansemann gegründet), ferner die Aachen-Leipziger Feuerversicherungsgesellschaft und die Aachen-Leipziger Versicherungs-Aktiengesellschaft.

Verkehrswesen. Der Verkehr wird vermittelt durch die Bahn A.-Maastricht (36,90 km, Bahnhöfe Marschierthor und Templerbend) und die Linien A.-Jülich (27,54 km, Bahnhof Kölnthor), Langerwehe-A.-Herbesthal (36,75 km, Rheinischer Bahnhof), A.-Rheydt (54,08 km, Bahnhöfe Marschierthor und Templerbend) der Preuß. Staatsbahnen und die Güterbahn A.-Rote Erde (6,81 km) mit Nebenbetrieb, die Linien der elektrischen Straßenbahn (1895 eröffnet) nach Haaren, Forst, Burtscheid und Vaals; ein Postamt erster Klasse und fünf andere Postanstalten, ein Telegraphenamt, Fernsprecheinrichtung innerhalb der Stadt und mit Burtscheid, Düren, Köln, München-Gladbach und Düsseldorf; über 100 Droschken.

Mineralquellen. Die Aachener Mineralquellen, schon zur Römerzeit benutzt, gehören zu den alkalisch-muriatischen Schwefelthermen und kommen ihren Wärmegraden nach den Thermen in den Pyrenäen, ihrem Gehalt an Salzen nach denen von Wiesbaden und Karlsbad nahe. Sie entspringen auf dem Übergangsgebirge (Grauwackenschiefer und Kalkstein) nahe der Stadt und werden nach ihrer Lage in die obern und untern geteilt, von denen jene stärker, wärmer und schwefelhaltiger sind als diese (45–56°C.). Von jenen sind die vorzüglichsten: die Kaiserquelle (55°C.), die, im Kaiserbad entspringend, dieses, sowie das Neubad, das Bad der Königin von Ungarn und den seit 1827 eingerichteten Elisenbrunnen (Trinkbrunnen) speist (seit 1865 wird ihr Wasser auch in Flaschen versandt), und die Quirinusquelle (50°C.), die in das Quirinusbad fließt. Zu den untern Quellen gehören die wasserreichste, das Rosenbad und das für Unbemittelte bestimmte Comphausbad speisende Rosenbadquelle (47°C.) und die dem Cornelius- und Karlsbad zugeleitete Corneliusquelle (45°C.). Nach der Analyse von Liebig kommen auf 10000 g Wasser der Kaiserquelle neben andern mineral. Bestandteilen Kochsalz 26,1, schwefelsaures Natron 2,8, schwefelsaures Kali 1,5, kohlensaures Natron 6,4 und außerdem freie Kohlensäure 5. Die Thermen wirken hauptsächlich auf das Pfortadersystem und die Schleimhäute und werden gegen Gicht, chronische Ausschläge und Katarrhe, Unterleibsbeschwerden, Hämorrhoiden, Leberleiden, Neuralgien, Reste von

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 5.