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Aar (Fluß) – Aarestrup
Aarau. 1) Bezirk im schweiz. Kanton Aargau, hat (1888) 20891 E. (darunter 1581 Katholiken, 55
Israeliten) in 13 Gemeinden.

Textfigur:
2) Hauptstadt des Bezirks A., in 368 m Höhe, in fruchtbarem Thale zwischen dem Jura und den letzten Höhenzügen der
schweiz. Hochebene, rechts von der Aare, über die eine Kettenbrücke führt, an der Linie Zürich-Turgi-A. (50 km) der Schweiz. Nordostbahn und der Zweiglinie
Olten-A. (13 km) der Centralbahn, ist Sitz der Direktion eines Postkreises und hat (1888) 6699 E., darunter 1264 Katholiken und 28 Israeliten. Erwähnenswert sind
die alte von Protestanten und Altkatholiken benutzte Pfarrkirche, die neue kath. Kirche, das Regierungsgebäude mit dem Saale des Großen Rates, der eine
Sammlung mittelalterlicher Glasmalereien aus dem Kloster Muri, die reichhaltige Kantonsbibliothek (80000 Bände) und zahlreiche für die Schweizergeschichte
wichtige Handschriften enthält; das an den alten Turm Rore angebaute städtische Rathaus, Zeughaus, ansehnliche Kaserne, neues Schulhaus, neues Postgebäude,
Denkmal Zschokkes (von Lang, 1894); Kantonsschule mit naturhistor. Sammlungen, höhere Mädchenschule mit Lehrerinnenseminar, 11 Volks- und eine
Handwerkerschule, Sammlung von Altertümern aus Vindonissa, ethnolog. Gewerbemuseum; ferner giebt es Reitschulen, Turnhallen, Taubstummeninstitut, 5
Banken und Sparkassen; Kantonal-Krankenanstalt, Gasanstalt. Bedeutend ist die Fabrikation von Seidenstoffen, Baumwoll-, Schuh-, Tricot- und Konfektionswaren,
Gewehren, chem. Farben, Cement, physik. und mathem. Instrumenten (Reißzeuge). Weiter hat die Stadt eine berühmte Glocken- und Kanonengießerei;
Konstruktionswerkstätte der Internationalen Gesellschaft für Bergbahnen; mehrere Buchdruckereien und lithogr. Anstalten, Bierbrauereien, Mühlen, sowie 8
besuchte Jahr- und Viehmärkte. Nördlich der Stadt die Wasserfluh (869 m), nordöstlich die
Gislifluh (774 m). – Um die uralte Burg Rore, bekannt durch Zschokkes «Freihof von Aarau», erhob sich allmählich die
Stadt, die schon 920 als ummauerter Ort erwähnt wird, später an die Grafen von Habsburg kam und bis zur Eroberung durch die Berner (1415) habsburgisch blieb.
Am 9. und 11. Aug. 1712 wurde in A. der den Toggenburger Krieg beendende Friede geschlossen. A. war bernisches Municipalstädtchen bis 1798, wurde hierauf
Sitz der helvet. Einheitsregierung, 1803 aber, als sich der Kanton Aargau (s. d.) bildete, dessen Hauptort. – Vgl. Chronik der Stadt A. bis 1820
(Aarau 1881).
Aarberg. 1) Bezirk im schweiz. Kanton Bern, hat (1888) 16 788 evang. E. in 12 Gemeinden. –
2) Hauptstadt des Bezirks A., in 455 m Höhe, auf einer Insel der Aare, die sich hier seit 1879 in die alte und in die westlich
durch den Hagneckkanal dem Bieler See zufließende neue Aare teilt, an der Linie Payerne-Lyß der Jura-Simplonbahn, hat (1888) 1235 meist evangelische E.,
darunter 28 Israeliten, Post, Telegraph, drei Brücken, Cigarrenfabrikation, bedeutende Jahrmärkte. An der Stelle der alten 1419 abgebrannten Burg der Grafen
von A., von denen die Stadt 1307 an Bern verkauft wurde, steht die Kirche und das ↔ Schloß der bernischen Amtleute. Als Kreuzungspunkt der
Landstraßen von Bern nach Neuchâtel, von Lausanne nach Solothurn und von Bern nach Biel hatte A. früher sehr lebhaften Verkehr.
Aarburg, Kreisstadt im Bezirk Zofingen des schweiz. Kantons Aargau, in 401 m Höhe, rechts von der Aare, über die eine 64 m lange
Drahtbrücke führt, unweit der Mündung der Wigger, an den Linien Basel-Bern und Basel-Luzern der Schweiz. Centralbahn, hat (1888) 2059 E., darunter 157
Katholiken und 15 Israeliten, eine stattliche Kirche, Bezirksschule, Knaben- und Mädchenpensionat; Baumwollspinnerei und -Weberei, Kesselschmiede,
Hemdenfabrikation, Sägewerke, Holz- und Weinhandel. Die Stadt wird von der an Stelle der alten Burg der Freiherren von A. im 17. Jahrh. von der Berner
Regierung erbauten Festung überragt. – Bis 1798 hielt auf der Festung der bernische Landvogt des Amtes A. Hof, dann diente sie als Arsenal, Gefängnis und zu
industriellen Zwecken, jetzt ist sie Besserungsanstalt.
Aare (Aar). 1) Der größte schweiz. Nebenfluß des Rheins, entspringt 2260 m hoch im
Oberaargletscher (s. Aargletscher), bald durch den Abfluß des Unteraargletschers verstärkt. Zusammen mit dem linkerseits herbeieilenden
Ärlenbach durchfließt die A., die Berner Alpen von dem Dammastocke trennend, als wildes Bergwasser das Oberhasli, in dem sie den
Handeckfall (s. d.) bildet. Durch eine schmale, tiefe Felsschlucht ergießt sie sich in das bei Meiringen beginnende untere Haslithal und ist
von hier bis zur Mündung in den Brienzer See kanalisiert. Oberhalb Interlaken verläßt sie den See, um durch das von den Schwemmmassen der
Lütschine (s. d.) gebildete Bödeli alsobald dem Thuner See zuzufließen. Im Brienzer See lagert sie ihr Geschiebe ab und tritt bei Thun als
klarer Strom aus dem Thuner See, um die Moränen- und Molasselandschaft der schweiz. Hochebene zu durchschneiden. Bei Bern beschreibt der Fluß
bedeutende Krümmungen und wendet sich dann nach Westen; links empfängt er die Saane, hierauf die Zihl und folgt dann der Richtung des Juras. Da die Ufer
der A. auf dieser Strecke häufig Überschwemmungen ausgesetzt sind, wurde ein Teil des Flusses von Aarberg aus durch den Hagneckkanal in den Bieler See
abgeleitet. Unterhalb Solothurn empfängt die A. rechts die Emme, später bei Aarburg die Wigger, unterhalb Aarau die Suhr, dann die Hallwyler Aa (aus dem
Hallwyler See), unterhalb Brugg die Reuß, 1 km weiter die Limmat und mündet bei Koblenz im Kanton Aargau, gegenüber Waldshut, von
links in den Rhein. Obgleich der Abstand der Quelle von der Mündung in Luftlinie nur 120 km beträgt, mißt doch wegen der mannigfachen Krümmungen die
Länge des Aarlaufs 280 km. Vom Abfluß des Unteraargletschers bis zur Mündung (315 m Höhe) beträgt das Gefälle 1562 m. Schiffbar wird der ziemlich reißende
Strom, der an seiner Mündung breiter ist als dort der Rhein, erst von Unterseen aus, jedoch nur für Flöße und kleinere Schiffe. Das Flußgebiet der A. umfaßt
17615 qkm, mehr als zwei Fünftel der ganzen Schweiz; davon kommen 485 qkm (2,75 Proz.) auf Gletscher. –
2) A., ein kleiner Nebenfluß der Lahn im preuß. Reg.-Bez. Wiesbaden. –
3) Fluß im preuß. Reg.-Bez. Koblenz, richtiger Ahr (s. d.).
Aarestrup (spr. ohre-), Karl Ludwig Emil, dän. Dichter, geb. 4. Dez. 1800 zu Kopenhagen, starb 20. Juli 1856
als Provinzialarzt zu Odense. Seine
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 9.