Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Afrika (Politische Geschichte)'
ihre Kriegszüge ganz Abessinien und Oberägypten und drängten andererseits bis nach den Gestaden des Victoria-Njansa hinüber, wo sie die Gründer des
Reichs Kittara wurden, das später in Uganda und Unjoro zerfiel. Im Nigerbogen bildeten die Mandingoneger das große Reich Melle vom 13. bis zur Mitte des
15. Jahrh., aus dem sich die bis zum Tsadsee reichende Herrschaft der Songhay entwickelte, bis dieses dem Angriff Marokkos am Ende des 16. Jahrh. erlag.
Vom 16. bis zur Mitte des 17. Jahrh. bestand nördlich und südlich des Kongo das große Kongoreich. Im Anfang des 19. Jahrh. erhoben sich in Nordwestafrika
die Fulbe und gründeten zuerst die Haussastaaten Gando und Sokoto, dann am obern Niger und Senegal Massina, Kaarta und Futa-Dschalon; in der
neuesten Zeit haben die Mandingo unter Samorys Führung im Quellgebiet des Niger sich die weit ausgedehnte Landschaft Wassulu unterworfen.
Die größten polit. Veränderungen rief das Auftreten der europ. Staaten hervor. Zu Anfang des 16. Jahrh. warfen die Türken die arab. Herrschaft in Nordafrika
über den Haufen und zu Ende desselben Jahrhunderts eroberten die Spanier Marokko. Portugal setzte sich am Schluß des 15. Jahrh. in Angola und
Mozambique fest und machte sich im Laufe des nächsten zum Herrn fast der ganzen Ostküste; doch erlag es im Norden derselben in den Kämpfen mit den
Arabern im 17. und 18. Jahrh., während es im Westen in Angola sich dauernd zu erhalten und das Königreich Kongo seiner Macht zu unterwerfen vermochte.
Frankreich nahm gegen die Mitte des 17. Jahrh. Besitz von einzelnen Küstenstrecken Senegambiens und gegen Mitte des 19. Jahrh. von Algerien und Gabun.
An diesen drei Punkten setzte es seine kolonisatorischen Kräfte ein; es überwand den Widerstand der Araber und Berber nördlich der Sahara und in
langwierigen Kämpfen bis in die neunziger Jahre die Herrschaft der Fulbe und Mandingo am Senegal und Niger. Nach der Entdeckung des obern Kongo
breitete es seine Machtsphäre vom Gabun und Ogowe bis tief in den Kontinent, 1892 über die Gebiete im Süden des Nigerbogens, 1893 über Dahome aus. Im
17. Jahrh. setzten sich die Holländer an der Südspitze fest. England machte im 17. und 18. Jahrh. seinen polit. Einfluß in mächtigen, aber privaten
Handelsunternehmungen an der Guineaküste geltend, wo es mit wechselndem Glück endlich die Konkurrenz der Holländer verdrängte und dann mit Zähigkeit
und Klugheit volle Gewalt über die Negerstämme gewann. Doch ein blutiger Streit mit dem Aschanti-Reiche belehrte es, seine Herrschaft auf die Küstenländer
zu beschränken. Als Staat nahm England zu Anfang des 19. Jahrh. Besitz von der Südspitze A.s; hier entwickelte es seine ganze, oft rücksichtslose Energie:
die frühern Kolonisten, die holländ. Boers, wurden nordwärts gedrängt, die raub- und mordlustigen Kaffern in jahrelangen Kriegen überwältigt und das einst
unter einer Reihe von Despoten mächtige Zulureich in Trümmer geschlagen. Von der Kapkolonie aus schritt England stetig, meist auf Grund von Verträgen,
nach dem Sambesi vor und vernichtete 1893 durch einen kurzen Krieg das große Reich der Matabele. Privaten Unternehmungen wurde es in den achtziger
Jahren unter königl. Schutz überlassen, polit. und merkantilen Einfluß am Niger und Binue, im Ölflüssegebiet, am Victoria-Njansa, am Njassa, im Norden und
↔ Süden des Sambesi und an jenem Teil der Ostküste zu gewinnen, der ihnen durch Verträge mit Deutschland und dem Sultan von Sansibar
eingeräumt wurde. Dem alles erdrückenden Übergewicht Englands stemmten sich in Südafrika in der Mitte und in den siebziger Jahren des 19. Jahrh. die zu
staatlicher Energie entwickelten holländ. Boers entgegen. Sie hatten, den Engländern trotzend und in blutigen Kämpfen mit den eingeborenen Häuptlingen
ringend, Staaten mit voller Lebenskraft geschaffen, die nicht mit Gewalt aus dem Wege geräumt werden konnten. In das vorletzte Jahrzehnt des 19. Jahrh.
fallen die kolonialen Schöpfungen am Kongo, an der Guinea-, an der Sansibarküste und in Südwestafrika. Der Kongo-Freistaat beruht auf
Handelsunternehmungen mit mittelmäßigen Erträgnissen in der Gegenwart, auf erwarteten Reichtümern in der Zukunft und auf der persönlichen Unterstützung
des Königs der Belgier. Er hat keine geschlossene Macht feindseliger Eingeborenen zu bekämpfen, aber auch keine größere europ. Macht giebt ihm sichern
Rückhalt. Dagegen schützt das Deutsche Reich die handelspolit. Gründungen in Kamerun und Togo, die kolonialen Unternehmungen im Herero-Damaraland
und die vertragsmäßigen Erwerbungen der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft am Indischen Ocean. In dem letztern Gebiete wurde der Kampf mit dem
seit Jahrhunderten dort allein herrschenden Arabertum aufgenommen und siegreich bestanden. Es war ein schwerer und langwieriger Kampf um eine tief
eingreifende wirtschaftliche und polit. Neugestaltung des östl. Teils von A. Als letzter unter den Kulturstaaten Europas hat Italien das Werk der Civilisierung der
Länder zwischen Abessinien und der Somalküste am Schluß der achtziger Jahre des 19. Jahrh. begonnen.
Entdeckungsgeschichte.
a. Allgemeine Geschichte. Die Kenntnis von A. in den Zeiten des Altertums bis gegen Ende des 2. Jahrh. gründete sich
wesentlich auf Erzählungen von Eroberungsheeren und Seefahrern. Schon 1600 und 1529–1488 v. Chr. unternahmen ägypt. Könige Kriegszüge den Nil
aufwärts, vielleicht bis Nubien; die Phönizier fuhren 1100–900 v. Chr. die Nordküste entlang durch die Säulen des Hercules bis zur Mündung des Draa; einmal
umschifften sie sogar vom Roten Meer aus ganz A., wobei sie nach ihrer von Herodot als unglaubwürdig mitgeteilten Angabe «die Sonne zur Rechten hatten».
Der Karthager Hanno drang 470 v. Chr. im Westen bis Sierra Leone vor; eine Expedition zu Neros Zeit gelangte bis an den Bahr el-Ghasal. Obwohl Pomponius
Mela 50 v. Chr. die Dreieckgestalt des Kontinents als wahrscheinlich behauptet hatte, so faßte doch 161 n. Chr. Ptolemäus das geogr. Wissen seiner Zeit dahin
zusammen, daß A. etwa vom Kap Delgado an sich wieder verbreitere und mit Asien durch Land verbunden sei, daß die Quellen des Nils tief im Süden im
Mondgebirge zu suchen seien und in einem See sich sammeln, dem der eigentliche Nil entströme, der weiter abwärts in sumpfiger Gegend einen großen
Nebenfluß (den Bahr el-Ghasal) in sich aufnehme. Die phöniz. Kolonisten in Karthago und der Römer Septimius Flaccus hatten die Wüste Sahara betreten, die
dann Julius Maternus am Ende des 1. Jahrh. n. Chr. bis zum Tsadsee durchschritt.
Die Erforschung A.s im Mittelalter verdankt man den Arabern, Italienern und Portu-
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 188.