Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Ägypten (alte Geschichte)'
den Thron. Erst als die Ruhe im Innern wieder vollständig hergestellt war, suchten die Könige der 19. Dynastie die asiat. Besitzungen
Ä.s wiederzugewinnen. In Syrien hatten sich jedoch die Machtverhältnisse während des Endes der 18. Dynastie wesentlich verändert. Die
Hethiter, die schon unter Amenophis IV. angefangen hatten ihre Macht auszubreiten, hatten das Reich von Naharina am obern Euphrat
vernichtet und traten nunmehr als die Vorkämpfer des asiat. Widerstandes gegen Ä. ins Feld. Der zweite König der 19. Dynastie,
Sethos I., kam zum erstenmal mit ihnen in den Kampf, und wenn er sie auch wirklich, wie die ägypt. Inschriften rühmend melden, besiegt
hat, so hatte der Sieg doch keinen größern Erfolg. Sein Sohn und Nachfolger Ramses II. mußte wieder den Krieg mit ihnen aufnehmen;
nach mannigfachen Kämpfen kam es endlich im 21. Regierungsjahre des Königs zu Verträgen, die ein dauerhaftes Friedensverhältnis
einleiteten. Ä. behauptete das südl. Palästina, während der Norden wohl dem Hethiterreiche tributpflichtig wurde. Ramses II. hat nach
diesem Vertrage noch 46 Jahre in Frieden über Ä. geherrscht und während dieser Zeit eine große Zahl von Bauten in allen Teilen des
Landes, vom südl. Nubien bis zum Delta, ausgeführt. Man hat vielleicht mit Recht behauptet, daß die Hälfte aller aus dem alten Ä.
stammenden Bauwerke von ihm herrühre. Wie dies bei den engen Beziehungen zu Syrien erklärlich ist, wurde der Schwerpunkt des
Reichs in das östl. Delta verlegt; hier residierte auch Ramses mit Vorliebe in Tanis, das er mit neuen Bauten schmückte; hier erstanden
neue Städte und Festungen, vor allem Pithom und das nach ihm benannte Ramses (s. d.), an dessen Bau nach
dem biblischen Berichte die Hebräer teilgenommen haben sollen. Ramses' Sohn Merenptah hielt noch das Reich seines Vaters
zusammen; einen Angriff libyscher Stämme, die sich mit Völkerschaften von den Küsten und Inseln Kleinasiens verbündet hatten und ins
westl. Delta eingefallen waren, warf er siegreich zurück. Aber nach seinem Tode brachen wieder Thronstreitigkeiten und innere Wirren
aus, die lange Jahre andauerten und den Staat Ramses' II. zersetzten. Endlich siegte einer der Prätendenten, Setnacht, dem es gelang,
wieder geordnete Zustände zu schaffen. Sein Sohn Ramses III., mit dem die 20. Dynastie beginnt, vollendete das Werk seines Vaters
und ließ sich namentlich die Wiederherstellung der Tempel angelegen sein. Auch nach außen hin war er mit Glück thätig: er besiegte die
Libyer und überwand in zwei großen Schlachten einen mächtigen Angriff barbarischer Völkerschaften, die von Kleinasien her zu Wasser
und zu Lande gegen Ä. angerückt waren und deren Ansturm bereits das Hethiterreich erlegen war. Die Nachfolger Ramses' III. verfielen
immer mehr in Abhängigkeit von der Priesterschaft, bis endlich die Hohenpriester von Theben selbst um 1150 v. Chr. den Thron bestiegen
(Dynastie 21).
7) Epoche der libyschen Herrschaft. Seit dieser Zeit sank die Macht Ä.s mehr und mehr. Um 950 v.
Chr. wurde das Geschlecht der Hohenpriester durch libysche Fürsten gestürzt, deren Familie als Führer von Söldnerheeren nach Ä.
gekommen war, sich im östl. Delta ansässig gemacht und bei der Schwäche des Königtums immer größere Macht erlangt hatte. Unter
den Königen dieses (22.) Herrscherhauses, das in seinem Stammsitze Bubastis residierte, ist besonders Sesonchis I. (ägypt.
Scheschonk) bemerkenswert, dessen Name Schischak uns auch ↔ durch die Bibel überliefert ist. Er suchte Syrien
wieder zurückzugewinnen, zog im fünften Jahre des Königs Rehabeam von Juda nach Palästina, eroberte Jerusalem und plünderte den
Salomonischen Tempel. Diese kriegerischen Thaten sind noch jetzt auf den Tempelwänden von Karnak verzeichnet. Unter den
Nachfolgern Scheschonks verfiel der Staat wieder, der Norden löste sich in kleine Fürstentümer auf, bis 728 v. Chr. ganz Ä. in die Hände
der Äthiopen (25. Dynastie) fiel, die schon früher Feldzüge gegen das Nilthal unternommen und den Süden Ä.s sich zeitweilig
unterworfen hatten. Auch in die asiat. Verhältnisse griffen die äthiop. Könige zu Gunsten der syr. Kleinstaaten gegen die vordringende
assyr. Großmacht ein, ohne indessen die Eroberungen der Assyrer hemmen zu können. Diese griffen vielmehr auch Ä. an und eroberten
unter Asarhaddon 671 v. Chr. das Nilthal bis Theben. Der Äthiopenkönig Tirhaka mußte in sein Stammland fliehen, und die unterägypt.
Kleinfürsten unterwarfen sich. Bis 662 v. Chr. blieb Ä. assyr. Provinz. Um diese Zeit machte sich einer der assyr. Vasallen, Psammetich
von Saïs, mit Hilfe ionischer und karischer Söldnerscharen, die ihm sein Bundesgenosse König Gyges von Lydien geschickt hatte, von
der Oberherrschaft der Assyrer, die damals gerade durch Kriege in Asien in Anspruch genommen waren, frei und vertrieb die feindlichen
Besatzungen aus dem Lande. Es gelang ihm (auf welche Weise ist unbekannt), der Herrschaft der kleinen Fürstentümer, der sog.
Dodekarchie (s. d.), ein Ende zu machen und Ä. die lange entbehrte Einheit zurückzugeben.
8) Die Spätzeit. Unter Psammetich und seinen Nachfolgern (26. Dynastie), Necho (609–595 v. Chr.),
Psammetich II. (594–589), Apries (588–570), Amosis (569–526) war Ä. noch eine letzte Blüteperiode beschieden. Den Söldnern, denen
Psammetich seine Erhebung auf den Thron verdankt hatte, folgten weitere Scharen nach, und sie bildeten die Hauptstütze des neuen
Staates. Die alte Kriegerkaste fühlte sich durch diesen jungen, frischen Nachwuchs benachteiligt, und es sollen, wie Herodot berichtet,
240000 Krieger nach Äthiopien ausgewandert sein. Die griech. Söldner siedelte Psammetich in Ä. an und gestattete überhaupt griech.
Niederlassungen, um den Handel des Landes zu heben. Später räumte Amasis den Griechen eine ganze Hafenstadt, Naukratis, ein, die
bald der wichtigste Handelsplatz wurde. Reichtümer strömten von allen Seiten dem neueröffneten Markte zu, und zu keiner Zeit, weder
früher noch später, war der allgemeine Wohlstand in Ä. größer und die Bevölkerung zahlreicher als gegen Ende dieser Dynastie. Auch
die Künste nahmen noch einmal einen neuen Aufschwung. Man knüpfte an die klassische Periode der ägypt. Kunst, das alte Reich, an
und suchte die ältern Formen wieder anzuwenden, so daß die 26. Dynastie mit vollem Rechte als eine ägypt. Renaissanceperiode
bezeichnet werden kann. Es machte sich diese Nachahmung des alten Reichs auch auf andern Gebieten, in der Titulatur des Hofs, der
Litteratur, sogar in der Schreibweise der Inschriften geltend.
Persische, macedonische,
römische Herrschaft. Der Aufschwung wurde bald wieder unterbrochen; das Reich erlag dem
Andrange der pers. Macht und wurde 525 v. Chr. von Kambyses erobert. Der Nationalhaß beider Völker macht sich breite Bahn. Eine
allgemeine Zerstörung der ägypt. Denkmäler soll nach den Berichten der griech. Schriftsteller auf
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 241.