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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Aktie und Aktiengesellschaft

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Aktie und Aktiengesellschaft I. Begriff und rechtliche Struktur'

der festen Einlage zum Grundkapital erschöpft, vor Augen haben, die rechtliche Zulässigkeit solcher Verbindung innerhalb des Rahmens der Aktiengesellschaft nicht an, so daß die Rechtslage dieser Gesellschaften, die vielfach sich gedeihlich entwickelt haben, eine in vielen Beziehungen prekäre ist.

Die Aktienurkunden sind, weil sich in ihnen die Anteile am Gesellschaftsvermögen zum Zwecke der Übertragung nach Grundsätzen des Sachenrechts verkörpern, Wertpapiere und als solche Gegenstand des Verkehrs. Sie werden auf die Geldbetragsziffer des für die Aktie normierten Kapitalanteils (den Nominalbetrag) ausgestellt. Dies kann freilich irre führen, da das spätere Gesellschaftsvermögen dem normierten Grundkapital möglicherweise infolge von Verlusten gar nicht mehr entspricht, und es wäre zutreffender, auf der Aktie nur das quotale Verhältnis der einzelnen Aktie zur Gesamtzahl der Aktien zum Ausdruck zu bringen. Vorschläge in dieser Richtung haben bisher keinen Eingang gefunden, weil die Bildung des Tagespreises der Aktien an der den Markt für dieselben bildenden Börse, wie er im Kurs zum Ausdruck kommt, zunächst ihren Ausgangspunkt vom ursprünglichen Werte der Aktien nimmt und deshalb, sowie behufs steter Vergleichung des derzeitigen Preises mit dem ursprünglichen Werte die stete und sofortige Erkennbarkeit des Geldbetrages des letztern im Verkehr als Bedürfnis erachtet wird. Nur das belg. Gesetz läßt solche Quotenaktien fakultativ zu.

Für Deutschland ist seit dem 14. Aug. 1884 in Bezug auf die Aktiengesellschaft wie die Kommanditgesellschaft auf Aktien (s. unten) das Reichsgesetz vom 18. Juli 1884 in Wirksamkeit. Die Aktiengesellschaft ist, gleichviel worin der Gegenstand ihres Unternehmens besteht, Handelsgesellschaft und daher Kaufmann. Sie kann nur eine Sachfirma haben, darf aber bei Erwerb eines bereits bestehenden Geschäfts nebst dessen Personenfirma Zusätze über dieses Nachfolgeverhältnis machen.

Um das Kleinkapital von der Anlage in Aktien mit den daran geknüpften Gefahren fernzuhalten, darf die Zerlegung des Grundkapitals nicht in Teile unter 1000 M. erfolgen und keine weitere Unterteilung stattfinden. Indessen sind Aktien mit einem Mindestbetrage von 200 M. an zulässig, falls die Übertragung des Aktienrechts an die Genehmigung der Aktiengesellschaft gebunden ist oder der Bundesrat die Ausgabe von Aktien für ein gemeinnütziges Unternehmen bei örtlichem Bedürfnis oder für ein Unternehmen mit Ertragsgarantie, die von einer öffentlichen Körperschaft ausgeht, gestattet.

Die Gesellschaft bedarf zur Entstehung nicht der Staatsgenehmigung und unterliegt nicht der behördlichen Aufsicht, soweit nicht, wie z. B. bei Eisenbahnen, der Gegenstand des Unternehmens an sich genehmigungspflichtig ist oder behördlicher Aufsicht unterliegt. Ihre Entstehung, wie die Veränderung ihrer Verfassung und ihre Auflösung unterliegen dem Registrierungszwang. Erst mit der Eintragung in das Handelsregister des Handelsgerichts am Sitze der Gesellschaft gelangt sie zur rechtlichen Existenz. Wird vor dieser Eintragung namens der Gesellschaft gehandelt, so haftet jeder der Handelnden Dritten gegenüber persönlich zum vollen Betrage der entstandenen Verbindlichkeit. Von dieser Haftung befreit nicht schon die Kenntnis des Dritten, daß die Aktiengesellschaft noch nicht besteht, sondern nur besondere Vereinbarung mit demselben. Die für ↔ die Entstehung der Gesellschaft und ihre Bethätigung gegebenen Normativbestimmungen bezwecken den Schutz sowohl der Gesellschaftsgläubiger wie der Aktionäre. Da das Grundkapital, dessen normierte Höhe vom Handelsgericht sofort nach der Registrierung öffentlich kundgegeben wird, die alleinige Kreditbasis bildet, so zielen jene Normativbestimmungen darauf ab, thunlichste Sicherheit dafür zu gewähren, daß zur Zeit der Eintragung das Grundkapital aufgebracht ist, daß es dauernd erhalten wird, und daß das Unternehmen seitens des Publikums richtig geschätzt werden kann. Dies geschieht durch ein System von Verantwortlichkeiten, welche in Bezug auf die Entstehung der Gesellschaft mit dem normierten Grundkapital insbesondere den Urhebern der Entstehung, den Gründern (s. d.), für ihnen nach dem Gesetz obliegende Erklärungen und Prüfungen, in Bezug auf die dauernde Erhaltung des Grundkapitals und die wahrheitsgemäße Kundgebung des Standes des Unternehmens bestimmten Organen der Gesellschaft für ihre Verwaltungs- und Beaufsichtigungshandlungen auferlegt sind.

Die Errichtung der Gesellschaft muß sich in bestimmt vorgeschriebenen Formen vollziehen, die verschieden sind, je nachdem sich der Gründungshergang als einheitlicher Gesamtakt oder als allmählich fortschreitende Reihe von Einzelakten darstellt (Simultan- oder Successiverrichtung, s. Gründung). Beiden gemeinschaftlich ist die erforderliche Feststellung des als Verfassung der Gesellschaft zu erachtenden, gemeinhin als «Statut» bezeichneten Inhalts des Gesellschaftsvertrages. Zu den hier notwendig festzusetzenden Punkten gehört die Festsetzung des Grundkapitals in bestimmter Höhe. Dieses muß bereits vor der Eintragung der Gesellschaft voll aufgebracht sein. Für den vom rechtlichen Standpunkt als die Regel zu erachtenden Fall, daß es sich um ein Barkapital handelt, welches die Gesellschaft mit ihrer Entstehung zu einer nicht schon im voraus durch Abmachungen beschränkten Verwendung erhält, geschieht die Aufbringung durch sämtliche Teilbeträge deckende Beteiligungserklärungen, Übernahme oder Zeichnung (s. d.) von Aktien, und Einzahlung von mindestens 25 Proz. des Nominal- oder höhern Ausgabebetrages für jede Aktie. Das Grundkapital kann aber auch ganz oder teilweise ein anderes als bares, nämlich ein durch vorhandene oder herzustellende Anlagen oder sonstige Vermögensstücke, die sog. Illationen oder Apports, vertretenes sein, indem diese Vermögensstücke, auf einen bestimmten Kapitalsbetrag angeschlagen, eingebracht und dafür demselben entsprechend Aktien gewährt werden, oder es kann das Barkapital ganz oder teilweise durch Vorverträge schon mit dem Zeitpunkt der Entstehung der Gesellschaft zu bestimmten Verwendungen, insbesondere auch zur Gewährung von Belohnungen und Vergütungen für die Gründung der Gesellschaft, gebunden sein. Um hier wie überhaupt Täuschung und Beschädigung des Aktien erwerbenden Publikums zu vermeiden, fordert das Gesetz die Offenlegung des wirklich Vereinbarten im Gesellschaftsvertrage, legt den Gründern noch besonders in Bezug auf gewisse Grundlagen für die Wertsbemessung von Sacheneinlagen eine Offenlegungspflicht auf und verpflichtet sie, sowie neben ihnen bestimmte andere Kategorien von Personen, die zu der Gründung in Beziehung stehen oder vom Gesetz in Beziehung gesetzt sind und denen das Gesetz die Pflicht

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 290.