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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Alberich; Albernheit; Alberōni

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Alberich – Alberoni

P. Rossis (s. d.) kehrte er nach Florenz zurück. Infolge der Ereignisse von 1859 erklärte er sich in der Broschüre «In foedere unitas» für einen Staatenbund, trat später aber zur päpstlich-reaktionären Opposition. Er starb Ende Juni 1878 in Vichy. Seine Bekehrung zum unbedingten Glauben an die kirchlichen und mittelalterlich-socialen Dogmen zeigt «Il problema dell’ umano destino» (Flor. 1872; 2. Aufl., Vened. 1873). Viele Abhandlungen A.s stehen im «Archivo storico italiano» sowie in dem 1843 von ihm gegründeten «Annuario storico universale».

Alberich oder Elberich, graubärtiger Zwerg der deutschen Heldensage, der in der spätern Sage zum Könige der Zwerge oder Elfen wurde. Ursprünglich im Dienste der Könige Nibelung und Schilbung, schirmte er deren Reich und Gold, als Siegfried diese getötet hatte. Dabei bediente er sich der unsichtbar machenden Tarnkappe, die ihm zugleich die Kraft von 12 Männern gab. A. wurde von Siegfried besiegt, mußte ihm die Tarnkappe und den Nibelungenhort übergeben und wurde Siegfrieds Manne. Nach anderer Sage wird A. von Dietrich von Bern besiegt und dessen Gefolgsmann. Auch gilt er als trefflicher Waffenschmied.

Alberich Ⅰ., ein lombard. Edelmann, erlangte durch Berengar Ⅰ. von Friaul, auf dessen Seite er gegen Guido von Spoleto stand, die Markgrafschaft Camerino sowie durch seine Heirat mit Marozia (s. d.) die Herrschaft über Rom unter dem Titel Patricius, später auch noch das Herzogtum Spoleto und vereinigte sich 916 mit Papst Johann Ⅹ. zur Vertreibung der Sarazenen, die ihre Raubzüge bis zu den Thoren Roms ausdehnten. Von demselben Papste aus Rom verbannt, wurde er um 925 in Orta ermordet.

A. Ⅱ., seit 932 ebenfalls Patricius und Senator von Rom, Sohn des vorigen und der Marozia. Eine Beleidigung, die sein Stiefvater, König Hugo von Italien, ihm zufügte, veranlaßte einen Aufstand der Römer und Hugos Vertreibung, worauf A. seine Mutter und seinen Bruder, Papst Johann ⅩⅠ., gefangen setzte und, vom Volke zum Fürsten und Senator aller Römer ernannt, die oberste weltliche Gewalt in Rom in die Hand nahm. Hugo mußte ihn 946 in dieser Stellung anerkennen. Die fünf Päpste seiner Zeit waren nur ohnmächtige Werkzeuge in seiner Hand. Er stellte in Anschluß an Abt Odo von Cluny die Zucht in den Klöstern Roms wieder her, verweigerte Otto Ⅰ. die Aufnahme in der Stadt und starb 954. Sein Sohn Oktavian wurde im Herbste 955 als Johann ⅩⅡ. (s. d.) zum Papst erwählt.

Alberich (Aubry) von Besançon, s. Alexandersage.

Albernheit, im gewöhnlichen Leben soviel wie Dummheit, kindisches Benehmen. In der Einteilung der Geisteskrankheiten bezeichnet A. (fatuitas) die Form des Blödsinns (s. d.), bei der nicht alle geistigen Thätigkeiten gleichmäßig fehlen, sondern einige sich noch, wenn auch auf unangemessene und unverständige Weise, im Sprechen und Handeln äußern. Namentlich die Zusammenhangslosigkeit im Thun und Treiben der Albernen bringt die A. in die Nähe der Narrheit (s. d.) oder Verwirrtheit.

Alberōni, Giulio, Kardinal und span. Staatsminister, geb. 31. Mai 1664 zu Fiorenzuola unweit Piacenza als der Sohn eines Winzers, war Kirchendiener der Kathedrale zu Piacenza, bis es ihm die Gunst Barnis, des Vicelegaten von Ravenna ermöglichte, in den geistlichen Stand zu treten. Später (1706) folgte er dem Herzoge von Vendôme, der das franz. Heer in Italien befehligte, nach Frankreich und 1711 als Sekretär nach Spanien an den Hof Philipps Ⅴ. Hier lernte A. die einflußreiche Fürstin Orsini kennen, die den klugen und gewandten Mann für ihre Pläne zu benutzen hoffte. Durch ihren Einfluß wurde er Geschäftsträger des Herzogs von Parma und vermittelte in dieser Stellung die zweite Ehe Philipps Ⅴ. mit Elisabeth Farnese, der Erbin von Parma. Durch diese gelangte er nun zur höchsten Würde im Reiche, schon 1714 leitete er die Geschäfte; nach wenigen Jahren verlieh ihm der Papst den Kardinalshut. Seine rührige und aufgeklärte Verwaltung rief in Spanien neues Leben wach, aber seine ans Abenteuerliche streifende äußere Politik, die alle Kabinette Europas in Bewegung brachte, zog dem Staate neue Opfer und Wirren zu. Sein Ehrgeiz und der seines Königs sowie besonders seiner Herrin war, die europ. Macht des durch den Utrechter Frieden gebrochenen Spanien wiederherzustellen. Vor allem hoffte A., die ital. Provinzen von Österreich wiederzugewinnen, da dieser Staat durch die türk. Angriffe seit Dez. 1714 vollauf beschäftigt schien. Seine Feindseligkeiten richteten sich aber auch gegen England und Holland, ja auch gegen Frankreich, wo mit der Regentschaft Philipps von Orléans ein den Ideen Ludwigs ⅩⅣ. völlig entgegengesetztes System zur Herrschaft gekommen war. In enge Verbindung trat A. mit dem Grafen Görtz, der damals Schwedens Politik leitete. Ihr Plan war, zwischen Rußland und Schweden Frieden zu schließen, den Einfall des Prätendenten Jakob Stuart, Jakobs Ⅱ. Sohn, in Schottland zu unterstützen und auch in Frankreich die gleiche Parteirichtung an die Spitze zu bringen. Zur Abwehr dieser Pläne kam es zu einer Verbindung Frankreichs, Englands, des Deutschen Reichs und Hollands in der sog. Quadrupelallianz. Der Angriff auf Italien, den A. im Sommer 1717 unternahm, versprach anfangs Erfolg; Sardinien ward occupiert und 1718 Palermo und Messina besetzt. Dann aber erfolgte der Rückschlag. Die schwed. Schiffe, die Karl ⅩⅡ. nach England hatten bringen sollen, waren schon vor Stralsund vernichtet, der König selbst ward vor Frederikshall erschossen, der schott. Aufstand mißglückte, die span. Flotte ward von dem engl. Admiral Byng am sicil. Vorgebirge Passero 10. Aug. 1718 fast vernichtet. Österreich machte sich durch den Frieden mit der Türkei zu Passarowitz (21. Juli 1718) die Hand in Italien frei, während ein franz. Heer Anfang 1719 in Spanien selbst einrückte. Nun willigte endlich Philipp Ⅴ. in die von den Verbündeten als erste Friedensbedingung verlangte Entfernung A.s. Am 5. Dez. 1719 mußte dieser das Land verlassen. Das päpstl. Gebiet wurde ihm von Clemens ⅩⅠ. verboten. Nachdem er sich ein Jahr lang in den Apenninen verborgen aufgehalten, auch eine glänzende Rechtfertigung seiner Politik geschrieben, nahm er nach dem Tode Clemens’ ⅩⅠ. (1721) seinen Sitz im Konklave ein und beteiligte sich an der Wahl Innocenz’ ⅩⅢ., der ihm seine Gunst zuwendete. Unter Benedikt ⅩⅢ. (1724) fiel A. aufs neue in Ungnade und zog sich von Rom auf sein Gut Castel-Romano zurück. Clemens ⅩⅡ. ernannte ihn dagegen 1734 zum Legaten von Ravenna. Zuletzt lebte er in Piacenza, wo er 26. Juni 1752 starb. Seine «Lettres intimes au comte J. Rocca» gab Bourgeois heraus (Par. 1893). – Vgl. Rousset, Hist. du cardinal A. (Haag 1719); Bersani, Storia del Cardinale Giulio A. (Piacenza 1862).