Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Alemān; Alemannen; Alemannische Mundart; Alembert

355

Aleman – Alembert

erfuhr, daß auf die Frage nach seinem Nachfolger der Hahn die Buchstaben ΘΕΟΔ auswählte, ließ viele, deren Namen mit Theod begann, töten; sein Nachfolger wurde Theodosius d. Gr. Lucian verspottete die A. in «Oneiros ē alektryōn».

Alemān, Mateo, span. Romanschriftsteller, geb. vor 1550 zu Sevilla, war um 1568 Beamter des königl. Schatzes und geriet infolge einer Unterschleifsanklage in einen Prozeß, der ihm Gefangenschaft und Amtsentsetzung brachte. Nach andern trat er, der Unabhängigkeit halber, zurück und machte dann größere Reisen, so 1608 nach Mexiko, wo er nach 1609 starb. Außer einer poet. «Vida del San Antonio de Padua» (Sevilla 1606) und der «Ortografia de la lengua castellana» (Mexiko 1606) verfaßte A. den satir. Roman «Vida y hechos del picaro Guzman de Alfarache». Der erste Teil dieser «Atalaya de la vida humana» (d. i. Warte des Menschenlebens) erlebte sogleich (1599) drei Auflagen (Madrid, Saragossa und Barcelona) und ward bis 1605 in und außerhalb Spaniens über 20mal in mehr als 5000 Exemplaren gedruckt, und schon 1600 ins Französische (von G. Chappuis), 1612 ins Italienische, 1615 ins Deutsche, 1622 ins Englische, 1623 ins Lateinische (von G. Ens) übersetzt. Ein unechter zweiter Teil von Mateo Luxan de Sayavedra (d. i. Advokat Juan Marti in Valencia) erschien Madrid 1603, der echte Valencia 1605. Der Roman wurde bald nachgeahmt, z. B. im «Libro de entretenimiento de la picara Justina» (Medina 1605) von Ubeda (d. i. dem Dominikaner Andreas Perez aus Leon). Die als Sittengemälde wie stilistisch meisterhafte Schöpfung A.s ist mit dem Vorbild der Gattung, dem «Lazarillo de Tormes» Mendozas (s. d.), der bedeutendste span. Schelmenroman (s. Roman), obwohl außer den Zwischengeschichten auch die moralisierenden Ergüsse oft überlang sind, so daß sie Lesage in seiner franz. «gereinigten» Bearbeitung (Par. 1732) wegließ; auf dieser fußt Gleichs Verdeutschung (4 Bde., Magdeb. 1828). Die älteste deutsche Bearbeitung des Urtextes, mehr einen zugestutzten Auszug, lieferte Ägidius Albertinus (s. d.): «Der Landstörtzer: Gusman von Alfarche ^[richtig: Alfarache]» (2 Tle., Münch. 1615, wozu die Ausgabe von 1632 einen 3. Teil von M. Freudenhold fügte), neuere erschienen 1782 (3 Tle., Leipzig) und 1801 in den «Komischen Romanen der Spanier» von Fischer (Bd. 2, ebd.) als «Geständnisse eines Weltkindes». Einfluß übte der Roman auf Grimmelshausen. Den besten span. Neudruck (mit dem unechten Teil 2) bietet Band 3 von Aribaus «Biblioteca de autores españoles» (Madr. 1846).

Alemannen, Volksstamm, s. Alamannen.

Alemannische Mundart, s. Deutsche Sprache und Deutsche Mundarten.

Alembert (spr. alangbähr), Jean le Rond d’, franz. Mathematiker und Philosoph, eins der Häupter der sog. Encyklopädisten, geb. 16. Nov. 1717 zu Paris, war ein natürliches Kind der schönen und geistreichen Frau von Tencin und des Ingenieuroffiziers Destouches, eines Bruders des Lustspieldichters Philippe Néricault Destouches. Das Kind, von den Eltern ausgesetzt, schien so schwach, daß es der Polizeikommissar, der es aufhob, nicht in das Findelhaus schickte, sondern der Sorgfalt einer armen Glaserfrau übergab. Vier Jahre alt, kam A. in eine Erziehungsanstalt, in der er bis zu seinem zwölften Jahr verblieb. Dann in das Collège Mazarin aufgenommen, zeigte er große Anlagen zur Mathematik. Zuerst studierte er Rechtswissenschaft, dann Medizin, und zog durch zwei mathem.-physik. Arbeiten die Aufmerksamkeit auf sich. Die von ihm der Akademie der Wissenschaften 1739 und 1740 überreichten beiden Abhandlungen über die Bewegung fester Körper in einer Flüssigkeit und über die Integralrechnung erschienen dieser so bedeutend, daß sie 1741 A. zum Mitgliede erwählte. Hierauf schrieb er den «Traité de dynamique» (beste Ausg. Par. 1758) und den «Traité de l’équilibre et du mouvement des fluides» (ebd. 1744 und 1770). Durch seine «Réflexions sur la cause générale des vents» (ebd. 1744 und 1747) gewann er den von der Akademie in Berlin ausgesetzten Preis und deren Mitgliedschaft. A. nahm auch teil an den Untersuchungen, die Newtons Entdeckungen über die Bewegung der Himmelskörper vervollständigten. Bereits 1747 übergab er der Akademie der Wissenschaften eine Auflösung des Problems, welche Störungen die gegenseitigen Anziehungen der Planeten in ihrer elliptischen Bewegung um die Sonne verursachen; auch schrieb er viele andere Abhandlungen astron. und physik. Inhalts, z. B. über das Vorrücken der Nachtgleichen (deutsch von Seuffert u. d. T. «Untersuchungen über die Präzession der Nachtgleichen und die Nutation der Erdachse nach Newtons System», Nürnb. 1857), ferner über den Widerstand flüssiger Körper u. s. w., die sich in seinen «Opuscules mathématiques» (8 Bde., Par. 1762‒80) gesammelt finden. Mit gleicher Liebe umfaßte A. die philos. Wissenschaften. Mit Diderot und andern Geistesgenossen unternahm er die Herausgabe der «Encyclopédie». Er selbst verfaßte dafür den mathem. Teil und die Einleitung, eine auf der Erkenntnislehre Bacons und Lockes gebaute Systematik der Wissenschaft, die stets ein Muster wissenschaftlicher Darstellung bleiben wird. A. ward durch die Beteiligung an der «Encyclopédie», dem Sammelplatz der gesamten freigeistigen Oppositionslitteratur, in mannigfache Händel und Verfolgungen verwickelt, die ihn mit den Jahren immer vorsichtiger, oft sogar doppelzüngig machten. Die Lebensbeschreibungen der verstorbenen Akademiker («Éloges»), von ihm als dem ständigen Sekretär der Akademie verfaßt, leiden sehr bedenklich unter solchen Zugeständnissen. Trotzdem folgte er weder den Einladungen Friedrichs Ⅱ., sich in Berlin niederzulassen, noch den Anerbietungen der Kaiserin Katharina Ⅱ. von Rußland, die ihm die Erziehung ihres Sohnes antrug. A. war einer der liebenswürdigsten Menschen. Seine Liebe zu Mademoiselle L’Espinasse (s. d.) war in einer sittenlosen Zeit eine durchaus reine. Länger als 40 Jahre lebte er höchst einfach bei seiner Pflegemutter, und er verließ die Wohnung derselben nur, als seine Gesundheit ihn dazu nötigte. Er starb 29. Okt. 1783. Condorcet hat ihm in seinem «Éloge de d’A.» (Par. 1784) ein schönes Denkmal gesetzt. Eine vollständige Sammlung seiner mathem. Werke ist nicht erschienen. Dagegen sind seine vermischten Schriften zusammengestellt in den «Œuvres philosophiques, historiques et littéraires», die Bastien (18 Bde., Par. 1805) herausgab. Vollständiger als diese ist die auch den Briefwechsel A.s mit Voltaire und Friedrich d. Gr. enthaltende Ausgabe von Didot (5 Bde., Par. 1821) sowie die von Condorcet («A., Sa vie, ses œuvres, sa philosophie» (ebd. 1852). Einige kleinere Schriften veröffentlichte zuerst Charles Henry: «Œuvres et correspondances inédites de d’A.» (Par. 1887). – Vgl. Bertrand, Le grands écrivains français. D’A. (Par. 1889).