Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Arseniate; Arsenicum; Arsenige Säure; Arsenik; Arsenikalien

937

Arseniate - Arsenikalien

Arseniate, die Salze der Arsensäure (s. d.).

Arsenicum, Arsenik (s. Arsen). - A. album ist arsenige Säure, A. chloratum Arsenchlorid, A. rubrum Arsensulfür oder Realgar.

Arsenige Säure, Arsentrioxyd, weißer Arsenik oder Rattengift, Acidum arsenicosum, As2O3 ^[As<sub>2</sub>O<sub>3</sub>], das Anhydrid der für sich nicht darstellbaren eigentlichen A. S., As(OH)3 ^[As(OH)<sub>3</sub>], wird gewonnen durch Rösten von Arsenkiesen und andern Arsen enthaltenden Kiesen und mancherlei Hüttenprodukten in Muffelöfen oder Flammöfen unter Luftzutritt, wobei das Arsen zu der bei 185° flüchtigen A. S. verbrennt. Die Dämpfe werden in gemauerte Kondensationsräume, Gifttürme, geleitet, in denen sich zunächst unreine Arsenigsäure als graues Giftmehl verdichtet, das durch Sublimation gereinigt wird und dann zum Teil weißes Arsenglas, zum Teil weißes Arsenmehl liefert. Die Sublimation erfolgt in der Regel in einem vom Feuer bespülten gußeisernen Kessel, auf den außerhalb des Bereichs der Feuerung cylindrische eiserne Ringe gestellt werden. Von diesen kommuniziert der oberste mittels eines trichterförmigen Fortsatzes mit einem Kondensationskammersystem, in dessen erste Kammer die Ableitungen einer Anzahl von Sublimationskesseln münden. Nach Ablauf der Sublimate läßt man die Kessel erkalten und nimmt die cylindrischen Ringe ab, deren innere Wandung dann mit einer dicken Schicht von glasartig durchsichtiger, amorpher A. S. bedeckt ist, während sich in den Kondensationsräumen der Rest in Form eines weißen, aus mikroskopischen Oktaedern und Tetraedern bestehenden Mehls findet; bei richtig geleiteter Operation, bei der es darauf ankommt, eine zu starke Erhitzung der Aufsatzringe zu verhüten, erhält man durchschnittlich etwa 90 Proz. Arsenikglas und 10 Proz. Mehl. Die krystallisierte A. S. ist dimorph, sie tritt in den Formen des regulären Systems, Oktaeder, Tetraeder, außerdem aber auch in rhombischen Prismen auf. In beiden Formen ist sie mit Antimonoxyd isomorph. Die reguläre Form kommt als Arsenblüte, die rhombische als Claudecit in der Natur vor. Bei der Sublimation verdichtet sich an den heißesten Stellen des Apparates amorphes Arsenglas, an den kältesten das regulär krystallisierte, zwischen beiden rhombisches Arsenik. Das amorphe Glas erhält sich, wenn es unter Wasser oder Spiritus aufbewahrt wird, lange Zeit unverändert, an der Luft verliert es zuerst an der Außenfläche, allmählich nach innen fortschreitend, seine durchsichtige Beschaffenheit und wird porzellanweiß, indem es aus dem amorphen in den krystallisierten Zustand übergeht; mit dieser Umwandlung geht eine Veränderung mehrerer Eigenschaften Hand in Hand. Das spec. Gewicht der amorphen A. S. ist 3,738, das der regulär krystallisierten 3,689, die amorphe A. S. ist in 25 Teilen kalten Wassers löslich, die krystallisierte erfordert 80 Teile Wasser zur Lösung. Die amorphe Modifikation geht in Lösungen sehr leicht in regulär krystallisierte über, so z. B. beim bloßen Kochen; läßt man eine heiße wässerige Lösung nach Zusatz von etwas Salzsäure in einem dunkeln Raume erkalten, so bemerkt man bei dem Anschießen der Krystalle fortdauernde Lichtentwicklung. Die wässerige Lösung reagiert deutlich sauer und hat einen süßlichen Geschmack.

In verdünnten Säuren ist die A. S. leichter löslich als in Wasser; beim Kochen mit Salpetersäure wird sie in Arsensäure verwandelt. Erhitzt man A. S. mit Cyankalium oder leitet man ihren Dampf in einem Glasrohr über ein Stückchen glühender Kohle, so wird sie reduziert, und es scheidet sich schwarzes glänzendes Arsen als Belag an der Wandung ab (Erkennungsmittel). Schwefelwasserstoff bringt in der sauren wässerigen Lösung einen citrongelben Niederschlag von Arsentrisulfid hervor, der in Schwefelammonium löslich ist; metallisches Zink scheidet aus der sauren Lösung Arsen ab, wobei sich Arsenwasserstoff entwickelt, durch den die geringsten Spuren nachgewiesen werden können. (S. Arsenwasserstoff.)

In der Medizin wird A. S. bisweilen angewendet, entweder in Form von Pillen, Pulvern oder als Lösung ihres Kalisalzes, Fowlersche Lösung oder Tropfen (s. d.). - Bei der Verwendung der A. S. (s. Arsen) ist mit größter Vorsicht zu verfahren, da sie zu den stärksten Giften gehört. (S. Arsenikvergiftung.) Unter Umständen bewirken schon Dosen von 0,060 g den Tod, eine Gabe von 0,20 bis 0,25 g ist fast immer tödlich; die höchste Gesamtdosis, die vom Arzt verordnet werden darf, beträgt 0,010 g in 24 Stunden. Es kann jedoch der Organismus sich an dieses Gift in höherm Maße als an irgend ein anderes gewöhnen, wenn dasselbe mit kleinen Mengen anfangend dauernd gebraucht wird (s. Arsenikesser). Tieren erteilt eine geringe Menge A. S. ein glattes Haar und belebten Blick, weshalb sie von Roßtäuschern häufig gebraucht wird; auch soll sie die Mastungsfähigkeit der Tiere befördern, und es ist empfohlen worden, den Masttieren täglich A. S. zu reichen, doch ist ein solches Vorgehen im höchsten Grade verwerflich, da man nicht weiß, wie viel von dem Gifte im Organismus zurückgehalten wird und inwieweit das Fleisch solcher Tiere gesundheitsgefährlich ist. Es liegt in dieser Richtung nur eine Beobachtung von Sonnenschein vor, der das Fleisch einer Kuh untersuchte, die in sechs Monaten angeblich 506 g A. S. gefressen hatte; das Fleisch dieser Kuh enthielt so wenig A. S., daß eine Gefahr beim Genusse desselben allerdings nicht zu befürchten stand; doch hielt dieser vorsichtige Beobachter damit den Gegenstand durchaus nicht für erledigt, sondern "eingehender sanitätlicher Erwägung bedürftig und Wiederholung für wünschenswert".

Die Salze der A. S. (Arsenite) leiten sich teils von dem Hydrat, As(OH)3 ^[As(OH)<sub>3</sub>], teils von den Anhydrohydraten AsO(OH) und As2O(OH)4 ^[As<sub>2</sub>O(OH)<sub>4</sub>] ab. Die Kalium-, Natrium- und Ammoniumsalze sind leicht löslich und krystallisierbar, die meisten übrigen unlöslich; alle werden durch verdünnte Säuren, die löslichen sogar durch Kohlensäure leicht zersetzt; beim Erwärmen mit saurem weinsaurem Kalium entsteht eine krystallisierbare, dem Brechweinstein der Antimonreihe entsprechende Verbindung.

Arsenik, s. Arsen; weißer A., s. Arsenige Säure.

Arsenikalien, im Handel Bezeichnung für alle diejenigen Präparate und chem. Verbindungen, die Arsen als wesentlichen oder charakteristischen Bestandteil enthalten. Dieselben dürfen in Deutschland im Kleinverkehr von Händlern an das Publikum nicht verkauft werden, in Apotheken nur gegen Giftschein an bekannte, vertrauenswürdige Personen. Im Großhandel werden A. nur dann zum Eisenbahntransport zugelassen, wenn sie in doppelte Fässer oder Kisten verpackt sind, auf denen mit schwarzer Ölfarbe die Worte "Arsenik (Gift)" in leserlichen Buchstaben angebracht sind. Die Böden der Fässer müssen mit Einlagereifen, die Deckel der Kisten mit Reifen oder eisernen Bändern gesichert werden. Die innern Fässer oder Kisten sind von