Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Astrachan; Astrachanit; Astrachankosaken; Astragal; Astragalus

2

Astrachan (Lämmerfelle) - Astragalus

und Salzmoore voneinander getrennt; der wichtigste derselben ist der Kremlhügel, früher Sajazhügel genannt, 12,5 m über dem Kaspischen Meere. Zum Schutz gegen Überschwemmung ist die Stadt von allen Seiten mit Erddämmen umgeben. Die sumpfige Lage, der Mangel an Trinkwasser, das meist fehlende Straßenpflaster, ein mangelhaftes Abfuhrsystem wirken ungünstig auf die Gesundheitsverhältnisse. Die Temperatur schwankt von +38,9° C. im Sommer bis -31,7° im Winter, und ist im Mittel 9,8°. Die Sterblichkeit beträgt 4 Proz., der Zuwachs an Geburten 0,6 Proz. 1884 zählte man in A. 204 Straßen mit 2087 steinernen und 7367 hölzernen Häusern. Die Bevölkerung beträgt (1888) 73710 (40200 männl., 33510 weibl.) E., darunter 56465 Russen, 6200 Armenier, ferner Perser, Tataren u. s. w. In Garnison liegt das 1. Astrachan-Kosakenregiment. Die Stadt hat einen gemischten europ.-asiat. Charakter. Das wichtigste Gebäude ist der 1582 begonnene, 1692 beendete Kreml mit 2 Kathedralen, deren hauptsächlichste (der Uspenskij Sobor) 1602 erbaut und 1710 erneuert wurde. Außerdem sind vorhanden 28 griech.-kath. Kirchen, 2 Klöster, 6 armenisch-gregorianische Kirchen, 1 röm.-kath. Kirche und 2 Kapellen, 1 evang. Kirche, 1 sunnitische und 6 schiitische Moscheen, 2 Synagogen. A. ist Sitz des Gonverneurs, des griech.-kath. Erzbischofs von A. und Jenotajewsk, eines armenisch-gregorianischen Erzbischofs und einer lamaitischen Vorsteherschaft. Es besitzt ein geistliches Seminar, je 1 Gymnasium für Knaben und Mädchen, 1 Realschule, l armenische Kreisschule, 3 mohammed. Medrese, 3 Mektebe sowie verschiedene Volksschulen, darunter solche für Armenier, Kalmücken, Tataren, 1 Theater, 1 öffentliche Bibliothek (13968 Bde.), mehrere Krankenhäuser, 1 Irrenhaus, 4 Buchdruckereien, 4 Zeitungen. An Verkehrsanstalten sind vorhanden Post, Telegraph, Börse (seit 1870), 4 Bauten, Zollamt und besonders der Hafen, der den gesamten Verkehr des innern Rußlands mit Centralasien, Persien, Transkaukasien vermittelt. Es treffen jährlich etwa 1775 Schiffe auf der Wolga und 4215 vom Meere her ein. Der Wert der Einfuhr und Ausfuhr betrug 1889 30,44 Mill. Rubel. Die Haupteinfuhrartikel sind Baumwolle und Früchte. Von den Gewerben der Stadt blühen am meisten die Fischerei mit ihren Nebenzweigen, wie Kaviarbereitung, Thransiederei u. s. w., und der Gartenbau, namentlich Gemüse- und Weinbau. Letzterer, 1613 hier eingeführt, liefert jährlich etwa 1200 hl Wein. Ferner giebt es 5 Wattefabriken, 2 Färbereien, 3 Maschinenfabriken u. s. w., im ganzen (1885) 62 Fabrik- und Gewerbeanlagen.

Das alte A., tatar. Chadschi Tarchan, Adjasch-Tarchan, Chosi-Tarchan, Chosar, Aschtarakan, Zytrykan oder Sytrykan (bei den Italienern Citracano) genannt, lag etwa 11 km höher als die jetzige Stadt, auf dem sog. Scharenyj-Hügel. Auf dem jetzigen Platz befindet es sich nicht später als 1568. Im J. 1557 kam es schon in die Hände der Russen. 1561 wurde es ohne Erfolg von den Osmanen und Krimschen Tataren unter Selim II. bestürmt. Es hatte dann durch Plünderungen der Kosaken, Einfälle der Tataren und Erdbeben zu leiden. 1667 wurde es vom Räuber Stenka Rasin eingenommen und niedergebrannt, Scheremetjew dämpfte hier 1705 einen Aufstand der Strelizen. Peter d. Gr. machte A. zur Basis seiner Kriegsoperationen gegen Zentralasien, welche Stellung es bis 1867 behielt, wo die Admiralität und der Kriegshafen von hier nach Baku verlegt wurden. Die von jeher große Bedeutung des Handelshafens ist in neuerer Zeit durch die Petroleumindnstrie in Baku und durch die Erbauung der Transkaspischen Eisenbahn noch mehr gestiegen.

Astrachan, Baranken, Baranjen, die nach der russ. Stadt A. benannten lockigen, kleinen, schwarzbraunen Lämmerfelle. Nach dem Kopfe zu sind die Locken großflammiger, nach dem Schwanzende hin schlichter oder glatter. Man erhält sie aus dem südl. Rußland, der Tatarei und Persien. Die im Handel vorkommenden tiefschwarzen A. sind stets gefärbt, jedoch zum Nachteil der Haut, die dadurch mürbe wird. Unter dem Namen A. kommen auch Nachahmungen durch plüschartige Gewebe im Handel vor, bei denen die gelockte, glänzende Oberfläche der echten Ware oft täuschend nachgeahmt ist. Man erkennt diese Nachahmungen jedoch sehr leicht an der allzu gleichartigen Beschaffenheit der Locken und dem am Grunde sichtbaren Gewebe.

Astrachanit, Astrakanit, auch Blödit oder Simonyit, ein Mineral, das an der untern Wolga vorkommt und aus dem Wasser der dortigen Seen auskrystallisiert ist, aber auch in Staßfurt, Ischl, Hallstadt sowie in Mendoza und San Juan (Argentinien) und in den Mayo Salt-Minen (Pandschab) gefunden wird; es ist ein Doppelsalz von schwefelsaurem Natrium und schwefelsaurem Magnesium.

Astrachankosaken, an dem Unterlaufe und an den Mündungen der Wolga in zerstreuten Ansiedelungen lebend, gehören in militär. Hinsicht zu dem Militärbezirke Kasan; in Verwaltungsangelegenheiten werden sie von dem Gouverneur von Astrachan als stellvertretendem Ataman geleitet. Das Gebiet zerfällt in zwei Abteilungen und hatte 1887 eine Bevölkerung von rund 27500 Köpfen, darunter etwa 25000 Kosaken. Das Astrachankosakenheer stellt im Frieden 1 Reiterregiment zu 4 Sotnien, im Kriege 3 Reiterregimenter zu 4 Sotnien auf. Die Kriegsstärke beträgt rund 2000 Köpfe und Pferde.

Astragal, in der Baukunst, s. Astragalus.

Astragalus L., Pflanzengattung aus der Familie der Leguminosen (s. d.), Abteilung der Papilionaceen, mit gegen 500, meist in der nördl. gemäßigten Zone, besonders reichlich in Sibirien, am Himalaja und im westl. Asien wachsenden Arten; krautartige Gewächse oder Sträucher mit gefiederten Blättern. Von einigen in den Mittelmeerländern und Kleinasien einheimischen Arten stammt das sog. Tragantgummi, besonders von A. creticus Lam. und A. Parnassii Boiss., die beide in Griechenland und auf Kreta zu Hause sind, sowie A. verus Oliv. vom Libanon. (S. Tragant.) Unter den krautigen Arten verdienen der in fast ganz Europa, namentlich auch in Deutschland unter Gebüsch und in Laubwäldern auf humosem Boden wachsende süßblätterige Tragant, A. glycyphyllos L., auch Deutsches Süßholz genannt, und der in Südspanien heimische A. baeticus L., Kaffeetragant, Stragelkaffee, besondere Erwähnung. Erstgenannte Art ist eine perennierende Pflanze mit oft sehr langen, kriechenden und kletternden saftvollen Stengeln und gelblichgrünen oder schmutzig violettgrünen Blüten. Stengel und Blätter enthalten ziemlich viel Zucker, weshalb sie süß, dem Süßholz ähnlich, schmecken; Kraut und Samen dieser Art waren sonst als Herba und Semen Glycyrrhizae sylvestris offizinell. Der Kaffeetragans, eine einjährige