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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: August II.

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August II. (Kurfürst von Sachsen)

Kaufmann seines Landes machte A. seine Kammergüter und Regalien zur Grundlage der gesamten kursächs. Volkswirtschaft, wie er denn auch zunächst für seine Zwecke die erste Landesaufnahme durch Hiob Magdeburg veranlaßte. Er sorgte für die Verbesserung der Viehzucht, des Obst- und Weinbaues; die Forsten wurden planmäßig bewirtschaftet, der Holzhandel durch eine großartige Flößerei gefördert. Der Bergbau erlebte eine neue glänzende Blütezeit und gab die Grundlage zu dem überaus soliden Münzwesen. Das Gewerbe blühte namentlich durch die Einwanderung zahlreicher Niederländer (etwa 20000) auf, die auch zuerst die Baumwollweberei einführten. Sorgfältig wachte der Kurfürst über die ungeschmälerte Behauptung des Leipziger Stapelrechts, förderte daher den Elbverkehr nur so weit, als es sich mit Leipzigs Vorteil vertrug, that dagegen viel für die Verbesserung und Sicherheit der Straßen und stellte seit 1563 «Postboten» an. Dazu schloß er seine Lande rechtlich ab durch die «Konstitutionen» vom 21. April 1572, das erste Beispiel einer einheitlichen Landesgesetzgebung in Deutschland (auf Grund altsächs. und röm. Rechts) und die Abzweigung eines Oberappellationsgerichts vom «Hofrat». M stattlichen Schloßbauten (Augustusburg, Annaburg) zeigte A. seinen Kunstsinn und Reichtum. Auch die geistige Bildung des Volks fand Förderung. Die innern Einrichtungen der Schulen wurden geordnet, auf den beiden Universitäten neue Lehrstühle errichtet, botan. Gärten angelegt und die Studienpläne bis ins einzelne vorgezeichnet. Die Bibliothek zu Dresden verdankt ihm ihre Grundlage, auch die meisten andern Sammlungen für Wissenschaft und Kunst, namentlich das Grüne Gewölbe, stammen aus seiner Zeit. Seine Lieblingsbeschäftigung war neben dem Drechseln die Alchimie. Als seine Gemahlin Anna 1. Okt. 1585 gestorben war, vermählte sich A. 3. Jan. 1580 mit Hedwig, der 13jährigen Tochter des Fürsten Joachim von Anhalt. Doch schon 12. Febr. 1580 starb er zu Dresden und wurde im Dome zu Freiberg begraben. Ihm folgte in der Regierung sein Sohn Christian I. Seine junge Witwe vermählte sich wieder mit dem Herzoge Johann von Holstein.

Vgl. Calinich, Kampf und Untergang des Melanchthonismus in Kursachsen (Lpz. 1860): Falke, Die Geschichte des Kurfürsten A. von Sachsen in volkswirtschaftlicher Beziehung (ebd. 1868).

August II. (Friedrich August I.), der Starke, Kurfürst von Sachsen (unter letzterm Namen) 1694-1733 und seit 1697 auch König von Polen (unter ersterm), der zweite Sohn Johann Georgs III., Kurfürsten von Sachsen, und der dän. Prinzessin Anna Sophia, geb. 12. Mai 1670 zu Dresden, erhielt eine sorgfältige Erziehung, die durch Übung in allen ritterlichen Künsten seine außerordentliche Körperstärke entwickelte. 1687-89 bereiste er Deutschland, Frankreich, Holland, England, Spanien, Italien und Ungarn. Während die üppige Pracht, die an den Höfen von London und Versailles herrschte, ihn blendete, ward zugleich durch die Huldigungen, die man seinen persönlichen Vorzügen darbrachte, sein Ehrgeiz genährt. Als sein Vater 1691 gestorben war, ging er nach Wien, wo er mit König Joseph I. eine Freundschaft schloß, die seine Politik wesentlich beeinflußte. Nachdem er sich 1693 mit Christine Eberhardine von Brandenburg-Kulmbach vermählt hatte, gelangte er durch seines Bruders, Johann Georgs IV., Tod 27. April 1694 zur Kurwürde und übernahm den Oberbefehl über das österr. sächs. Heer gegen die Türken in Ungarn, den er aber nach der Schlacht bei Olasch, 27. Aug. 1696, wieder niederlegte. Er kehrte nach Wien zurück und faßte den Plan, sich um den durch den Tod Johann Sobieskis erledigten poln. Thron zu bewerben. Durch reichliche Bestechungen und seinen Übertritt zur kath. Kirche (2. Juni 1697) beseitigte A. die Hindernisse seiner Wahl; doch gewährleistete er seinen Unterthanen den ungeschmälerten Fortbestand der prot. Kirche im Lande, während er zugleich seine landesbischöfl. Stellung den in evangelicis beauftragten Geheimräten übertrug. Um die Kaufsumme aufzubringen, verkaufte und verpfändete er mehrere Teile seines Erblandes, ja sogar an Brandenburg die letzten Überreste der Besitzungen des Stammhauses Wettin, das Amt Petersberg bei Halle, dazu die Erbvogtei über Quedlinburg und die Reichsvogtei über Nordhausen, wie er andererseits 1697 sein Anrecht auf Sachsen-Lauenburg an Hannover veräußerte und 1699 die Lehnshoheit über Schwarzburg preisgab. Am 27. Juni 1697 ward A. von dem poln. Reichstage zum Könige erwählt. Da indes eine Partei sich für den Prinzen Conti erklärte, rückte er mit 10000 Sachsen in Polen ein, und 15. Sept. fand seine Krönung in Krakau statt. Bald fühlte jedoch der Kurstaat Sachsen die Last der neuen Krone seines Fürsten. A. hatte versprochen, die an Schweden abgetretenen poln. Provinzen wieder mit Polen zu vereinigen. Dessenungeachtet waren die poln. Großen dem Kampfe abgeneigt, und der König mußte ihn nun meist mit sächs. Truppen auf Kosten seines Erblandes führen. (S. Nordischer Krieg.)

Nachdem Karl XII. von Schweden die Sachsen 19. Juli 1702 bei Klissow und 1. Mai 1703 bei Pultusk geschlagen hatte, erklärte der poln. Reichsrat unter Schwedens Einfluß A. 14. Febr. 1704 der poln. Krone verlustig, worauf 12. Juli 1704 Stanislaus Leszczynski (s. d.) zum König erwählt wurde. Der Sieg Karls XII. bei Fraustadt (13. Febr. 1706) über den sächs. Feldmarschall Graf Schulenburg nötigte A. zum Frieden von Altranstädt (s. d.), in dem er der poln. Krone entsagte. A. wohnte dann 1708 unter dem Prinzen Eugen dem Feldzuge gegen die Franzosen bei und ließ zu Eugens Heer in den Niederlanden 9000 Sachsen stoßen. Auf die Nachricht von Karls XII. Niederlage bei Pultawa sagte er sich 8. Aug. 1709 von dem Vertrag von Altranstädt los und verband sich aufs neue mit dem Zaren Peter gegen Schweden, bis der Tod Karls XII. bei Friedrickshall (1718) dem Kriege eine entscheidende Wendung gab. Die nächste Folge war der Waffenstillstand mit Schweden Dez. 1719, der erst 1732 in einen Frieden verwandelt wurde. A. wurde darin als König von Polen anerkannt. In Polen waren jedoch die Sachsen durch die Konföderierten, an deren Spitze Stanislaus Ledochowski, nachmaliger Palatin von Bolhynien, stand, angegriffen und zur Ergebung gezwungen worden. Unter russ. Vermittelung kam es 1716 zwischen A. und der Republik Polen zu dem sog. Warschauer Vertrage, demzufolge die sächs. Truppen das Königreich verließen. So sah sich A. genötigt, den Gedanken, die poln. Nation mit Gewalt zu unterwerfen, aufzugeben; dafür aber gelang es ihm, die Polen durch den Reiz eines glänzenden und üppigen Hofhalts zu gewinnen. Sachsen hatte infolgedessen schwere Opfer zu bringen, und bald geriet der Staatshaushalt des ohnedies schon verarmten Landes vollends in Zerrüttung. Dazu wurden an