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Auswanderung
Hieraus ist zu entnehmen, daß vornehmlich die in den besten Lebensjahren stehende Bevölkerung an der A. teilnimmt, und zwar die männliche mehr als die weibliche; so waren unter den Auswanderern des J. 1893 56,3 Proz., unter der Gesamtbevölkerung dagegen nur 49 Proz. männlichen Geschlechts. Ein sicheres Urteil über die Frage nach den Berufsverhältnissen der Auswanderer lassen die bisherigen statist. Ermittelungen nicht zu. Im Frühjahr pflegt die A. am stärksten, im Winter am schwächsten zu sein. Die vorstehenden Angaben beziehen sich nur auf die überseeische A.; diejenige über die Landesgrenzen, namentlich nach Rußland, ist unberücksichtigt geblieben, sie dürfte jedoch von der gesamten Einwanderung nach Deutschland, die ebenso wie jene A. nur geringfügig ist, ungefähr ausgeglichen werden, so daß die mitgeteilten Zahlen ein im wesentlichen zutreffendes Bild von dem Menschenverlust durch A. liefern.
Die A. aus Großbritannien und Irland nach außereurop. Ländern war bis zum J. 1815 außerordentlich geringfügig. Seitdem ist sie, von einigen Schwankungen abgesehen, andauernd gestiegen und erreichte in den vierziger und fünfziger Jahren eine bedeutende Höhe.
Die Zahl der auswandernden Personen betrug:
In den Jahren überhaupt Darunter nach
Den Ver. St. Brit. Nordamerika Australien
1853/60 1312683 805590 123408 365307
1861/70 1571829 1132620 130310 267358
1871/80 1678919 1087372 177976 303367
1881 243002 176104 23912 22682
1882 279366 181903 40441 37289
1883 320118 191573 44185 71264
1884 242179 155280 31134 44255
1885 207644 137687 19838 39395
1886 232900 152710 24745 43076
1887 281487 201526 32025 34183
1888 279928 195986 34853 31127
1889 253795 168771 28269 28294
1890 315980 233522 31897 21570
1891 334543 252016 33752 19957
1892 321397 235221 41866 16183
1893 307750 213247 50371 11470
1815/93: 13761378 9251025 2145133 l732868
Der ausgedehnte Kolonialbesitz der Briten bewirkt, daß ihre A. weniger einseitig ist als die anderer Völker; dennoch wenden sich etwa zwei Drittel aller Auswanderer nach den Vereinigten Staaten. Unter der Gesamtzahl der in den J. 1853-92 nach den Vereinigten Staaten von Amerika gegangenen britischen und irischen Auswanderer von 5015981 waren 2191991 Engländer, 409741 Schotten und 2444249 Irländer. Dem Verluste Großbritanniens durch A. steht überdies ein nicht geringer Gewinn durch Einwanderung gegenüber, der das Endergebnis erheblich günstiger für das Land erscheinen läßt. 1892 z. B. wanderten insgesamt 97789. Briten aus überseeischen Ländern nach dem Vereinigten Königreich ein und 210042 Briten nach jenen aus, so daß sich ein Wanderungsverlust von nur 112262 Personen ergab.
Bedeutend ist auch die A. aus Italien, namentlich wenn man die von der ital. Statistik unterschiedene «zeitweilige» A. hinzurechnet. Zu letzterer werden diejenigen Auswanderer gerechnet, welche bei der Entnahme eines Passes erklären, daß sie vor Ablauf eines Jahres zurückzukehren gedenken. Es gehören hierher namentlich die Arbeiter, die nach andern europ. Ländern wandern, um bei Eisenbahnbauten, Straßenanlagen u. s. w. Beschäftigung zu finden. Es wanderten aus (im Durchschnitt der Jahre und jährlich):
Jahre Dauernd Zeitweilig überhaupt
1876-80 27627 81169 108796
1881-85 62170 91971 154141
1886 85355 82474 167829
1887 127748 87917 215665
1888 195993 94743 290730
1889 113093 105319 218412
1890 104733 112511 217244
1891 175520 118111 293631
1892 107369 116298 223667
1893 124312 122439 240751
Die Zahlen für die dauernde und die zeitweilige A. fallen ziemlich genau zusammen mit der Unterscheidung der A. nach außereurop. und europ. Ländern. Die Vereinigten Staaten üben auf die Italiener nur geringe Anziehungskraft aus, der Hauptstrom der italienischen überseeischen A. fließt nach Südamerika. Von sämtlichen 293631 Auswanderern des J. 1891 kamen auf Europa 103885 oder 35 Proz., auf Amerika 186472 oder 63Proz., darunter auf Brasilien 111346 oder 38 Proz., auf die La Plata-Staaten 27542 oder 9 Proz. und auf die Vereinigten Staaten nebst Canada 44522 oder 15 Proz. Die A. nach den La Plata-Staaten ist neuerdings stark zurückgegangen (1891: 27542), wahrscheinlich vorübergehend, wie sich auch die A. nach Brasilien während der dortigen polit. Unruhen (1889/90) auf etwa 16000 Personen verminderte, um 1891 wieder auf 108414 zu steigen.
Auch die Skandinavische Halbinsel stellt einen verhältnismäßig großen Teil von Auswanderern fast ausschließlich für Nordamerika. Die durchschnittliche jährliche Ziffer der schwedischen A. betrug 1856-60 nur 831, 1861-65 schon 3963, 1866-70: 20526, 1871-75: 12893, 1870-80: 17160, 1881-85: 34966, 1886-90: 40314 und 1891: 42776. Von diesen letztern wandten sich 36134 Personen nach den Vereinigten Staaten. Für Norwegen betrug die jährliche Durchschnittszahl 1836-45: 620,1846-55: 3227, 1856-65: 4500, 1866-70: 15593, 1871-75: 10166, 1876-80: 9156, 1881-85: 22454, 1886-90: 16197, 1891: 13341 und 1892: 17049, fast durchweg nach den Vereinigten Staaten.
Die gleiche Richtung wie die skandinavische A. schlägt diejenige Dänemarks ein: sie betrug durchschnittlich jährlich 1876-80: 5045, 1881-85: 11145, 1880-90: 9892, 1891: 10382 und 1892: 10422 Personen.
Über die A. der Schweiz liegen erst seit 1882 zuverlässige Angaben vor. 1881-85 wanderten durchschnittlich jährlich 10718,1886-90: 7678 und 1891: 7516 Personen aus, hauptsächlich nach den Vereinigten Staaten (1891: 6920). Im J. 1892 zählte man 7835 Auswanderer, darunter 7342 nach Nordamerika.
Aus den Niederlanden wanderten nach den Kolonien 1881-85 durchschnittlich jährlich 3174, 1886: 3348, nach dem Auslande 12150 und 12127.