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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Bayern (Gesundheitswesen, Wohlthätigkeitsanst. Versicherungswesen. Heerwesen)

Gesundheitswesen, Wohlthätigkeitsanstalten. Als Behörden des Gesundheitswesens und der gerichtlichen Heilkunde bestehen bei dem Ministerium des Innern der Obermedizinalausschuß; der Landestierarzt für das Veterinärwesen; bei den Kreisregierungen je ein Kreismedizinalausschuß und Kreistierarzt; für den äußern ärztlichen Dienst sind bei den Landgerichten ein Landgerichtsarzt, bei den Bezirksämtern Bezirksärzte und Bezirkstierärzte aufgestellt, sämtlich vom König ernannt. Für jeden Kreis besteht eine Kreisirrenanstalt, in Oberbayern und Schwaben jedoch je zwei. Die Armenpflege ist eine Angelegenheit der Orts-, Distrikts- und Kreisgemeinden. Das Armenrecht ist geregelt durch das Gesetz vom 29. April 1869 mit Abänderung vom 3. Febr. 1888. In jeder Gemeinde besteht ein Armenpflegschaftsrat, dessen Vorstand der dienstälteste Pfarrer ist. Im J. 1893 wurden 183220 Personen unterstützt, darunter 114427 dauernd. Die Zahl der eigentlich verarmten Unterstützten beträgt 79352 Personen, d. i. 1,6 Proz. der Bevölkerung. Die Gesamtausgaben der öffentlichen Armenpflege betrugen 12036237 M. (davon aus Kreismitteln 1701335 M., aus Distriktsfonds für die mit Armenlasten überbürdeten Gemeinden 927880 M.). Das rentierende Vermögen der gemeindlichen Armenpflege betrug 1892: 20876134 M., das der Distriktsarmenfonds 3537496 M., das aller (6238) Wohlthätigkeitsstiftungen 217319212 M. 1892 bestanden 359 Krankenanstalten, 288 Pfründenhäuser und Armenversorgungsanstalten, 73 Waisen-und Findlingshäuser, Rettungsanstalten für verwahrloste Kinder, 2l7 Säuglingsanstalten, 64 Armenbeschäftigungs- und Suppenanstalten. Außerdem bestehen 455 Privatwohlthätigkeitsvereine (5349644 M. rentierendes Vermögen; 1892 wurden 64292 Personen unterstützt und hierfür 962847 M. verausgabt). Privatwohlthätigkeitsanstalten bestanden (1892) 277; in denselben fanden 55836 Personen Unterstützung.

Versicherungswesen. Im J. 1892 bestanden 6 Hagelversicherungsanstalten, darunter 1 staatliche; die Zahl der Versicherungsnehmer betrug 105629 mit einer Versicherungssumme von 178002469 M. Viehversicherungsvereine giebt es 430, Viehversicherungsgesellschaften sind 6 zugelassen, bei letztern waren versichert 2,9 Proz. der Pferde und 0,15 Proz. des Rindviehs. Die Immobiliar-Brandversicherung ist ausschließlich staatlich, Mobiliar-Brandversicherungsgesellschaften sind 25 zugelassen.

Zur Beaufsichtigung der Berufsgenossenschaften für Unfallversicherung besteht ein Landesversicherungsamt für ausschließlich bayr. Berufsgenossenschaften. Ihm unterstehen die 8 Land- und forstwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften (s. d.), die Bayrische Baugewerks-Berufsgenossenschaft (s. Baugewerks-Berufsgenossenschaften) und die Bayrische Holzindustrie-Berufsgenossenschaft (s. Holz-Berufsgenossenschaften), welche beiden letztern sich ganz über B. erstrecken; die zur selbständigen Durchführung der Invaliditäts- und Altersversicherung für Eisenbahn-Hilfsbedienstete und -Arbeiter gebildete «Arbeiterpensionskasse der königlich bayr. Staatseisenbahnverwaltung» nur nach §. 94 des Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetzes; die 8 Alters- und Invaliditätsversicherungsanstalten, letztere aber nur in finanziellen Angelegenheiten, bei der Erlassung statutarischer Bestimmungen, bei Strafverfügungen von Organen der Versicherungsanstalten (Beschwerde zulässig) sowie nach den §§. 131 und 134 des Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetzes. Zugleich bildet dasselbe die letzte Instanz über die Beschwerden gegen Verfügungen und Entscheidungen der Schiedsgerichte; für je eine der 8 Berufsgenossenschaften besteht ein Schiedsgericht. Einer Berufsgenossenschaft nicht angeschlossen sind 1) die Betriebe der Heeresverwaltung, 2) der Betrieb der Staatseisenbahnen, des Ludwig-Donau-Mainkanals, der Bodensee- und Rheindampfschiffahrt, 3) der Betrieb der Post- und Telegraphenverwaltung, 4) der Staatsforstbetriebe, 5) die Stadtgemeinden München, Nürnberg und Würzburg bezüglich der in eigener Regie ausgeführten Arbeiten. Die Stelle der Berufsgenossenschaften hierfür als Ausführungsbehörden vertreten hier 1) die beiden Korpsintendanturen, 2) die Generaldirektion der Königlich Bayr. Staatseisenbahnen, 3) die Generaldirektion der Königlich Bayr. Posten und Telegraphen, 4) die 8 Regierungsfinanzkammern, Forstabteilungen, 5) die betreffenden Magistrate. 1893 waren im Königreich zum Schutz gegen Krankheit 4080 Gemeindekrankenversicherungskassen, 557 Orts-, Betriebs-, Bau- und Innungskrankenkassen, 13 eingeschriebene und 11 landesrechtliche Hilfskassen mit einer Gesamtmitgliederzahl von 624615 Personen (1. Jan. 1893) thätig. Die Einnahmen betrugen 9959862 M., die Ausgaben 9293521 M. 1889 bestanden ferner 464 Sterbekassen, 87 Witwen- und Waisenkassen, 704 gemischte Hilfskassen, 42 Invaliditätskassen und Pensionsvereine und 525 Krankenunterstützungskassen. ^[Spaltenwechsel]

Heerwesen. Die bayr. Armee bildet einen selbständigen Bestandteil des Reichsheers mit eigener Verwaltung unter der Militärhoheit des Königs von B., im Kriegsfall jedoch unter dem Oberbefehl des Deutschen Kaisers. Sie zählt an Mannschaften 66168 mit 2548 Offizieren (einschließlich der Leibgarde der Hartschiere, der Halbinvaliden, der Militärerziehungs- und Bildungsanstalten, der militär. Gefängnisse und Arbeiterabteilung) und ist in 2 Armeekorps formiert, mit dem Sitze der Generalkommandos in München und Würzburg und in 5 Divisionen mit je 2 Infanterie- und einer Kavalleriebrigade. Die Divisionskommandos befinden sich in München, Augsburg, Nürnberg, Würzburg und Landau (Pfalz). Jedem Armeekorps ist eine Artilleriebrigade zugeteilt; das bayr. Heer umfaßt 20 Infanterieregimenter, 2 Jägerbataillone, 10 Kavallerieregimenter (2 schwere Reiter-, 6 Chevaulegers-, 2 Ulanenregimenter), 5 Feld- und 2 Fußartillerieregimenter, 2 Pionier-, 1 Eisenbahn- sowie 2 Trainbataillone. Dazu kommen noch die Generalinspektion der Armee, unter der die Infanterie- und Kavallerie-Beratungskommission stehen, und der Generalstab mit dem topogr. Bureau, das Hauptkonservatorium der Armee, das Armeemuseum, das Invalidenhaus, die seit 1875 bestehenden Halbinvalidenabteilungen zu Wasserburg und Würzburg und das Gendarmeriekorps. Militärbildungsanstalten sind die Kriegsakademie, die Artillerie- und Ingenieurschule, die Kriegsschule und das Kadettenkorps in München sowie die Unteroffiziersschule in Fürstenfeldbruck. Festungen sind Ingolstadt und Germersheim; Oberhaus bei Passau ist militär. Strafanstalt. Näheres über Dienstzeit, Organisation, Formation u. s. w. s. Deutsches Heerwesen.

Von den (1893) 60474 Gestellungspflichtigen haben sich 58476 wirklich vorgestellt; davon wurden 32476 für tauglich, 4691 bedingt tauglich und 3802 dauernd untauglich, 7498 zeitig untauglich und