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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Bergwerkseigentum

baues zu subsumieren. - Dasselbe bestimmen im wesentlichen das österr. Gesetz vom 23. Mai 1854, die deutschen Berggesetze und das franz. Recht.

Bestehender Rechtszustand. Derselbe ist das Ergebnis einer langen histor. Entwicklung. Nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen erstreckt sich das Eigentum am Grundstück nicht nur auf die Oberfläche, sondern auch, soweit die menschliche Macht reicht, abwärts in das Innere der Erde; es umfaßt also auch alle edeln und unedeln Mineralien und Fossilien. Ein Bergbaubetrieb durch dritte Personen ist hiernach ohne Einwilligung des Grundeigentümers nicht statthaft. Dies ist der Rechtszustand gewesen bei den Römern und Griechen, und ist es noch heute, wenn auch mit einigen Modifikationen, in Rußland, Polen, Toscana, England und den nordamerik. Freistaaten. Ein rationeller, intensiver Bergbau, der die Schätze des Bodens vollkommen erschließt und in Verkehr setzt, ist bei einer solchen Gesetzgebung nicht möglich; die Interessen der Volkswirtschaft bedingen deshalb eine Durchbrechung der oben erwähnten, der Hebung des Volkswohles hinderlichen Rechtsregel. Dieser Gedanke ist dann auch in das Rechtsbewußtsein der modernen Völker übergegangen und hat in den Rechten fast aller civilisierten Staaten zum Begriff der Berghoheit geführt. Dies geschah dadurch, daß bestimmte nutzbare Mineralien und Fossilien der Verfügungsgewalt des Grundeigentümers entzogen wurden und der Staat sich die ausschließliche Befugnis beilegte, nach Erfüllung gewisser Bedingungen Privatpersonen das Recht zur Aufsuchung und Gewinnung jener Mineralien und Fossilien als ein besonderes Bergeigentum zu verleihen. Der Bergbau ist dadurch für jedermann freigegeben (Bergbaufreiheit, Bergfreiheit), für "frei erklärt", wie der technische Ausdruck lautet. Dies Hoheitsrecht hat sich indes sehr allmählich entwickelt; erst in den neuesten Berggesetzen ist es nach dem Vorgange des franz. Rechts in voller Schärfe zur Anerkennung gelangt. Zunächst nahmen die Territorialherren das Bergbaurecht in der gemeinen Mark für sich in Anspruch und stellten es überall dem landesherrlichen Grundeigentum gleich. So kam es, daß unter Mithilfe des Lehnrechts sich das Bergregal entwickelte, inhalts dessen der Staat bestimmte Mineralien und Fossilien (regale Fossilien) für sich in Anspruch nahm. Die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. (1356) gewährte den geistlichen und weltlichen Kurfürsten unter andern Rechten auch das Bergwerksregal, und die Wahlkapitulation Kaiser Karls V. vom J. 1519 garantierte den Reichsfürsten bereits ihre Regalien; ein Rechtszustand, den der Osnabrücker Friede ausdrücklich bestätigte. Die ältere Theorie bezeichnet als Inhalt des Bergregals das Eigentum an den regalen Mineralien in und mit ihren Lagerstätten, während man in neuerer Zeit darunter ein an sich dem Privatrecht angehöriges, dingliches Verfügungs- und Gewinnungsrecht des Regalinhabers versteht.

Die Ausübung des Regals kann auf dreifache Weise geschehen:

a. Der Landesherr behält sich die Gewinnung der Mineralien zum Besten des Fiskus ganz oder teilweise vor.

b. Er verleiht das Gewinnungsrecht einer bestimmten Person, zeitlich oder örtlich beschränkt oder unbeschränkt (Specialverleihung).

c. Er gestattet jedermann das Recht der Gewinnung, unter bestimmten, gesetzlich vorgesehenen Voraussetzungen (Freierklärung des Bergbaues).

Der letzte Weg bildete in Deutschland die Regel; Specialverleihungen kamen selten vor, und dann meistens als Distriktsverleihungen. Als Monopol hat der Staat den Bergbaubetrieb auf Grund des Regals niemals in Anspruch genommen, sondern höchstens einzelne Bergwerke sich vorbehalten. Die neuere Gesetzgebung hat in Preußen und den übrigen deutschen Staaten mit Ausnahme von Sachsen-Weimar-Eisenach nach dem Vorgange Frankreichs das Bergregal, soweit es nicht auf Private übergegangen war, beseitigt.

Entstehung des Bergwerkseigentums. Das B. wird erworben durch Verleihung der zuständigen Behörde. Vorbereitet wird es, wenn nicht gerade ein zufälliger Fund vorliegt, durch Schürfarbeiten, veranstaltet zum Zwecke der Aufsuchung eines verleihbaren Minerals, dessen Mutung man beabsichtigt. (S. Schürfen.)

Nach älterm Gemeinen Rechte konnte infolge der Bergbaufreiheit jeder Bergmann beliebig auf fremdem Boden schürfen, so daß der Grundeigentümer sich dem nicht widersetzen durfte. Dagegen macht das Preuß. Allg. Landrecht, wie andere Partikularrechte des vorigen Jahrhunderts, dem Gedanken der Regalität folgend, das Recht zum Schürfen auf fremdem wie auf eigenem Boden von einem durch die Bergbehörde zu erteilenden Erlaubnisschein (Schürfschein) abhängig. (Vgl. auch Freischurf.) Dies ist auch jetzt noch der Standpunkt des österr., des königlich Sächs. und des Sardin. Berggesetzes. - Das preußisch-deutsche System ist folgendes: Jedermann ist ohne weiteres berechtigt, auf eigenem Grunde zu schürfen, und hat einen Anspruch darauf, daß ihm auf fremden Grundstücken das Schürfrecht eingeräumt werde (Schürffreiheit). Verboten ist das Schürfen auf Straßen, Eisenbahnen, Friedhöfen, Orten, wo dem Schürfen nach Entscheidung der Bergbehörde Rücksichten des öffentlichen Wohles entgegenstehen; nur mit Genehmigung des Eigentümers gestattet unter Gebäuden und in einem Umkreise derselben bis zu 200 Fuß, in Gärten und eingefriedigten Hofräumen. Der Schürflustige hat zunächst den Weg privater Aufforderung zu betreten, um die freiwillige Einräumung des Rechts zu schürfen vom Grundeigentümer zu erhalten. Kommt es zu keiner Einigung, so ist die Bergbehörde anzugehen, die bei unbegründetem Widerspruch das Schürfrecht durch Beschluß einräumt. Das Schürfrecht ist, mag es auf Beschluß oder Vereinbarung beruhen, auch ohne Eintragung im Grundbuch dinglich, auf Dritte übertragbar und hindert nicht, daß auch andere Personen dasselbe erwerben.

Die Verleihung des B. setzt in erster Reihe einen im Bergfreien belegenen Fund voraus. Als Fund gilt nur eine Lagerstätte verleihbarer Mineralien; die Auffindung des Ausgehenden, der Vorläufer der erstern, stellt im bergrechtlichen Sinne noch keinen Fund dar. Nach gemeinem Bergrecht ist aber auch die Auffindung der Lagerstätte noch nicht zur Verleihung hinreichend, sondern sie muß in ihrem Einfallen und Streichen nachgewiesen werden. Lediglich von diesem Nachweis abhängig ist das Recht des ersten Finders, d. h. der Anspruch desselben, vor allen andern mit dem Bergbaurechte auf die gefundene Lagerstätte innerhalb eines bestimmten Feldes (der Fundgrube) beliehen zu werden (Alter im Felde). Die Entdeckung der Lagerstätte reicht aus, um rechtsgültig die Verleihung zu beantragen, aber