Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Bevölkerungstheorie'
Vereinigung der «Malthusian League» gefunden hat und u. d. T.
«The Maltusian» eine eigene Monatsschrift herausgiebt. Die Anhänger dieser auch auf
dem Kontinent vertretenen Richtung erwarten von der «fakultativen Sterilität» eine Beschränkung der Bevölkerungszunahme
auf ein den wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechendes Maß.
Im Gegensatz zur Übervölkerung entsteht die Entvölkerung teils durch anhaltendes
Überwiegen der Sterbefälle über die Geburten, wie bei den aussterbenden Naturstämmen, teils durch starke freiwillige oder
erzwungene Auswanderung, wie z. B. in Spanien durch die Vertreibung der Mauren. Die Wirkung beider Ursachen wird begünstigt
durch Hungersnot, verheerende Kriege, Druck fremder Eroberer und andere Übel. Bei dem gegenwärtigen Stande der
Kulturentwicklung ist natürlich die völlige Entvölkerung irgend eines Landes, das für den Menschen überhaupt bewohnbar ist,
nicht zu erwarten, sondern bei der starken Vermehrung der Kulturvölker, die durch Verbesserung der Hygieine und namentlich
durch die Verminderung der Kindersterblichkeit befördert wird, werden alle durch Verschwinden der Ureinwohner überseeischer
Gebiete entstehenden Lücken rasch ausgefüllt, wie auch die nur dünn bevölkerten Länder allmählich zu einer größern
Bevölkerungsdichtigkeit gelangen. Die Entvölkerung ist daher nur eine relative und zeitweilige Erscheinung. Sie ist z. B.
gegenwärtig in Kleinasien und Nordafrika zu beobachten, wenn man die Bevölkerung dieser Gebiete zur Zeit ihrer höchsten
Blüte im Altertum in Vergleich stellt; ebenso wies Deutschland nach dem Dreißigjährigen Kriege im Vergleich sowohl mit dem
frühern als auch mit dem gegenwärtigen Zustande eine furchtbare Entvölkerung auf. Man kann übrigens nicht jede selbst
längere Zeit dauernde Abnahme der Bevölkerung als Entvölkerung im eigentlichen Sinne bezeichnen, denn dieser Abnahme ist
vielleicht eine übermäßig starke Vermehrung, eine Übervölkerung, vorhergegangen, auf die nunmehr eine naturgemäße Reaktion
folgt. Die eigentliche Entvölkerung beginnt erst, wenn die Bevölkerung unter das Niveau sinkt, das nach den natürlichen
Hilfsquellen des Landes und nach seinen geschichtlich gegebenen wirtschaftlichen Existenzbedingungen als das normale
angesehen werden muß. Wo diese Grenze liegt, läßt sich nur schätzungsweise und nur für den konkreten Fall, nicht allgemein
angeben. Irlands Bevölkerung hat seit 1846 fortwährend abgenommen (s. Bevölkerung, S. 928a, 929), doch
wird man mit Rücksicht auf die allgemeinen Verhältnisse des Landes auch bei der jüngsten Ziffer noch nicht von einer
eigentlichen Entvölkerung sprechen können. Auch innerhalb eines und desselben Landes finden Verschiebungen der Bevölkerung
statt, die man wohl als Entvölkerung einzelner Landesteile bezeichnet. So kommt in den Kulturstaaten nicht selten eine
absolute Verminderung der Bevölkerung gewisser ländlicher Bezirke und kleinerer Städte vor, während die Großstädte immer
mehr Einwohner an sich ziehen. Unter einer solchen örtlichen Entvölkerung werden einzelne Interessen zwar oft schwer
leiden, für die Nationalwirtschaft im ganzen aber wird die so entstehende Verteilung der Bevölkerung und der
Produktivkräfte der Regel nach die zweckmäßigste sein.
Litteratur. Doubleday, The true law of population
(Lond. 1840; 2. Aufl. 1854); Sadler, The law of population (2 Bde., ebd. 1830);
Spencer, ↔ Theory of population (ebd. 1852); Garnier,
Du principe de population (Par. 1857); Kautsky, Einfluß der Volksvermehrung auf den
Fortschritt der Gesellschaft (Wien 1880); Soetbeer, Die Stellung der Socialisten zur Malthusschen Bevölkerungslehre (
Berl. 1886); Ichenhäuser, Ein Beitrag zur Übervölkerungsfrage (Neuwied 1888); Hansen, Die drei Bevölkerungsstufen
(Münch. 1889); Fetter, Versuch einer Bevölkerungslehre, ausgehend von einer Kritik des Malthusschen Bevölkerungsprincips
(Jena 1894); Starkenburg, Die Bevölkerungswissenschaft und ihre praktische Bedeutung für die Gegenwart (Lpz. 1895).
Bewaldrechten, Rundholzstücke nicht scharfkantig, sondern nur so mit der Axt in der Längsrichtung
beschlagen, daß 8 Seitenflächen entstehen, von denen 4 eben und 4 bogig sind. Statt B. sagt man auch
schalkantig oder baumkantig beschlagen. Das B.
soll das Austrocknen des Holzes befördern und dieses dadurch transportfähiger machen. Den Ausdruck B. gebraucht auch der
für das Deutsche Reich 1885 eingeführte Zolltarif.
Bewässerung oder Irrigation, das Mittel, dem Boden und durch
ihn der Vegetation die erforderliche Feuchtigkeit, eine der Bedingungen frischen und ergiebigen Pflanzenwachstums, zu
verschaffen; sie ist dasselbe im großen Maßstabe, was das Begießen bei der Gärtnerei im kleinen ist, und muß, gleich
diesem, zu passender Jahreszeit mit Wasser von entsprechender Beschaffenheit und auf einem Boden, welcher schon im voraus
dafür empfänglich gemacht worden ist, vorgenommen werden. Da in warmen Klimaten oder auf sonst sterilen Flächen häufig die
Zufuhr von Wasser die einzige Bedingung der Fruchtbarkeit eines Bodens ist, so ist die B. schon seit den ältesten Zeiten
zu einer der bedeutendsten Meliorationen in der Landwirtschaft und demgemäß auch in systematischer Weise zu einer Kunst
ausgebildet worden, welche die eine Hälfte der Aufgabe der landwirtschaftlichen Kulturtechnik bildet. Schon die
Bibel erwähnt an mehrern Stellen die Leitung von Wasser über die Saaten; das Land
zwischen Euphrat und Tigris, Mesopotamien, galt im grauen Altertum seiner zu Befruchtungszwecken durchgeführten
Kanalisation halber für ein Vorbild landwirtschaftlichen Fortschritts; die Länder der ältesten Kultur,
China, Indien und
Ägypten, haben von jeher und bis heute die B. in jeglicher Weise zur Belebung ihrer
Saaten benutzt. Das letztere Land begnügt sich keineswegs mit den periodischen Überschwemmungen des Nilstroms, sondern
leitet dessen Gewässer vermittelst eines in der Neuzeit durch großartige Dampfwasserhebewerke unterstützten,
weitverzweigten Kanalsystems durch sein ganzes Ertragsgebiet bis zum Rande der Wüste.
In Europa waren die Etrusker die ältesten Bewässerungskünstler. Von den riesigen
Werken, welche sie ausschließlich zum Zwecke der Wasserzufuhr für die Felder errichteten, geben noch gegenwärtig die
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 932.