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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Biberach

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Biberach

gesetzlichem Schutze stehend angetroffen wird; die nordamerik. Form hielt man lange für eine eigene Art (Castor canadensis Kuhl). In Deutschland ist der B. gegenwärtig noch in der Elbe, von Wittenberg bis gegen Magdeburg, und in der Saale, von ihrer Mündung in die Elbe bis nach Trabitz unterhalb Calbe, zu finden. Einzelne kommen in der Salzach an der österr.-bayr. Grenze und in der Rhône in Südfrankreich vor. Von den übrigen europ. Ländern beherbergen ihn noch am häufigsten Bosnien, Rußland und Norwegen. Früher hielt er sich auch südlicher, z.B. in Asien am Euphrat und sogar in Indien auf; jetzt wird er auch im Norden, besonders in Nordamerika, durch die vielen Nachstellungen seltener; doch werden immerhin große Mengen von dorther in den Handel gebracht (s. Biberfelle). Der B. hat ungefähr die Größe und plumpe Gestalt eines Dachses, mißt 75-80 cm ohne Schwanz, ist oben rotbraun bis ins Schwärzliche und unten heller gefärbt; auch kommen weiße, gelbe oder gefleckte Spielarten vor. Der Schwanz ist braunschwarz. Der Körper ist dick, gedrungen, der Nacken, vorzüglich in der Ruhe, gewölbt, der Hals kurz und dick, der Kopf rundlich-dreieckig, rattenähnlich, die Nase breit und kahl mit großen, verschließbaren Nasenlöchern; die Augen stehen seitlich; die Ohren sind sehr klein und fast unter dem Pelze versteckt. Bekannt ist der Kunsttrieb und die gesellschaftliche Thätigkeit der B., über welche aber mancherlei Übertreibungen und Fabeln verbreitet worden sind. Um sich nämlich gegen die Winterkälte und Strömungen zu schützen, errichten die B. Bauwerke, welche sie, da zu deren Herstellung die Kräfte des einzelnen nicht ausreichen, gemeinschaftlich aufführen. Sie bauen kunstlose, stumpf kegelförmige Wohnungen, welche aus zusammengeschichteten Ästen, Reisern, Schlamm und Steinen bestehen, 1,50 bis 1,60 m über das Wasser emporragen, ihren Eingang unter dem Wasser haben und in dem untern Teile die Wintervorräte enthalten. Damit nun der Stand des Wassers um ihre Wohnungen herum gleichhoch bleibt, errichten die B. noch Dämme um die letztern, welche auf gleiche Weise aus Holzstücken, Schlamm und Steinen kunstlos zusammengesetzt sind. Niemals aber bedienen sich die B. ihres Schwanzes beim Bauen als Kelle oder gar als Schlägel. Das nötige Holz verschaffen sie sich, indem sie die Stämme der am Ufer stehenden Sträucher und auch ziemlich starke Bäume durch Nagen fällen; sie können mit einemmal einen zolldicken Ast durchbeißen. Weil nun auch die Nahrung meist aus Baumrinde besteht, so fügen sie den Wäldern viel Schaden zu.

Die B. werden gejagt teils wegen ihres wertvollen, dichtwolligen, mit langen, glänzenden Grannenhaaren durchspickten Pelzes (s. Biberfelle), teils wegen des Bibergeils (Castoreum), einer käseartigen, eigentümlich und durchdringend riechenden, in der Heilkunde gebräuchlichen Substanz, welche in zwei dem After naheliegenden Beuteln enthalten ist. Man unterscheidet im Handel nur zwei Sorten des Bibergeils, russ., moskowit. oder sibir. und amerik., canad. oder engl. Bibergeilbeutel, von denen die erstern geschätzter und teurer sind; beide Sorten waren früher offizinell; in neuerer Zeit indes nur das amerikanische und auch dieses hat in dem neuesten Deutschen Arzneibuche (1891) keinen Platz mehr gefunden. Es wurde früher in der Medizin bei Nervenzufällen, insbesondere bei der Hysterie, sowie bei Typhus als krampfstillendes, beruhigendes und belebendes Mittel, sowohl in Pulver- und Pillenform, wie als Tinktur (Tinctura Castorei Sibirici und Tinctura Castorei Canadensis aus 1 Teil Bibergeil und 10 Teilen Spiritus bereitet) vielfach angewandt. Ehedem war auch das Bibergeilfett (Pinguedo oder Axungia Castorei), welches sich in zwei neben und unter den Bibergeilbeuteln befindlichen Ölsäcken vorfindet, in der Heilkunde gebräuchlich. Als billiges Ersatzmittel des Bibergeils diente wohl auch eine ähnliche Substanz, das vom Kap der Guten Hoffnung eingeführte Hyraceum oder Dasjespiß, welches aus eingedicktem Harn des sog. Klippdachses (Hyrax capensis) besteht. Das Zurückdrängen des B. bringt es mit sich, daß auch in den zoolog. Gärten nur höchst selten europ. Exemplare zu finden sind, daß diese Gattung vielmehr meist durch den amerikanischen B. vertreten ist. Derselbe wird mit 200 M. bezahlt und hält in der Regel gut aus. Sichtbar ist er nur in der Dämmerungsstunde, denn den Tag verbringt er schlafend in seiner Schutzhütte. Als Futter giebt man ihm Brot, Wurzeln und Weidenäste, deren Rinde er verzehrt und an deren Holz er seine Schneidezähne abnutzen kann. Von den echten B. sind wohl zu unterscheiden der Zibethbiber, der auch Bisamratte (s. d.) oder Ondatra (Fiber zibethicus Cuv.) genannt wird, eine große Wasserratte Nordamerikas, und der in Südamerika lebende Sumpfbiber (s. d.) oder Coypu (Myopotamus coypus Geoffr.). - Vgl. Friedrich, Die B. an der mittlern Elbe (Dessau 1894).

Biberach. 1) Oberamt im württemb. Donaukreis, hat (1885) 33 930, (1890) 35 121 (16 084 männl., 18 437 weibl.) E., 1 Stadt und 43 Landgemeinden. - 2) Oberamtsstadt im Oberamt B., 38 km von Ulm, in 540 m Höhe an der Mündung des einst an Bibern reichen Biberach (jetzt Wolfenbach) in den Donauzufluß Riß, an der Linie Ulm-Friedrichshafen der Württemb. Staatsbahnen und an der Straße von Ulm nach Ravensburg, ist teils in freundlicher Thalebene, teils an einem Vorhügel ziemlich unregelmäßig gebaut und trägt mit seinen Türmen, Thoren und teilweise erhaltenen Ringmauern noch das Gepräge einer mittelalterlichen Stadt. Die Stadt ist Sitz des Oberamtes, eines Amtsgerichts (Landgericht Ravensburg) und Zollamtes und hat (1890) 8264 (3843 männl., 4421 weibl.) E., darunter 3704 Evangelische, Post, Telegraph, eine schöne Hauptkirche für beide Konfessionen (1100 erbaut, 1740 und 1881 erneuert), eine königl. Realanstalt (15 Lehrer, 170 Schüler), Lateinschule, höhere Mädchenschule, sehr reiches Hospital, ein neues Stadttheater und ein 6. Juni 1881 enthülltes Denkmal des Dichters Wieland. B. hat Fabrikation von Blechspielwaren, Metalltuch, Tragantwaren, künstlichen Blumen, landwirtschaftlichen und andern Maschinen. Der Fruchtmarkt ist der zweitgrößte in Württemberg, auch der Viehhandel ist von Bedeutung. Der im nahen Oberholzheim geborene Dichter Wieland wurde 1760 hier Senator und Kanzleiverwalter, die Maler Dieterich, Neher, Braith und der Bildhauer Rau sind in B. geboren. Ungefähr 3 km entfernt liegt das Mineralbad Jordan bei Bergerhausen im Rißthale, jetzt eine große Heilanstalt nach Kneippschem System. - B., seit den Zeiten Kaiser Friedrichs II. eine Reichsstadt, kam durch die

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