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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Bibliomantie; Bibliophile; Bibliophilie; Bibliopola; Bibliothek

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Bibliomantie - Bibliothek

Sammlungen nur in der Absicht, um von ihnen wissenschaftlichen Gebrauch zu machen. Der eine Bibliophile sammelt z. B. Ausgaben der Bibel (Wernigeroder Bibliothek) oder griech. und röm. Klassiker (Editiones principes, Ausgaben von Zweibrücken [Bipontinae], in Usum Delphini) und anderer Schriftsteller, der andere sucht die Schriften über gewisse Begebenheiten, namentlich die gleichzeitig mit diesen erschienenen zu vereinigen, wie z. B. über das Reformationsjubelfest (Berliner Bibliothek), über den Dreißigjährigen Krieg (Dresden) oder den Deutsch-Französischen Krieg von 1870-71 (Berlin) u. s. w. Noch andere Sammlungen beziehen sich aus ganz besondere Gegenstände, wie auf das Schachspiel (Bledowsche Sammlung in der Königl. Bibliothek zu Berlin), auf bestimmte Persönlichkeiten, einzelne Länder und Orte, oder bestimmte Litteraturgattungen (z. B. die Meusebachsche über die ältere deutsche Litteratur seit der Reformation) oder die Geschichte der Typographie. Hierher gehören die Sammlungen von Inkunabeln, von ältern Büchern mit Holzschnitten, von Kupferwerken, von Drucken aus Amerika oder andern entlegenen Ländern. Um dieser litterar. Raritätensucht weitere Nahrung zuzuführen, teilweise auch mit wirklich wissenschaftlichen Absichten, sind in neuerer Zeit, namentlich in England, zahlreiche Vereine zusammengetreten, die Handschriften und selten gewordene, aber interessante Druckwerke in einer Anzahl von Exemplaren abdrucken und diese bloß an die beisteuernden Mitglieder verteilen. So bildete sich, nach Vorgang des Roxburghe Club, 1323 in Schottland der Bannatyne-Club und 1828 in Glasgow der Maitland-Club, denen alsbald noch viele andere solcher "Printing-Clubs", wie die Camden-Society, Percy-Society, Shakespeare-Society, Parker-Society, Surtees-Society, Chaucer-Society, Abbotsford-Club, Spalding-Club folgten, die für Englands ältere Litteratur sehr thätig waren. Neuerdings sind diese Vereine meist eingegangen oder haben wenigstens in ihrer Wirksamkeit nachgelassen. Ähnliche Zwecke verfolgt in Deutschland der "Litterarische Verein" zu Stuttgart, der seit 1842 zahlreiche Handschriften und alte Drucke veröffentlicht hat; in Frankreich die Société des bibliophiles français zu Paris seit 1820. - Vgl. Le Petit, L'art d'aimer les livres et de les connaître (Par. 1884); Merryweather, Bibliomania in the middle ages (Lond. 1849); Quentin-Bauchart, Les femmes bibliophiles de France (2 Bde., Par. 1886). - Nicht in Gebrauch gekommen ist der ebenfalls von Dibdin angewendete Ausdruck Bibliophobie (das Gegenteil von Bibliophilie: Bücherfurcht, Bücherhaß). - Über die Sache vgl. Les ennemis de livres (Par. 1879) und die vervollständigte Ausgabe davon: The ennemies of books (Lond. 1880).

Bibliomantie (grch.), Wahrsagen aus aufgeschlagenen Bücher- (namentlich Bibel-) Stellen.

Bibliophile (grch.), s. Bibliomanie.

Bibliophile Jacob (spr. -fil), s. Lacroix, Paul.

Bibliophilie, Bibliophobie (grch.), s. Bibliomanie.

Bibliopola (grch.), Buchhändler.

Bibliothek (grch., "Bücherbehälter"), Bezeichnung sowohl des Ortes (Saal, Gebäude), in dem Bücher aufbewahrt werden, als auch der Büchersammlung selbst. Die Nachrichten über die B. der Alten sind sehr spärlich. Für die älteste B. galt die des ägypt. Königs Osymandias (s. d.), deren Gebäude nach einigen das Memnonium, nach andern das Ramesium in Memphis war. Eine andere B. soll im Tempel des Ptha in Memphis gewesen sein. Bei den Hebräern bildeten die heiligen Bücher die ersten B. in den Tempeln; daneben gab es schon früh öffentliche Archive. In Persien wird eine B. der Könige in Susa erwähnt. Für Assyrien betrachtet man die in den Ruinen in Ninive gefundenen Thonplatten mit Keilschrift, von denen mehr als 30 000 allein im Britischen Museum aufbewahrt werden, als eine Art B. in Thon, deren Gründung dem König Sardanapal (650 v. Chr.) zugeschrieben wird. Bei den Griechen bestanden, wie auch bei andern Nationen, die ersten B. aus den in den Tempeln aufbewahrten Archiven. Pisistratus soll die erste öffentliche B. in Athen gegründet haben, die Terres nach Persien und Seleucus Nikator wieder zurückbrachte. Außer den Schulbibliotheken gab es noch zahlreiche in der Regel unter den Schutz einer Gottheit gestellte, deren wichtigste die zu Alexandria war. Später bestanden die größten B. zu Alexandria (s. Alexandrinische Bibliothek) und zu Pergamon (deren bauliche Überreste aufgefunden sind); letztere schenkte Antonius der Kleopatra zur Begründung einer neuen B. In Rom scheint die erste B. diejenige des Ämilius Paulus (168 v. Chr.) gewesen zu sein, die als Kriegsbeute mitgebracht und später von Sulla bereichert wurde. Auch Lucullus führte als Siegesbeute eine B. nach Rom, die er dem Besuche offen gehalten haben soll. Augustus brachte Cäsars Plan einer öffentlichen B. durch Asinius Pollio zur Ausführung und stiftete zwei B., die Octavianische in dem Portikus der Octavia, seiner Schwester, und die Palatinische auf dem Palatinischen Hügel; diese bestand bis auf Papst Gregor d. Gr., der die Schriften der Alten zerstören ließ. Auch einzelne Nachfolger des Augustus bereicherten die B. Roms, so Tiberius und Vespasian, selbst Domitian. Die größte römische B. war die des Kaisers Trajanus auf dem Forum des Trajan. Außer den kaiserlichen B. in Rom gab es auch B. in den größern Städten des Reichs. Seit Augustus gehörte eine Privatbibliothek zu den Bedürfnissen eines vornehmen Römers.

Nach dem Untergange des Weströmischen Reichs gründete Constantius eine B. in Byzanz, die durch Julian und Theodosius den Jüngern vermehrt wurde. Viele Bücherschätze gingen während der Völkerwanderung zu Grunde. Später erwarben sich hauptsächlich mohammed. Fürsten um die Sammlung von B. Verdienste. Im Mittelalter schufen die Mönchsorden, insbesondere die Benediktiner, durch massenhaftes Abschreiben von Handschriften B. Durch sie entstand die B. von Monte-Cassino, von Flaury an der Loire, von Clugny, Corbie, in England die B. von Cambridge, Canterbury, York, Durham, Peterborough u. a. Auch weltliche Fürsten ließen Bücherschätze sammeln. Karl d. Gr. gründete Klosterschulen mit B. So entstanden reiche Stifte mit Büchersammlungen zu Hersfeld, Regensburg, Reichenau, Corvei, Fulda. Alkuin legte in Tours eine Sammlung an, in Paris entstand eine solche zu St. Germain-des-Prés, die bedeutendste jener Zeit in St. Gallen. Vom 14. Jahrh. an entstanden die Universitätsbibliotheken, wie in Prag, Heidelberg (s. Palatina), Leipzig. In Italien sammelten besondere die Mediceer und schufen die Laurentiana; in Rom entstand durch Nikolaus V. und Sixtus V. die Vaticana (s. Vatikanische Bibliothek), in Ungarn durch Matthias Corvinus die berühmte Cor-^[folgende Seite]