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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Biblist; Bibra; Bibracte; Bicarbonāt; Bicephālisch; Biceps; Bicester

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Biblist - Bicester

Blick für die engen Zusammenhänge mit der neutestamentlichen Entwicklung getrübt. Zu einer gesundern Betrachtung versucht zurückzulenken die "Alttestamentliche Theologie" von Herm. Schulz (2 Bde., Frankf. 1869; 4. Aufl. in 1 Bd., 1888). Völlig neue Gesichtspunkte sind der Behandlung der B. T. durch die moderne Pentateuchkritik zugewachsen, aus der sich das Problem ergeben hat, die Entstehung des Judentums zu begreifen und an dieses das Christentum anzuknüpfen. Auch die Untersuchungen über die Religionen der Semiten wie überhaupt die religionsgeschichtlichen haben neue Gedanken zugeführt. Im modernen Sinne ist die B. T. Alten Testaments teils ganz, teils in einzelnen ihrer Teile behandelt worden von Kuenen, "De Godsdienst van Israel" (Haarlem 1869); "Volksreligion und Weltreligion" (deutsch Berl. 1883); Wellhausen, "Prolegomena zur Geschichte Israels" (3. Aufl., ebd. 1886); K. Piepenbring, "Théologie de l'Ancien Testament" (Par. 1886); Chantepie de la Saussaye, "Lehrbuch der Religionsgeschichte" (Bd. 1 u. 2, Freib. i. Br. 1889); Stade "Geschichte des Volks Israel" (Bd.1 u. 2, Berl. 1887 - 88); Schürer, "Geschichte des jüd. Volks im Zeitalter Jesu Christi" (Lpz. 1885 - 90). Für das Neue Testament bezeichnet die sorgfältige Scheidung der apostolischen Lehrbegriffe, angebahnt durch die Schriften von Usteri (1832) und Dähne (1835) über den paulinischen, Frommann (1839) über den johanneischen Lehrbegriff, einen wesentlichen Fortschritt. Noch entscheidender sind die neuern Untersuchungen über das apostolische Zeitalter, zu denen F. Chr. Baur (s. d.) und die Tübinger Schule die Anregung gaben. Wenn auch deren Ergebnisse modifiziert werden mußten, so eröffneten sie doch zuerst ein wirklich geschichtliches Verständnis vor allem des paulinischen Evangeliums und des spätern Paulinismus, aber auch der judenchristl. oder urapostolischen Lehrform und der johanneischen Theologie. Die Arbeiten von Holsten, Lüdemann, Pfleiderer über den paulinischen, Köstlin, Hilgenfeld, Scholten über den johanneischen Lehrbegriff, sowie die zahlreichen Untersuchungen über Leben und Lehre Jesu haben der neutestamentlichen Theologie ein völlig verändertes Ansehen gegeben. Selbst ziemlich konservative Theologen, wie Weiß ("Lehrbuch der B. T. des Neuen Testaments", Berl. 1868; 5. Aufl. 1888), machten dem kritischen Standpunkte erhebliche Zugeständnisse. - Vgl. Immer, Neutestamentliche Theologie (Bern 1878); F. C. Baur, Vorlesungen über neutestamentliche Theologie (hg. von F. F. Baur, Lpz. 1864); Reuß, Histoire de la théologie chrétienne au siècle apostolique (Straßb. 1852; 3. Aufl. 1864); Weizsäcker, Das apostolische Zeitalter der christl. Kirche (2. Aufl., Freib. i. Br. 1890); Pfleiderer, Das Urchristentum (Berl. 1887); Beyschlag, Neutestamentliche Theologie oder geschichtliche Darstellung der Lehren Jesu und des Urchristentums (2 Bde., Halle 1891 - 92).

Biblist, im Mittelalter, besonders bei den Scholastikern, Bibelerklärer; Biblistik, Bibelkunde.

Bibra, Stadt im Kreis Eckartsberga des preuß. Reg.-Bez.Merseburg, 23 km nordwestlich von Naumburg a. d. Saale, in 123 m Höhe, an dem zur Unstrut gehenden Saubache, hat (1890) 1467 evang. E., Post, Telegraph; Papierfabrik, eine Eisenquelle (10 - 12° C.), eine alkalische Salzquelle (10 - 15° C) und seit 1874 ein neues Badehaus (Aktiengesellschaft). -B. ist sehr alt; 952 schloß Graf Billung, der zu "Bivora" eine Burg hatte, mit Kaiser Otto einen Vertrag und stiftete ein Benediktinerkloster, das später in ein Augustinerchorherrenstift verwandelt wurde. 1571 fiel ein Teil des Stiftungsvermögens an die Stadt B.

Bibra, Ernst, Freiherr von, Naturforscher und Schriftsteller, geb. 9. Juni 1806 zu Schwebheim in Unterfranken, studierte zu Würzburg die Rechte, dann aber, seiner Neigung folgend, Naturwissenschaften, besonders Chemie. 1849 unternahm B. eine Reise nach Brasilien und Chile; später lebte er meist in Nürnberg, wo er auch seine reichen naturhistor. und ethnogr. Sammlungen aufstellte, und starb 5. Juni 1878. Von B.s wissenschaftlichen Schriften sind hervorzuheben: "Chem. Untersuchungen verschiedener Eiterarten" (Berl. 1842), "Chem. Untersuchungen über die Knochen und Zähne der Menschen und der Wirbeltiere" (Schweinf. 1844), "Hilfstabellen zur Erkenntnis zoochem. Substanzen" (Erlangen 1846), "Über die Krankheiten der Arbeiter in den Phosphorzündholzfabriken" (mit Lor. Geist, ebd. 1847), "Versuche über die Wirkung des Schwefeläthers" (mit Emil Harleß, ebd. 1847), "Chem. Fragmente über die Leber und die Galle" (Braunschw. 1849), "Reisen in Südamerika" (2 Bde., Mannh. 1854), "Vergleichende Untersuchungen über das Gehirn des Menschen und der Wirbeltiere" (ebd. 1854), "Die narkotischen Genußmittel und der Mensch" (Nürnb. 1855), "Die Getreidearten und das Brot" (ebd. 1860), "Die Bronzen und Kupferlegierungen der alten und ältesten Völker" (Erlangen 1869) und "Über alte Eisen- und Silberfunde" (Nürnb. 1873). Mit "Erinnerungen aus Südamerika" (3 Bde., Lpz. 1861) begann B.eine Reihe von belletristischen Schriften, die sich besonders durch ihre landschaftlichen Schilderungen auszeichnen. Dahin gehören u. a. die Romane "Ein Juwel" (3 Bde., Lpz. 1863) und "Hoffnungen in Peru" (3 Bde., ebd. 1864), "Reiseskizzen und Novellen" (4 Bde., Jena 1864), "Ein edles Frauenherz" (3 Bde., ebd. 1866; 2. Ausg. 1869), "Erlebtes und Geträumtes" (3 Bde., ebd. 1867), "Aus jungen und alten Tagen" (3 Bde., ebd. 1868), "Die Abenteuer eines jungen Peruaners in Deutschland" (3 Bde., ebd. 1870), "El paso de las animas" (2 Bde., Lpz.1870), "Die Kinder der Gauner" (2 Bde., Nürnb. 1872), "Die neun Stationen des Herrn von Scherenberg" (2 Bde., Jena 1873; 2. Aufl. 1880), "In Südamerika und in Europa" (2 Bde., ebd. 1874), "Wackere Frauen" (3 Bde., ebd. 1876), "Eine alte Schuld" (Stuttg. 1879).

Bibracte, befestigte und volkreichste Stadt der Äduer im Lugdunensischen Gallien, bei welcher Cäsar 58 v. Chr. die Helvetier schlug; es hatte eine weither besuchte Druidenschule. B. lag auf dem Mont-Beuvray (s. Beuvray). - Vgl. Bulliot, Fouilles de B. (in der "Revue archéologique", 1869 - 70).

Bicarbonāt (lat.), doppeltkohlensaures Salz; daher Natriumbicarbonat, oft auch nur als B. bezeichnet, doppeltkohlensaures Natrium.

Bicephālisch (lat.-grch.), s. Bikephalisch.

Biceps (lat.), zweiköpfig, mit zwei Gesichtern, wie Janus (s. d.); auch zweigipfelig, wie der Parnaß. In der Anatomie nennt man B. (musculus biceps) einen Muskel mit zwei Ansätzen (Köpfen), besondere einen Arm- (s. Arm) und einen Schenkelmuskel; in der Botanik ein Organ, das in zwei kopfartige Teile ausgeht, besonders Wurzeln; im öffentlichen Leben: in Parteiungen zerfallen.

Bicester (spr. beißĕst'r oder bißt'r), Stadt in der engl. Grafschaft Oxford, 20 km im NNO.