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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Brascassat; Braschi; Brasĭdas; Brasil; Brasileïn; Brasilĭa; Brasilianische Litteratur

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Brascassat - Brasilianische Litteratur

Brascassat (spr. brakassah), Jacques Raymond, franz. Tiermaler, geb. 30. Aug. 1804 zu Bordeaux, trat 1825 in die École des beux-arts daselbst und erhielt in demselben Jahre für sein Gemälde: Jagd des Meleager (Museum von Bordeaux), den zweiten Rompreis. Vor allem widmete er sich der Tiermalerei und errang damit große Erfolge. Hervorragend ist: Der Stierkampf (1837; Museum von Nantes), Viehweide in Burgund (1843; Museum in Leipzig) und Eine Kuh von Wölfen angefallen (1845). B. starb 28. Febr. 1867 zu Paris.

Braschi (spr. -ki), Giovanni Angelo, Graf, ursprünglicher Name des Papstes Pius VI. (s. d.).

Brasĭdas, spartan. Feldherr der ersten Hälfte des Peloponnesischen Krieges. Gleich zu Anfang des Krieges 431 v. Chr. rettete er die Stadt Methone in Messenien, die die Athener wegzunehmen versuchten. Nach den Unglücksfällen der Spartaner bei Sphakteria und Pylos veranlaßte er die Ephoren, ihn mit einem Heere nach Thrazien zu senden, um mit macedon. Hilfe die dortigen athenischen Besitzungen zum Abfall zu bewegen, was ihm auch gelang. Da boten die Athener zwei Heere nacheinander, das eine unter Nicias, das andere unter Kleon gegen ihn auf. In der Schlacht bei Amphipolis 422, in der B. siegte und Kleon fiel, wurde auch B. tödlich verwundet; sterbend ward er nach Amphipolis gebracht, wo er begraben wurde. Noch lange ward er als Heros verehrt, und ihm zu Ehren wurden jährliche Kampfspiele und Opferfeste veranstaltet.

Brasil, s. Tuch.

Brasileïn, s. Brasilin.

Brasilĭa, der 293. Planetoid.

Brasilianische Litteratur, ursprünglich ein über den Atlantischen Ocean verpflanztes Reis der portugiesischen, das sich, wie die brasil. Nationalität, langsam entwickelte, aber erstarkte und im 19. Jahrh. schöne und eigenartige Früchte getrieben hat. Die ersten Keime einer litterar. Kultur gelangten bald nach der Kolonisierung des Landes durch die Jesuiten nach Brasilien. Als Vorläufer ist der Missionar und Jesuitenpater José de Anchieta zu betrachten, der während seines Aufenthalts in Südamerika (1553-97) als Apostel und Lehrer zahlreiche Schriften in lat., span. und Tupisprache, aber auch portug. Briefe, Gedichte und dramat. Mysterien verfaßte. Ungefähr gleichzeitig tritt Bento Teixeira Pinto als Dichter auf; seine "Prosopopéa" ist sehr selten geworden. Die Reihe der eigentlich brasil. Dichter beginnt mit den Brüdern Eusebio und Gregorio de Mattos, die in der zweiten Hälfte des 17. Jahrh. lebten und noch Nachahmer portug. und span. Muster waren, wenn auch Gregorio, der bedeutendste von ihnen, in einzelnen Poesien vaterländische Stoffe behandelte und einen brasil. Ton anschlug. Anflug von örtlicher Färbung haben hie und da auch die Dichtungen ihrer Nachfolger, unter denen Manoel Botelho de Oliveira (1636-1711) hervorragt. Nächst der Satire ward schon das Drama mit Vorliebe gepflegt. Als Bahia 1720 Sitz des Vicekönigs wurde, bildeten sich nach der Sitte der Zeit daselbst gelehrte Vereine und schönwissenschaftliche Akademien, so die Academia Brazilica dos Esquecidos 1724-25 und die Academia dos Renascidos 1759-60; doch erhielt die Litteratur dadurch eine höfische und akademische Richtung und den panegyrischen Stil. In jene Zeit gehören der Dichter Frei Manoel de Santa-Maria Itaparica (geb. 1704) und der Geschichtschreiber Sebastião da Rocha Pitta (1660-1738), deren Werke bereits deutlich lokale Färbung tragen. Nach Verlegung der Residenz des Vicekönigs nach Rio de Janeiro (1763) ward dies bald ein neuer Mittelpunkt für Bildung und Kultur. Unter den höfisch-gelehrten und schöngeistigen Akademien, die entstanden, gewann die Arcadia ultramarina (von Manoel Ignacio da Silva Alvarenga und José Basilio da Gama 1779 nach dem Muster der röm. Arcadia [s. Arkadier] gegründet) tonangebenden Einfluß auf die litterar. Entwicklung. Inzwischen regte sich in dem rasch aufblühenden Minas-Geraes ein nachhaltiges Streben nach größerer polit. Unabhängigkeit vom Mutterlande, dessen Träger Mitglieder einer eigenen Dichterschule (Poetas mineiros) wurden. Von dieser ging der Anstoß aus, sich auch litterarisch von Portugal loszulösen.

Die neue Richtung trat anfangs nur schüchtern, allmählich aber immer deutlicher hervor. Man schloß sich an die gerade in der portug. Poesie herrschenden Formen an, suchte jedoch den Dichtungen lokale Färbung und Ausdruckswese zu verleihen und schöpfte die Stoffe aus Brasiliens Natur, Sitten und Geschichte. Namentlich begann man die Ureinwohner zu berücksichtigen. Dadurch charakterisieren sich schon die beiden ersten namhaften epischen Dichtungen von Brasilianern: "Uruguay" von Basilio da Gama (1740-95) und "Caramurú" von Frei José de Santa-Rita Durão (1736-84). In beiden herrscht zwar die Abhängigkeit vom Mutterlande und dessen kultureller Einfluß noch insoweit vor, als die Siege der portug. Waffen und die Erfolge der Kolonisation gefeiert werden; aber der Nachdruck, womit beide die Eigentümlichkeiten vaterländischer Natur und Lebensweise hervorheben, die Teilnahme, die sie den Eingeborenen zuwenden, zeigen, wie das Bewußtsein brasil. Nationalität erwacht. Dies spricht sich, wenn auch nicht in gleichem Maße, doch schon bemerkbar auch in den lyrischen Dichtungen der Schule von Minas-Geraes aus, wie in den Poesien des Claudio Manoel da Costa (1729-90), des Mulatten da Silva Alvarenga (1740-1814), Ignacio José de Alvarenga Peixoto (1748-93) und des alle an Begabung übertreffenden Thomas Antonio Gonzaga (1744-1809), dessen "Lyras" und "Marilia de Dirceu" volkstümliche Modinhas (Lieder) enthalten. Von gleichzeitigen Lyrikern aus dem übrigen Brasilien verdienen Erwähnung der Mulatte Domingos Caldas Barboza (1740-1800), dessen "Viola de Lereno" so echt populäre Töne anschlägt, daß seine kleinen Vierzeiler noch heute im Munde des Volks leben; ferner Francisco de Mello Franco (1757-1823), Bento de Figueiredo Aranha (1769-1811) und der Schuster Joaquim José da Silva.

Mit der Übersiedelung des portug. Hofs nach Rio 1808 beginnt eine neue Epoche der polit. Entwicklung Brasiliens. Doch erst mit der völligen Unabhängigkeit des amerik. Kolonialreichs vom Mutterlande 1822 wird auch in der Litteratur der Grund zur Selbständigkeit gelegt. Die ersten drei Decennien dieses Jahrhunderts bilden die Übergangszeit zur dritten Periode der B. L. Zunächst entwickelte sich eine christl. Richtung der Poesie, die, vom kath. Glauben der Nation begeistert, diesem, mit Ausschluß der bis dahin in der Poesie herrschenden klassischen Mythologie, Stoffe und Bilder entnahm. Die Spitzen dieser Richtung waren Antonio Pereira de Sousa Caldas (1762-1814) und Frei Francisco de São-Carlos (1763-1829, Verfasser eines religiösen