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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Bremer

an die reiche Stadt verpfänden mußten, führte im 15. Jahrh. zur Begründung einer Herrschaft, die sich an beiden Seiten der Weser bis zum Meer ausdehnte. Inzwischen hatten innere Zwistigkeiten die Stadt wiederholt schwer erschüttert. 1304 erfolgte die Vertreibung der Geschlechter, d. h. der Sturz des oligarchischen Regiments. Die Revolution 1366 hätte fast die Herrschaft des Erzbischofs aufs neue herbeigeführt. Eine abermalige demokratische Erhebung, die finanziellen Schwierigkeiten ihren Ursprung verdankte, fand 1433 ihren Abschluß durch eine Vereinbarung, die als "Tafel" oder "Eintracht" bezeichnet, samt dem Stadtrecht von 1303 in Zukunft von jedem Bürger beschworen werden mußte. Der letzte Aufstand für lange Zeit war der der 104 Männer, der weitgehende polit. und wirtschaftliche Reformen bezweckte, aber erfolglos blieb und durch die "neue Eintracht" von 1534 beendigt wurde. Eine eigenartige Stellung nahm B. der Hansa gegenüber ein. Im Vertrauen auf seine schon früh erworbenen Privilegien weigerte es sich, an dem Kampfe gegen Norwegen teilzunehmen, und ließ sich den Ausschluß aus der Hansa (Verhausung) 1285 gefallen. Allein die völlig veränderten Verhältnisse zwangen es 1358, um seine Wiederaufnahme nachzusuchen. Auch in der Folgezeit hat es sich häufig nur schwer entschlossen, sich der großern Gemeinschaft unterzuordnen. Nicht minder selbständig war die kirchliche Entwicklung. Schon 1522 durch Heinrich von Zütphen für die Reformation gewonnen, gehörte B., neben Magdeburg die einzige norddeutsche Stadt, zu den Stiftern des Schmalkaldischen Bundes; 154? wurde es von den Kaiserlichen vergeblich belagert, über die ein glänzender Sieg bei Drakenburg erfochten wurde. Dem durch Hardenbergs Predigt eingeführten Melanchthonismus verhalf der Bürgermeister Daniel von Büren zum Siege; allein, indem der Rat 1618 die Synode von Dortrecht beschickte, wurde B. allmählich dem Calvinismus zugeführt und dadurch seiner luth. Umgebung kirchlich entfremdet. Der Beginn des Dreißigjährigen Krieges fand B. in blühendem Zustande, wie die vielen in jener Zeit entstandenen Bauten beweisen. Dann aber begannen mancherlei Widerwärtigkeiten für die Stadt. Oldenburg errichtete 1623 den Elsflether Zoll, gegen den B. vergebens Einspruch erhob, und dessen Abschaffung erst 1820 gelang. Um dieselbe Zeit begann der heftige Streit mit dem Erzbischof über die Reichsunmittelbarkeit, die zwar vom Kaiser 1646 ausgesprochen, aber von den Schweden, denen das Erzstift im Westfälischen Frieden zufiel, nicht anerkannt wurde. Zwei Kriege, die B. deshalb mit Schweden führte (1654 und 1666), hatten den Verlust der Besitzungen an der Unterweser zur Folge, konnten aber die Anerkennung als Reichsstand nicht erzwingen. Diese erfolgte erst, als das ehemalige Erzbistum auf die Kurfürsten von Hannover überging, mußte aber durch neue große Gebietsabtretungen erkauft werden (1741). Durch den Reichsdeputationshauptschluß (1803) gewann B. die hannov. Besitzungen in Stadt und Gebiet; allein schon 1810 wurde es dem franz. Kaiserreich einverleibt und blieb bis 1813 Hauptstadt des Departements der Wesermündungen. Bald nach dem Ende der franz. Herrschaft schritt man zu einer Reform der Verfassung, die seit der "neuen Eintracht" keine wesentliche Veränderung erfahren hatte. Die Beratungen blieben jedoch bis 1848 erfolglos. Die unter den Stürmen der Revolution vereinbarte Verfassung wurde 1852 beseitigt und die jetzige 21. Febr. 1854 veröffentlicht.

Litteratur. Storck, Ansichten der Freien Handelsstadt B. und ihrer Umgebungen; mit 16 Kupfertafeln (Frankf. a.M. 1823); Miesegaes, Chronik der Freien Hansestadt B. (3 Bde., Brem. 1828-33); Donandt, Versuch einer Geschichte des bremischen Stadtrechts (2 Bde., ebd. 1830); Lappenberg, Geschichtsquellen des Erzstifts und der Stadt B. (ebd. 1841); H. A. Müller, Der Dom zu B. und seine Kunstdenkmale (ebd. 1861); Bremisches Jahrbuch (Bd. 1-16, ebd. 1863-92; Serie II, Bd. 1 und 2, 1885, 1891); Denkmale der Geschichte und Kunst der Freien Hansestadt B. (3 Bde., ebd. 1864-77); Kohl, Der Ratsweinkeller zu B. (ebd. 1866); ders., Alte und Neue Zeit (ebd. 1871); Bremisches Urkundenbuch, hg. von Ehmck und von Bippen (Bd. 1-5, ebd. 1873-89); Buchenau, Die Freie Hansestadt B. und ihr Gebiet (2. Aufl., ebd. 1882); von Bippen, Aus B.s Vorzeit (ebd. 1885); ders., Der Ratskeller zu B. (ebd. 1890); ders., Geschichte der Stadt B. (Bd. 1, ebd. 1892); G. Pauli, Die Renaissancebauten B.s (in "Beiträge zur Kunstgeschichte", Neue Folge, Nr. 11, Lpz. 1890); Jahrbuch für bremische Statistik (jährlich 2 Hefte); die Jahresberichte der Handelskammer; Führer durch die Freie Hansestadt B. (7. Aufl., Brem. 1890); Aus See nach Bremen-Stadt, Wegweiser für Schiffsführer (erscheint alljährlich); Statist. Jahrbuch deutscher Städte, hg. von Neefe, 2. Jahrg. (Bresl. 1892); Bippen, Geschichte der Stadt B. (1. Bd., Brem. 1892).

Bremer, Fredrita, schwed. Romanschriftstellerin, geb. 17. Aug. 1801 zu Tuorlagård bei Åbo in Finland, kam im dritten Jahre nach Schweden, wo ihre Eltern 1805 an der Ostsee das Gut Årsta im Kirchspiel Österhanninge unweit Stockholm kauften. Ihren Unterricht erhielt sie teils auf dem väterlichen Gute durch Privatlehrer, teils zu Stockholm, wo die Familie den Winter zuzubringen pflegte. Die reichen Erträge ihrer schriftstellerischen Thätigkeit gestatteten ihr, ausgedehnte Reisen nach Deutschland, Frankreich, England, Nordamerika (1849-51) und dem Morgenlande (1856-60) zu unternehmen. Später lebte sie auf Årsta, wo sie unvermählt 31. Dez. 1865 starb. Ihren Ruf als Schriftstellerin begründete sie mit den Romanen "Die Familie H." (1829-30) und "Die Töchter des Präsidenten" (1834), denen "Nina" (1835), "Die Nachbarn" (1837), "Das Haus" (1839) und "Streit und Friede" (1840) folgten. Diese Werke erschienen u. d. T. "Teckningar ur Hvardagslifvet" (1828 u. fg.), denen sich "Nya Teckningar" anschlossen. Zu letztern gehören z. B. "Ein Tagebuch" (1843), "In Dalekarlien" (1845), "Geschwisterleben" (1848), "Hertha" (1856) und "Vater und Tochter"(1858). Den Mittelpunkt ihrer Darstellungen bildet das Familienleben. Alles, was zur Familie, zu Haus und Hof, Wald und Flur gehört, beschreibt sie, bisweilen zu umständlich, doch meist höchst anziehend, weniger leistet sie in Erfindung und Charakteristik. Die Schriften der B. verbreiteten sich bald durch Übersetzungen über die ganze gebildete Welt und fanden in Deutschland und Nordamerika eine zweite Heimat. Eine Verdeutschung aller Werke erschien als "Gesammelte Schriften" (50 Bde., Lpz. 1857-70); in diese sind außer ihren Romanen und Erzählungen die Schrift "Morgenwachen" (1842; deutsch von Runkel als "Morgendämmerungen", Elberf. 1842), das religiöse Glau-^[folgende Seite]