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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Brestel; Brest-Litowsk

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Brestel - Brest-Litowsk

wird von dem Flüßchen Penfeld in zwei Teile geteilt, in die eigentliche alte Stadt auf dem linken Ufer, mit engen, krummen, schmutzigen, abschüssigen Straßen und der Kirche St. Louis und in den neuern Stadtteil Recouvrance (nach einer alten Kapelle) auf dem rechten Ufer. Beide Teile sind durch eine kleine Brücke für Fußgänger und eine großartige eiserne Drehbrücke verbunden. Diese, 1861 mit einem Kostenaufwand von 3 Mill. Frs. erbaut, besteht aus zwei je 53 m langen Flügeln und ruht auf zwei 28 m hohen (über dem Ebbeniveau), 106 m voneinander entfernten Türmen. Vier Menschen können sie innerhalb 10 Minuten leicht öffnen. Unter den öffentlichen Anlagen der Stadt ist die 1769 angelegte Promenade Cours Dajot mit Marmorstatuen des Neptun und der Abundantia und einem weiten Blick auf die Reede zu erwähnen. (Hierzu Plan: Brest.)

B. ist Sitz eines Gerichtshofs erster Instanz, dreier Friedensgerichte, eines Handels- und eines Marinegerichts, einer Handelskammer, mehrerer Marinebehörden sowie der Konsulate von Belgien, Chile, Großbritannien, Niederlande und der Türkei. Die Stadt hat eine Filiale der Bank von Frankreich, mehrere Assekuranzen, botan. Garten, Lyceum, Schiffahrts- und Hydrographische Schule, eine Schule für 4-600 Schiffsjungen, ein Marine- und ein Civilhospital, Sternwarte, Waisenhaus für Matrosenkinder, Stadtbibliothek (25 000 Bände), Marinebibliothek (18 000), Bibliothek der Ecole de Santé (10 000 Bände); ferner eine Société d'Émulation, Akademische, Litterarische, Ackerbau- und andere Gesellschaften, ein Theater und drei Zeitungen. Die Bevölkerung ist hauptsächlich für die Marine beschäftigt. Im übrigen beschränkt sich die Industrie auf Fabrikation von Lichten, Backsteinen, Wachstuch, wasserdichter Leinwand, Matrosenhüten, auf Seilerbahnen, Lohgerbereien, Bierbrauereien und Fischerei. Der Handel, hauptsächlich Ausfuhr von Weizen, Butter, Eiern, Gemüse, Früchten, Sardinen und Einfuhr von Kolonialwaren, Kohlen, Jute, Cement, Holz, Eis, Hanf, Wolle und Speck, hat bedeutenden Aufschwung genommen, seitdem die Eisenbahnverbindung mit Nantes, Rennes und Paris hergestellt ist. Die Reede steht in Schiffahrtsverbindung mit Port-Launay, Châteaulin, Quimper, Nantes und Landerneau; nach Havre ist Paketbootdienst und mit Neuyork regelmäßige Dampfschiffsverbindung eingeführt; auch führt seit 1869 ein unterseeisches Telegraphenkabel nach Cape Breton in Nordamerika. Der Hafen besitzt (1887) eine Handelsflotte von 169 Schiffen (darunter 17 Dampfer) mit einem Gehalt von 5637 t. 1887 belief sich der Verkehr in demselben auf 270 Schiffe von 54 348 t.

Geschichte. B. ist zwar ein altertümlicher Ort, seine Wichtigkeit begann aber erst als 1631 der Kardinal Richelieu den Hafen reinigen und befestigen und ein Arsenal und Werfte für Kriegsschiffe erbauen ließ. Der Minister Colbert, der die hölzernen Werfte in steinerne verwandelte, erhob B. zum königl. Kriegshafen, welchen Ludwig XIV. 1680-88 durch Vauban in Verteidigungszustand setzen ließ, sodaß die Engländer, als sie 1694 denselben bei einer Landung wegzunehmen suchten, mit bedeutendem Verluste zurückgeschlagen wurden. Während des franz. Revolutionskrieges wurde auf der Reede von B. 1. Juni 1794 die franz. Flotte unter Villaret-Joyeuse von den Engländern unter Howe geschlagen, wobei sechs Linienschiffe den Engländern in die Hände fielen und ein siebentes in den Grund gebohrt wurde. - Vgl. Levot, Histoire de la ville et du port de B. (5 Bde., Brest 1864-75).

Brestel, Rud., österr. Staatsmann, geb. 16. Mai 1816 in Wien, wo er vom Okt. 1836-40 als Assistent bei der Sternwarte angestellt war, kam nach einer vorübergehenden Anstellung als Professor der Physik an der Olmützer Universität 1844 als supplierender Professor der Mathematik an die Wiener Universität zurück. Nach der Märzerhebung in den Wiener Reichstag gewählt, spielte er dort wie später in Kremsier eine hervorragende Rolle. Nach dem 6. März 1849 seiner Professur enthoben, mußte B. sich von publizistischen Arbeiten nähren, bis er 1856 eine Anstellung als Sekretär bei der neugegründeten Kreditanstalt für Handel und Gewerbe erhielt. Er wurde 1861 von einigen Vororten Wiens in den niederösterr. Landtag und von diesem in den Landesausschuß gewählt. In den Reichsrat, dem er bis zu seinem Tode angehörte, kam er erst 1864. Am 1. Jan. 1868 übernahm er im Bürgerministerium das Finanzportefeuille. B. führte die unvermeidliche Zinsenreduktion in Form einer Erhöhung der Couponsteuer von 7 auf 10 Proz. durch, die durch die Konversion aller Arten von Staatsschulden in eine einheitliche Rentenschuld noch auf nahezu 20 Proz. gesteigert ward. Es gelang ihm, in dem Budget für 1870 das thatsächliche Deficit auf 3-4 Mill. Fl. herabzumindern, obschon der Überschuß der Ausgaben über die regelmäßigen Einnahmen sich nach wie vor auf das Zehnfache belief. Als sich der Streit zwischen der centralistischen Majorität und der föderalistischen Minorität im Schoße des Kabinetts erhob, hielt B. zur erstern und trat Anfang 1870 in das Kabinett Hasner. Mit diesem erhielt er im April 1870 seine Entlassung. Er starb 3. März 1881 in Wien.

Brest-Litowsk, poln. Brześć-Litewski. 1) Kreis im südwestl. Teil des russ. Gouvernements Grodno, ist reich an Wäldern und hat 4893,2 qkm, 176 225 E., Ackerbau, Viehzucht, Holzhandel. - 2) Kreisstadt im Kreis B. und Festung ersten Ranges, an der Mündung des Muchawez in den Bug, wichtiger Eisenbahnknotenpunkt (s. beistehenden Plan); es liegt an den Linien Moskau-Minsk-B., Warschau-Lukow-Terespol-B., B.-Kowel-Berditschew-Kasatin und B.-Bjelostock-Grajewo der Russ. Südwestbahn, B.-Shabinka-Gomel-Brjansk und B.-Chelm

^[Abb.: Situationsplan von Brest-Litowsk.]