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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Bruch

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Bruch (Joh. Friedr.) - Bruch (Max)

den Befestigungsapparat; letzterer ist eine Stahlfeder oder ein Gummigurt. Auch unelastische Gurte hat man früher zur Befestigung der Pelotte benutzt; doch sind diese als unzweckmäßig außer Gebrauch gekommen. Meist muß das Bruchband einige Jahre Tag und Nacht getragen werden, wenn es eine Radikalheilung bewirken soll. Auch wenn sich die Bruchpforte schon geschlossen, muß das Bruchband noch ein Jahr hindurch getragen werden und darf erst allmählich, anfangs bloß des Nachts, abgelegt werden. Nur bei kleinen Kindern geht die Heilung oft schneller von statten. Außerdem kann man die Radikalheilung durch eine Operation zu stande bringen. Diese Radikaloperation, welche auf den Verschluß der Bruchpforte und des Bruchhalses ausgeht, wurde, wenn auch in roher Weise, schon im Mittelalter häufig geübt, kam jedoch wegen ihrer ungünstigen Erfolge ganz in Mißkredit, bis im Beginn des 19. Jahrh. verbesserte Operationsverfahren ihr wieder mehr Anhänger verschafften. Da jedoch noch immer die von der Radikaloperation zu erwartenden Vorteile in keinem Verhältnis zu ihren Gefahren standen, so machten die meisten Chirurgen von ihr keinen Gebrauch, bis durch Einführung der antiseptischen Verbandmethode die Gefahren derselben auf ein sehr geringes Maß reduciert wurden. Demgemäß ist die Radikaloperation in der neuesten Zeit wieder mehr in Aufnahme gekommen und wird namentlich ausgeführt im Anschluß an die Operation des eingeklemmten B., bei Brüchen, die sich durch ein Bruchband nicht zurückhalten lassen, und auch in andern Fällen auf dringenden Wunsch des Patienten. Von den als Radikalheilmittel angepriesenen Arzneien, Bruchpflastern u. s. w. ist nichts zu erwarten.

Bei beweglichen B., welche nicht radikal geheilt werden sollen, muß wenigstens eine Palliativbehandlung eintreten, welche die durch den B. bedingten Beschwerden beseitigt. Diese besteht in der Anlegung eines Bruchbandes, welches das vorher in seine Höhle zurückgebrachte Eingeweide zurückhält. Der Bruchkranke muß stets darauf achten, daß das Bruchband in seiner richtigen Lage sich befindet und kein Teil des Brucheingeweides unter ihm ausgetreten ist. Da bei ruhiger Lage die B. nicht hervorzutreten pflegen, kann er nachts das Bruchband ablegen. Nur wenn er an Husten leidet, wird er auch nachts das Bruchband anbehalten müssen. Wünschenswert ist es außerdem, daß der Bruchkranke jede starke Bewegung und Anstrengung meidet und eine leichte, nicht blähende Diät führt. Unbewegliche B. behandelt man, je nach der Ursache der Unbeweglichkeit, verschieden. Ist der B. unbeweglich, weil er eingeklemmt ist, und ist er deshalb schmerzhaft und veranlaßt Verstopfung und Erbrechen, so muß er so frühzeitig wie möglich mit mäßiger Gewalt und am besten in der Chloroformnarkose von einem Arzt durch vorsichtige Manipulationen zurückgebracht werden (Reposition oder Taxis des B.). Gelingt dies nicht, so muß, um die Gefahr dieses Zustandes zu beseitigen, zur Bruchoperation oder dem Bruchschnitt (Herniotomie) geschritten werden, bei der nach Durchschneidung der Bedeckungen die Einschnürung mit dem Messer gelöst und dann das Eingeweide reponiert wird. Dies ist weder eine gefahrlose noch leichte Operation; sie erfordert viel Umsicht und Geschicklichkeit. Die Gefahr der Bruchoperation ist um so geringer, je frühzeitiger nach dem Entstehen der Einklemmung dieselbe vorgenommen wird. Ist nach der Bruchoperation Heilung eingetreten, so muß, um das Wiedervortreten des B. zu verhüten, ein Bruchband getragen werden. Ist der B. unbeweglich, weil er sehr groß, oder weil Teile des Brucheingeweides an dessen Umhüllungen angewachsen sind, so kann man ihn oft noch zurückbringen und durch ein Bruchband zurückhalten, nachdem der Patient längere Zeit bei schmaler Kost und Purgieren in der Rückenlage im Bett zugebracht hat. Gelingt dies nicht, so kann man demselben das Tragen des B. noch durch eine geeignete Bandage (Tragbeutel, Leibbinde) erleichtern. - Vgl. Schuh, Über die Einklemmung der Unterleibsbrüche und ihre Behandlung (Wien 1860); Schmidt, Hernien in Pitha-Billroths "Handbuch der Chirurgie", 3. Bd., 2. Abteil., Lfg. 3 (Stuttg. 1882); Ravoth, Die Unterleibsbrüche, ihre Ursachen, Erkenntnis und Behandlung (2. Aufl., Lpz. 1886); Graser, Die Unterleibsbrüche (Wiesb. 1891).

Bruch, Joh. Friedr., prot. Theolog, geb. 23. Dez. 1792 zu Pirmasens in Rheinbayern, studierte seit 1809 in Straßburg, wurde 1813 Pfarrvikar in Lohr bei Pfalzburg, 1821 Professor am prot. Seminar in Straßburg. Seit 1831 zugleich Prediger zu St. Nikolai, ward er 1849 geistlicher Inspektor, 1852 Mitglied des Oberkonsistoriums, 1866 des Direktoriums. B. hielt die Einweihungsrede bei der Eröffnung der deutschen Universität Straßburg 1. Mai 1872 und war ihr erster Rector Magnificus. Er starb 21. Juli 1874. Theologisch vertrat B. einen spekulativen Rationalismus, kirchenpolitisch stand er dem Protestantenverein nahe. Besonderes Verdienst erwarb er sich um die Freiheit der elsässischen Kirche gegenüber der Revolution von 1848 und der Reaktion (nach 1851). Von seinen Schriften sind hervorzuheben: "Lehrbuch der christl. Sittenlehre" (2 Bde., Straßb. 1829-32), "Études philosophiques sur le christianisme" (Par. u. Straßb. 1839), "Lehre von den göttlichen Eigenschaften" (Hamb. 1842), "Weisheitslehre der Hebräer" (Straßb. 1851), "Lehre von der Präexistenz der menschlichen Seele" (ebd. 1859), "Theorie des Bewußtseins" (ebd. 1864). - Vgl. seine Kindheits- und Jugenderinnerungen (Straßb. 1889) und Wirksamkeit in Schule und Kirche 1821-72 (ebd. 1889).

Bruch, Max, Komponist, geb. 6. Jan. 1838 zu Köln, wurde auf dem dortigen Konservatorium durch F. Hiller gebildet. Als Stipendiat der Mozart-Stiftung unternahm B. von 1857 ab Studienreisen, die !hn bis Paris führten, wurde 1865 Musikdirektor in Koblenz, 1867 Hofkapellmeister in Sondershausen, privatisierte 1870-73 und leitete dann den Sternschen Gesangverein in Berlin, die Philharmonic Society in Liverpool, 1883-90 den Orchesterverein in Breslau. 1891 wurde er zum Vorsteher einer Meisterschule für musikalische Komposition bei der Akademie der Künste in Berlin und zum Mitglied des Senats der Akademie ernannt. B. hat sich zwar seiner glänzenden Einführung als Komponist nicht entsprechend entwickelt, gehört aber durch glückliche Erfindungsgabe, hohe Formvollendung, sichere Behandlung des Gesangsmäßigen und Beherrschung der gesamten modernen Ausdrucksmittel zu den hervorragendsten Tondichtern der Gegenwart. Seine bedeutendsten Arbeiten,"Frithjof" (Kantate für Männerchor und Soli), das erste Violinkonzert (G-moil) und die erste Sinfonie (Es-dur), gehören seiner Jugendperiode an und entstanden 1864-70. Sie bekunden ein Talent, dessen stärke und Eigentümlichkeit in der Verbindung volkstüm-^[folgende Seite]