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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Buchdruckerkunst

auch pekuniär an diejenigen herantraten, welche die Begründung einer Druckerei unternahmen, stellten zunächst einer schnellen Ausbreitung der B. sich in den Weg. Von wenigen Orten abgesehen, wo ein glücklicher Zufall oder die Liebhaberei einzelner Persönlichkeiten vorübergehend das Auftauchen einer Druckerei begünstigte, sind es nur die Hauptsitze des Gewerbfleißes, Handels und litterar. Lebens, wo die B. festen Fuß faßte. Außer den genannten Städten sind aus Süddeutschland hervorzuheben: Basel (bis 1501 zum Deutschen Reiche gehörig), wo 1471 bereits die «Buchdruckerknechte» einen Ausstand in Scene setzten gegen die «Meister so die Bücher drucken»; Augsburg, wo Günther Zainer die B. etwa 1468 einführte; Ulm (Joh. Zainer etwa seit 1469); Nürnberg, wo Heinr. Keffer, Gutenbergs «Diener und Knecht», und Joh. Sensenschmidt (etwa seit 1470) druckten, u. a. der berühmte Astronom Joh. Regiomontanus (s. d.) Kalender und mathem. Schriften erscheinen ließ, vor allem aber Anthoni Koberger (s. d.) etwa 1470‒1513 als Drucker, noch mehr aber als Verleger und Buchhändler thätig war. Norddeutschland wurde gleich den nordischen Reichen längere Zeit hauptsächlich von Frankfurt a. M. aus mit gedruckten Büchern versorgt: später folgten Lübeck, Leipzig, Erfurt u. a. mit eigenen Druckereien den west- und süddeutschen Städten. Leipzig gewann zunächst mehr Bedeutung für den Buchhandel als für den Bücherdruck. Auch in Wien ließ sich, nach einem vereinzelten Anfang aus 1482, erst 1491 ein Drucker dauernd nieder. Im ganzen sind über 50 deutsche Orte bekannt, in welchen während des 15. Jahrh. Bücher gedruckt wurden; die Zahl der selbständigen Drucker daselbst, die wir kennen, betrug viel über 200.

Auch im Ausland waren es anfangs meist Deutsche, welche «die deutsche Kunst» betrieben und dort heimisch machten. In Italien wurde sie von Konr. Sweynheim und Arnold Pannartz eingeführt, welche, von den Mönchen des Klosters Subiaco bei Rom berufen, dort seit 1465 druckten, 1467 aber nach Rom übersiedelten. In Venedig erhielt Joh. von Speyer 1469 ein Privilegium zum Druck von

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Büchern, welches aber schon im folgenden Jahre durch seinen Tod erledigt wurde. Während nun sein Bruder Wendelin von Speyer das Geschäft anfangs allein, später mit Joh. von Köln fortführte, etablierte sich dort im selben Jahre Nikolaus Jenson, ein geschickter Graveur und geborener Franzose, der von König Karl Ⅶ. 1458 nach Mainz gesendet worden war, um die neue Kunst zu erlernen und in Frankreich einzuführen, aus unbekannten Gründen aber sie nicht in Frankreich ausübte, sondern nach Venedig ging. Diese mächtige Handelsstadt wurde bald der Hauptplatz des Bücherdruckes und ‑Handels: etwa 250 Druckereien dieses Ortes kennen wir aus dem 15. Jahrh.; die der Aldi (etwa 1495‒1597; s. Aldinen und Manutius) wurde damals begründet. Das humanistisch besser vorgebildete, durch Handel und Wohlstand blühende Italien überholte überhaupt Deutschland in der Pflege der B. – In Spanien wurde die Kunst 1474 zu Valencia eingeführt; andere Städte folgten. Zumeist waren die Drucker Deutsche und Holländer; daher rührt auch der got. Typenschnitt ihrer Drucke. Nach Portugal brachten Juden zuerst die Kunst, welche 1484 zu Leiria druckten; 1495 ließ die Königin Eleonore deutsche Buchdrucker nach Lissabon kommen. – Nicht sehr früh im Verhältnis zur Bedeutung des litterar. Lebens in Paris und der dortigen Universität gelangte die B. nach Frankreich. Die Anregung, die König Karl Ⅶ. gegeben hatte (s. oben), blieb zunächst ohne Folgen. Erst gegen 1469 wurden auf Betreiben zweier gelehrter und einflußreicher Mitglieder der Universität, des Joh. Heynlin von Stein (de Lapide) und Wilh. Fichets aus Savoyen, drei deutsche, beziehungsweise schweiz. Drucker nach Paris berufen, vermutlich aus Basel: Ulrich Gering, Martin Krantz und Mich. Friburger. Anfangs ihren Verlag der humanistischen Richtung ihrer Gönner anpassend, verlegten sie sich bald, als diese Paris verlassen hatten, auf die gangbarere theol.-kanonistische und populäre Litteratur. Bereits 1477 verließen aber Krantz und Friburger wieder Frankreich; neben Gering kamen andere Druckereien in Paris auf, unter welchen einzelne, wie die von

^[Abb.: Fig. 1. Aus Ablaßbrief von 1454 bis 1455, 1. Druck; die Zeilen in der Mitte abgebrochen. Darin Typen der 26zeiligen Bibel.]

^[Abb.: Fig. 2. Aus Ablaßbrief von 1454 bis 1455, 2. Druck; die Zeilen abgebrochen. Darin Typen der 42zeiligen Bibel.]