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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Buchdruckerkunst

buchstaben. Den Versuch doppelfarbigen Druckes (rot eingedruckte Überschriften) zeigt bereits der ältere Anfang der 42zeiligen Bibel.

Im 16. Jahrh. gewann die B. immer größere Verbreitung, zumal die religiösen Streitigkeiten massenhaften Stoff zum Drucken lieferten. Die Regierungen beschäftigten sich vielfach mit der Bücherpolizei, die schon für Handschriften eingeführten Censurvorschriften wurden erneuert und verschärft; am 24. März 1564 wurde von dem Konzil zu Orient der erste Index verbotener Bücher veröffentlicht. In Frankreich suchte die Sorbonne sogar das Verbot der B. zu erwirken, und schon hatte 1534 Franz Ⅰ. den Befehl erlassen, alle Druckereien zu schließen, als der Widerstand des Parlaments die franz. Buchdrucker vor der drohenden Maßregel bewahrte. In England wurde die Zahl der Druckereien beschränkt, in allen Staaten die Presse ängstlich überwacht, nur in Deutschland herrschte, dank der weitgehenden Autonomie der Einzelstaaten und der Schwäche der Centralgewalt, eine verhältnismäßig freiere Bewegung der Presse.

In technischer Beziehung steht fest, daß die frühesten Bücher mit Metalltypen gedruckt sind, und zwar ohne Zweifel mit gegossenen. Die Zusammensetzung des Metalls verlangte und erfuhr mehrfache Verbesserungen. Erhalten hat sich eine bildliche Darstellung der Druckerei des Jodocus Badius Ascensius (s. Badius) zu Paris aus dem Anfang des 16. Jahrh. – Hinsichtlich der Typenarten wurde vom 16. Jahrh. an in Frankreich, England und Italien (hier schon früher) die got. Schrift fast ganz durch die Antiqua (s. d.) verdrängt. Aldus Manutius der Ältere gab im Anschluß an die röm. Kanzleischrift der Antiqua eine etwas nach rechts gebeugte Form (Kursive oder Italique). In Deutschland wurde die kaiserl. Kanzleischrift in Typen geschnitten, um für den Kaiser Max den «Tewrdanckh» zu drucken (1517), ein Werk, welches wegen seiner genauen Nachahmung aller Künste der Schönschreiber (s. Faksimile 11) das großartigste Meisterwerk der B. des 16. Jahrh. ist. Als Drucker wurde Hans Schönsperger dazu von Augsburg nach Nürnberg berufen. Neben dieser Theuerdankschrift, welche der Rewichschen deutschen Type (s. Faksimile 7) stilähnlich ist, entstand um dieselbe Zeit die einfachere Frakturschrift. Anfangs gebrauchte man sie häufig als Auszeichnungsschrift in Schwabachertexten; bald aber kehrte man das Verhältnis um, die Fraktur wurde Textschrift und die Schwabacher Auszeichnungsschrift, doch behielten die deutschen Buchdrucker die Antiqua für lat. Text, selbst in einzelnen Worten, bei, und so entstand der Dualismus von Fraktur und Antiqua, der Deutschland und den nordischen Ländern, die von hier ihre Schriften bezogen, eigentümlich wurde. Die franz.

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Schreibschrift wurde von Robert Granjon in Lyon mit viel Geschick geschnitten, er erhielt auch 1537 für 10 Jahre ein Privileg auf ihren Gebrauch, aber sie hat, weil eine klare Druckschrift im Grunde dem Lesen weniger Schwierigkeiten bereitet als jede Schreibschrift, keine allgemeine Verwendung beim Druck gefunden. Auch in Deutschland wurde im 17. Jahrh. eine Schreibschrift in Typen für Kanzleizwecke hergestellt, blieb aber ganz auf diese beschränkt. Die griech. und hebr. Typen wurden schöner hergestellt als im vorigen Jahrhundert; berühmt war die griech. Schrift Garamonds. Kaspar Kraft schnitt in Wien syr. Typen; mit solchen wurde auch von Henri Etienne (s. Stephanus) in Paris, Plantin in Antwerpen und in der Druckerei der Propaganda in Rom gedruckt. Diese Offizin besaß auch samaritan., armenische, kopt. und äthiop. Typen. Arab. und pers. Typen ließ der franz. Gesandte Savary de Brèves 1589‒1611 in Konstantinopel schneiden; sie sind noch gegenwärtig im Besitz der Pariser Nationaldruckerei, schöne arab. Typen schnitt Robert Granjon für den Kardinal von Medici. Der Notendruck mit Lettern

^[Abb.: Fig. 11. Aus Tewerdanckh.]

für Figuralmusik (s. Musiknoten) wurde in Italien von Petrucci 1498 erfunden, bald aber (1507) verbessert. Pierre Hutin in Paris erfand 1525 ein weniger schönes, aber einfaches Verfahren des Notendrucks, welches sich lange im Gebrauch erhielt. – Das Bedürfnis einer leichten Übersicht über den Inhalt eines Buches führte nach und nach noch im 15. Jahrh. zur gegenwärtigen Form der Titel, auf deren Ausschmückung nun die Sorgfalt übertragen wurde, die sonst der ersten Buchseite gewidmet worden war. Da Künstler ersten Ranges, wie Albrecht Dürer, Hans Holbein, Lukas Kranach, Jost Ammann u. a., die Holzschnitte und Ornamentik der Bücher lieferten, so ist in dieser Beziehung die Typographie des 16. Jahrh. mit einer besondern Glorie umgeben. In Italien entwickelte sich die Holzschnittillustration nicht in dem gleichen Maße wie in Deutschland, nur in dem sog. Clairobscur-Druck und im Metallschnitt behauptete Italien, besonders Venedig, ein Übergewicht. (S. Carpi [Ugo da] und Andreani [Andrea].)

Für Deutschland, das im 17. Jahrh. von dem verheerenden Dreißigjährigen Kriege heimgesucht wurde, war diese Periode naturgemäß keine Zeit gedeihlichen Aufstrebens, doch gewann die B. räumlich weitern Boden und machte sich namentlich als Verbreitungsmittel «Neuer Zeitungen» unentbehr- ^[folgende Seite]