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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Budapest

Ungarischen Allgemeinen Assekuranzgesellschaft angekauft wurde,die auch die Leitung übernommen hat. Das Aktienkapital der 1891 bestehenden 95 Aktiengesellschaften betrug 141,45 Mill. Fl.

Verkehrswesen. B. ist Mittelpunkt des ungar. Eisenbahnnetzes. Die Linien, welche in den 3 Hauptbahnhöfen (Centralbahnhof oder Ostbahnhof - s. Tafel: Bahnhöfe II, Fig. 3 - sowie der Westbahnhof der Ungar. Staatsbahnen in Pest und der Südbahnhof in Ofen) münden, sind: B.-Ruttek (313 km), B.-Lajos-Mizse (67,85 km), B.-Bruck a. L. (221 km), B.-(Ferenczváros-)Semlin (339,3 km), B.-Szolnok-Kronstadt-Predeal (761 km) und B.-Zakany-Fiume (608 km) der Ungar. Staatsbahnen; (Marchegg-)B.-Verciorova der Österr.-Ungar. Staatsbahn-Gesellschaft und Pragerhof-B. (334 km) der Österr. Südbahn. Lokalbahnen führen von B. nach Czinkota (11 km), von B. über Haraszti nach Ráczkeve und von Alt-Ofen nach Szt.-Endré (16,3 km). Südlich vom Centralbahnhof liegt der Frachtenbahnhof der Ungar. Staatsbahnen. Die Bahnhöfe sind untereinander durch die Verbindungsbahn verbunden, außerdem vermittelt die 15,88 km lange Ringbahn den Frachtverkehr zwischen den Güterbahnhöfen und Ladestellen auf der Pester, die Ringbahn vom Südbahnhof nach Altofen bis zur Station Filatoridamm auf der Ofener Seite. Den Verkehr mit der Festung vermittelt die 0,1 km lange Drahtseilbahn neben dem Tunnel (1891 wurden auf ihr 449 653 Personen befördert); den Verkehr auf der Donau eine große Zahl Dampfer und kleine Schraubenboote (Propeller), die alle 5 Minuten von einem Ufer der Donau zum andern fahren; in der Stadt Ein- (Comfortables) und Zweispänner (Fiaker), Omnibus in fast allen Straßen und die Pferdebahnlinien nach Neupest, Steinbruch, Stadtwäldchen, Altofen, Auwinkel, Schlachthaus u. a., endlich die 2,9 km lange Zahnradbahn nach dem Schwabenberg (April bis November). Eine neue elektrische Zahnrad-Drahtseilbahn Ofen-Gerhardsberg (Blocksberg) ist in Vorbereitung. Die von Siemens & Halske erbaute elektrische Stadtbahn (Aktiengesellschaft) hatte Ende 1892 bereits eine Ausdehnung von 11,9 km (meist doppelgleisig). Von den 4 im Betriebe befindlichen Linien wurde die Stationsgassenlinie (2,5 km) 30. Juli 1889, die Podmaniczkygassenlinie (3,5 km) 10. Sept. 1889 und die große Ringstraßenlinie bis zur Kerepeserstraße (3 km) 6. März 1890, bis zur Üllöerstraße (1,3 km) 7. Aug. 1890, bis zum Borárosplatz (0,8 km) 5. Juni 1892 eröffnet. Die zu Dampfbetrieb eingerichtete Friedhofslinie wird zum elektrischen Betrieb umgebaut; die Königsgassenlinie (2 km) wurde 22. Juli 1891 eröffnet; weitere sind geplant. 1892 waren 62 Wagen und Maschinen vorhanden; befördert wurden (1892) 11 Mill. Personen. Der Postverkehr betrug (1891) 25,4 Mill. Briefe, die Wertsendungen 270 Mill. Fl.; der Telegraphenverkehr (20 Ämter) 860 821 Depeschen. Die Fernsprecheinrichtung hat 1701 Abonnenten.

Mineralquellen und Bäder. Berühmt sind die schon zu Römerzeiten bekannten und benutzten Thermalquellen sowie die Bitterwässer. Erstere sind schwache erdig-salinische Quellen mit 1,37 g festen Bestandteilen in 1 1 Wasser und gehören zu den sog. indifferenten Thermen. Die obern wichtigern entspringen am Fuße des Josephsbergs, die untern am Fuße des Blocksbergs. Zu jenen, die meist zum Baden verwendet werden, gehört das Kaiserbad (Császárfürdö) mit 10 Thermen (Palatin-, 50° C., Schwefelquelle 60°, Schlamm- oder Kesselquelle 60° und Kochbrunnen 64,5°), einer täglichen Wassermenge von 370 500 Kubikfuß und jährlich 3000 fremden Kurgästen; das Bassin ist noch ein Rest des Türkenbades Caplin aus dem 16. Jahrh., ferner die Wäscherquelle (65° C.), die Quellen des Königsbades (60°) und das prachtvoll eingerichtete Lukasbad. Zu den untern Thermen gehört das Raizenbad (Ráczfürdö) in der Raizenstadt, das zu König Matthias' Zeiten durch einen Säulengang mit dem königl. Schloß verbunden war und dessen Quelle 43,5° C. hat; das heutige 1860 von Joh. N. Heinrich erbaute Bad ist eine der schönsten Badeanstalten Europas, nach deren Muster die großen Bäder in London und Paris eingerichtet wurden; das Bruckbad (45°), 1831 erbaut (s. Tafel: Bäder I, Fig. 3), mit einem Volksbad im Hof (1560 erbaut), und das Blocksbad (50°), beide mit türk. Kuppeldach. Im Stadtwäldchen befindet sich das neue artesische Bad, dessen Brunnen (975 m tief) täglich 12 000 hl Wasser von 74,1° C. liefert. Auf der Margareteninsel ist in 118 m Tiefe eine Schwefelquelle (43°) erbohrt worden, die von 1200 Kurgästen zu Trink- und Badekuren benutzt wird. Das Wasser der Thermen ist von widerlichem, etwas säuerlichem Geschmack und hepatischem Geruch und wird bei Verschleimungen, Magenkatarrh, Skrofulose, Hämorrhoidalleiden, Gicht, Rheumatismus u. s. w. angewendet. Südlich vom Blocksberg ist das Elisabeth-Salzbad mit vollständig eingerichteter Badeanstalt. Die wichtigsten der Budapester Bitterwässer (40 Quellen) sind die Hunyadi-Janosquelle, deren Wasser in mehr als 1 Mill. Flaschen jährlich verschickt wird, die Rákoczy-, Franz-Joseph-, Mattoni-, Arpád-, Viktoria-, König Matthias- und St. Istvánquelle; sie haben etwa 15° C. und großen Reichtum an schwefelsaurer Magnesia und Natron. Außerdem hat B. noch eisenhaltige Bäder und Kaltwasserheilanstalten.

Vergnügungsorte und Umgebung. Die am obern Ende der Stadt in der Donau gelegene Margareteninsel ist Eigentum des Erzherzogs Joseph und in einen Park verwandelt. Der Name der Insel rührt von der heil. Margarete her, Tochter Belas IV., die hier ein Kloster stiftete, dessen Ruinen noch sichtbar sind. Das Stadtwäldchen im NO., während der Beschießung 1849 Wohnort fast der gesamten Bevölkerung, hat einen großen Teich zum Kahnfahren und Schlittschuhlaufen, mit zwei Inseln; der Volksgarten; der Steinbruch im SO. mit den großen Behältern der Wasserleitung und berühmten Brauereien; der nach der Donau steil abfallende Blocksberg mit der Citadelle und Aussicht auf beide Städte; der Schwabenberg (s. S. 689 a); der Auwinkel, jenseit der Zahnradbahn, ein anmutiger Bergkessel am Abbang des Schwabenbergs, zahlreiche Promenaden, Plätze und Gärten; endlich das königl. Schloß Gödöllö (27 km) mit Park.

Geschichtliches. Die erste Ansiedelung stammt aus der Keltenzeit. Etwa 150 n. Chr. gründeten die Römer hier die Kolonie Aquincum (das heutige Altofen). B. hieß vor dem Tatareneinfall von 1242 eine reiche deutsche Ortschaft (Villa Teutonica ditissima). Nach demselben bedachte Bela IV. (1244) "die Gäste von Pest" (hospites nostri de Pest, unter den Arpaden Name der deutschen Kolonisten) mit staatlichen Vorrechten, die auch den Steinbruch und Kleinpest am linken Ufer (minor Pest ultra Danubium) einschlossen. Der Name Pest scheint von Kalköfen herzurühren (altslaw. peštii, d. i. der Ofen) und zeigt auf slaw. Ursprung