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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Burgoyne; Burgraves; Bürgschaft

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Burgoyne - Bürgschaft

Burgoyne (spr. börgeún), Sir John Fox, engl. Feldmarschall, geb. 1782, trat schon 1798 als Sekondelieutenant in das Ingenieurkorps, war 1800 bei der Blockade von Malta und der Einnahme von La Valette thätig, wurde 1805 nach Sicilien gesandt und nahm 1807 an der Expedition nach Ägypten teil. Hierauf folgte er dem General Moore nach Schweden und Portugal und machte von 1809 an die Feldzüge unter Wellington mit, der ihm vor Burgos und später vor San Sebastian die Leitung der Belagerungsoperationen übertrug. Im amerik. Kriege wohnte B. als Oberstlieutenant und Chef der Ingenieure dem unglücklichen Angriffe auf Neuorleans 8. Jan. 1815 bei. Nachdem er 1826 die Armee unter General Clinton nach Portugal begleitet hatte, wurde er 1831 als Oberst zum Direktor der Bauten und öffentlichen Arbeiten in Irland ernannt. Seit 1838 Generalmajor, wurde er 1845 zum Generalinspektor der Fortifikationen ernannt. Damals schrieb er ein berühmt gewordenes "Memoir" über den wehrlosen Zustand der engl. Küsten, welches den Herzog von Wellington bewog, die Anlegung von Befestigungswerken durchzusetzen. Während der Hungersnot in Irland 1846-47 leitete B. die Maßregeln zur Linderung des Elends. 1851 zum Generallieutnant befördert, ging er vor Ausbruch des Orientkrieges nach Konstantinopel, um für die Befestigung der türk. Hauptstadt und der Dardanellen zu sorgen. Er veranlaßte bei den Operationen gegen Sewastopol die Beschießung des Malakow. B. kehrte 1855 nach England zurück, erhielt 1856 die Baronetswürde, wurde 1865 zum Kommandanten des Towers in London, 1868 zum Feldmarschall ernannt und starb 7. Okt. 1871 zu London. Auf dem Waterloo-Platze in London wurde ihm 1875 ein Bronzestandbild (von Böhm) errichtet. Nach B.s Tode gab sein Schwiegersohn Wrottesley "Life and correspondence of Sir John B." (2 Bde., Lond. 1873) heraus. Seine Ansichten über die Kriegskunst erschienen u. d. T. "Military opinions" (Lond. 1859). - Vgl. Head, A sketch of the life and death of Field-Marshal Sir John B. (ebd. 1872).

Burgraves (frz., spr. bürgraw; d. h. Burggrafen) nannte man spottweise nach einem Victor Hugoschen Drama, in dem fast alle Personen Greise sind, seit der Wahl Ludwig Napoleons zum Präsidenten der Französischen Republik die Führer der orléanistischen und der legitimistischen Partei, die sich verbunden hatten, um alle Einrichtungen, die den neuen Präsidenten populär machen könnten, zu verhindern. Zu den erst 8, dann 30 B. gehörten u. a. Vatimesnil, Montalembert, Berryer, Molé, Broglie, Thiers, Odilon Barrot, Dupin.

Bürgschaft, das Versprechen, eine fremde Schuld zu zahlen, falls der Schuldner sie nicht selbst zahle. Bürge ist hiernach derjenige, der dem Gläubiger zu dessen Sicherheit, neben der fortbestehenden Haftung des Schuldners, das zu leisten verspricht, was dieser verschuldet. Wegen der Abhängigkeit der Bürgschaftsschuld von der Hauptschuld bezeichnet man jene als accessorische. (S. Accession.) Es ist keine B., wenn sich mehrere von vornherein gleichmäßig, ein jeder für das Ganze verpflichten, wie bei der Korrealschuld. Es ist auch keine B., sondern ein unter andern Regeln stehender Garantievertrag, wenn jemand dafür aufzukommen verspricht, Schadenersatz oder eine fest bestimmte Summe zu leisten, sofern ein Dritter Etwas nicht leistet, was er zu leisten verpflichtet ist, ohne daß diese Verpflichtung unter den Begriff der Schuld fällt, oder was der Versprechende statt seiner nicht leisten kann: Man kann nicht dafür "bürgen", daß der Bräutigam die Ehe eingeht; man kann auch nicht dafür bürgen, daß der Verurteilte sich der Strafvollstreckung nicht entzieht. Dem Bürgen gleich haftet derjenige, welcher einen andern beauftragt, einem Dritten im eigenen Namen, aber auf Gefahr des Auftraggebers zu kreditieren, z. B. ein Darlehn zu geben, wenn der Auftrag ausgeführt ist (Kreditauftrag). Wer für die Bürgschaftsschuld als Bürge einsteht, ist Nachbürge, Überbürge oder Afterbürge. Wer dem Bürgen für seine Ersatzforderung gegen den Gläubiger einsteht, ist Rückbürge. Wer sich dem Gläubiger nur für den Betrag verbürgt, welchen er beim Schuldner einbüßt, ist Schadlosbürge. Wer dem Gläubiger so zu haften verspricht wie der Hauptschuldner, also unter Aufgabe der dem Bürgen zustehenden Rechtswohlthaten, ist selbstschuldnerischer Bürge. Die Hauptschuld kann eine bereits bestehende, eine zugleich mit der B. eingegangene, eine zukünftige oder eine bedingte sein. Der Bürge kann sich auch allgemein für die nicht näher bezeichneten Forderungen des Gläubigers gegen einen Dritten verbürgen (Kreditbürgschaft). Eine B. für eine Schuld aus einem verbotenen oder vom Gesetz mißbilligten Geschäft ist ebenso ungültig wie eine sich auf ein solches Geschäft beziehende Bestätigung (s. d.) des Hauptschuldners (Wucher, Differenzgeschäft, Spielschuld). Was aber der Schuldner selbst gültig zu zahlen versprechen kann, das kann, auch wenn der Schuldner ein solches Versprechen nicht abgiebt, gültig verbürgt werden, z. B. eine verjährte Schuld oder eine von einem Unmündigen oder einem Verschwender eingegangene Schuld, immer vorausgesetzt, daß die B. mit Kenntnis des Ungültigkeitsgrundes eingegangen ist. Solche Bürgen haben die Einrede der Vorausklage nicht. Nach Preuß. Allg. Landr. I, 14, §. 203 gilt eine B. nur, wenn sie gerichtlich oder schriftlich eingegangen ist. Diese Beschränkung gilt nicht, wenn die B. ein Handelsgeschäft ist (Deutsches Handelsgesetzbuch Art. 317), also im Zweifel nicht, wenn der Gläubiger oder wenn der Bürge Kaufmann ist (Art. 274, 277).

Nach röm. Recht sollten sich die Frauen überhaupt nicht, namentlich Ehefrauen nicht für ihre Ehemänner verbürgen, überhaupt nicht intercedieren (s. Intercession). Das umging die deutsche Praxis, indem sie die von der Ehefrau vor Gericht und nach vorgängiger Rechtsbelehrung unter eidlichem Verzicht auf die eheweiblichen Rechtswohlthaten erklärte Intercession, auch wenn sie zu Gunsten ihres Ehemanns erfolgt war, für gültig erklärte. Diese Bestimmung gilt nicht mehr für Handelsfrauen in betreff ihrer Handelsgeschäfte (Handelsgesetzbuch Art. 6), noch für die ein selbständiges Gewerbe betreibenden Frauen bezüglich der Schulden aus dem Gewerbebetriebe (Gewerbeordn. §. 11). Sie ist überhaupt abgeschafft in den meisten deutschen Staaten. In Württemberg (Gesetz von 1828) und in Sachsen (§. 1650 des Bürgerl. Gesetzbuchs) besteht noch die gerichtliche Formvorschrift, hier sofern sich die Ehefrau für den Ehemann verpflichtet. Dem Code Napoléon und dem österr. Bürgerl. Gesetzbuch sind diese Beschränkungen unbekannt.

Ob der Bürge auch für die Nebenforderungen (Zinsen und Kosten) haftet, wenn er die Haftung dafür nicht besonders übernommen hat, ist nicht in