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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Chaŏner; Chaonĭa; Chaos; Chapāla; Chapeau; Chapelain; Chapelet; Chapelgeschosse; Chapelhill; Chapelle

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Chaoner – Chapelle

stimmte C. gegen den Friedensvertrag und für eine Fortsetzung des Krieges. Nach Abschluß der Präliminarien wurde er 20. März bei seiner Ankunft in Paris von den Mitgliedern der Commune verhaftet. Dem General Cremer gelang es, seine Freilassung zu bewirken, doch mußte er schwören, die Waffen nicht gegen die Aufständischen zu führen. Bis zu seiner 1. Sept. 1872 erfolgten Ernennung zum Kommandanten des 7. Armeekorps in Tours beteiligte er sich als Mitglied des linken Centrums an den Arbeiten der Nationalversammlung. Juni 1873 wurde er zum kommandierenden General des 19. Armeekorps ernannt und mit dem Generalgouvernement in Algerien betraut. Bei der Präsidentenwahl (Jan. 1879) erhielt C. 99 Stimmen, was Grévy veranlaßte, ihn 13. Febr. 1880 der Stellung in Algerien zu entheben und weiter von Frankreich zu entfernen. C. ging als Botschafter nach Petersburg, legte diese Stellung jedoch nieder, als Gambetta 1881 an die Spitze des Ministeriums berufen wurde, und kehrte nach Frankreich zurück. 1882 wurde C. wieder in die aktive Generalität einrangiert und zum Mitgliede des Oberkriegsrates der Armee sowie der franz. Landesverteidigungskommission ernannt; noch in demselben Jahre übernahm er das Generalkommando des 6. Armeekorps in Châlons-sur-Marne, wo er in der Nacht vom 4. zum 5. Jan. 1883 starb. Ihm wurden drei Denkmäler gesetzt: eins in Buzancy (Statue von Aristide Croisy), enthüllt 28. Sept. 1884; eins in Le Mans (Statue von Crauk), enthüllt 15. Aug. 1885; das dritte in Nouart (Statue von Aristide Croisy), enthüllt 18. Juli 1886. C. war entschieden derjenige franz. Heerführer, der die günstigsten Waffenerfolge während des letzten Krieges mit neuformierten Truppen erreichte; er legte große Zähigkeit an den Tag, vereinigte Vorsicht mit Unternehmungslust, bewies richtiges militär. Urteil und gediegene Erfahrung. Er veröffentlichte ein Werk über seine Kriegsthätigkeit: «La deuxième armée de la Loire» (Par. 1871; deutsch von Busse, Hannov. 1873). – Vgl. Chuquet, Le général C. (Par. 1884); Villefranche, Histoire du général C. (ebd. 1890).

Chaŏner (Chaŏnes), einer der drei großen Stämme, aus denen in histor. Zeit sich das Volk des sog. Epirus zusammensetzte. Die Landschaft Chaonia umfaßte das Küstengebiet am Sund von Kerkyra von den Akrokeraunien (Kap Linguetta) bis zum Fluß Thyamis, Cestrine einschließend. Hauptorte waren Buthrotum, Phönice, Ilium. C. wohnten neben andern illyr. Stämmen auch in der südl. Hälfte Unteritaliens, und die Landschaft zwischen Kroton und Siris führte nach ihnen den Namen Chonia (Chaonia).

Chaonĭa, s. Chaoner.

Chaos (grch.) nannten die Alten die unermeßliche, formlose Masse, aus der sie die Welt hervorgegangen dachten. Nach der hesiodischen Theogonie entstand es zuerst von allem, nach ihm Gaia, die ewig unerschütterliche Erdfeste, und Eros, die Liebe, die alles Leben erzeugende Kraft. Aus dem C. gingen Erebos (der finstere Abgrund) und Nyx (die Nacht) hervor, welche miteinander den Aither (Äther) und die Hemera (den Tag) zeugten. Die orphische Kosmogonie sieht im Chronos (der Zeit) den Uranfang alles Werdens und läßt aus ihm den Aither und das C. hervorgehen. Die Dichter wählen das Wort auch zur Bezeichnung des Luftraumes und der Unterwelt; in übertragener Bedeutung wird mit C. jede ungeordnete, verworrene Masse bezeichnet.

Chapāla (spr. tscha-), See auf der Hochebene Mexikos, in den Staaten Jalisco und Michoacan, bedeckt etwa 3600 qkm, ist rings von hohen Bergen umgeben, sehr fischreich und wird vom Rio Grande de Lerma durchströmt.

Chapeau (frz., spr. schapoh), Hut; auch Herr im Gegensatz zur Dame, besonders im Tanze; C. bas (spr. bah), Arm-Klapphut, meist von schwarzem, seidenem Zeuge, ganz flach, sodaß er nicht auf den Kopf gesetzt, sondern nur unter dem Arm getragen werden konnte, später verdrängt durch den C. claque (spr. klack; richtiger C. à claque) oder nur Claque, ein dreieckiger, zusammendrückbarer Hut, der jetzt noch zum Galaanzug von Civilpersonen gehört. Außerdem nennt man C. claque auch den aus Tibetstoff gefertigten Cylinderhut (nach dem Erfinder Gibus in Paris auch Gibushut genannt), der mit einem Mechanismus versehen, sich flach zusammenklappen und wieder ausspannen läßt. C. bas heißt auch: Hut ab! und: mit abgenommenem Hute.

Chapelain (spr. schapp’läng), Jean, franz. Dichter, geb. 4. Dez. 1595 zu Paris, studierte Medizin und besonders Sprachen und wurde Erzieher der Söhne des Marquis de la Trousse. Durch die heute ungenießbare Vorrede zu Marinis «Adone», der in Paris erschien, erwarb er den Ruf eines bedeutenden Kritikers und zog die Aufmerksamkeit Richelieus auf sich. Er war eins der ersten Mitglieder der Akademie und um deren Einrichtung besonders verdient. Er starb 22. Febr. 1674. C.s «Pucelle», ein 1630 begonnenes Heldengedicht, regte durch ihre frühzeitige Ankündigung und die 20 jährige Verzögerung des Erscheinens Erwartungen an, denen sie bei der Veröffentlichung (1656) nicht genügte. Zwar erlebten die ersten 12 Gesänge sechs Auflagen in anderthalb Jahren; aber bald forderte das langweilige, erfindungsarme, an Geschmacklosigkeiten überreiche «Nationalepos» die vernichtende Kritik Boileaus und seiner Freunde heraus («C. décoiffé» und «Métamorphose de la perruque de C. en comète», 1664), und C., der noch 1663 der Berater Colberts bei Austeilung und Bemessung der Pensionen an litterar. Größen gewesen war und selbst nach Colberts Pensionsliste als «größter franz. Dichter» die höchste Pension bezogen hatte, hörte auf, als Orakel der Kritik zu gelten. Die 12 letzten Gesänge der «Pucelle» erschienen erst Orléans 1882, hg. von Herluison. Eine bis dahin unbekannte bessere Schrift «De la lecture des vieux romans» erschien Paris 1870, hg. von A. Feillet. – Vgl. Lettres de Jean C. (hg. von T. de Laroque, 2 Bde., Par. 1880‒83), mit höchst wichtigem Material für die Kenntnis der litterar. Zeitrichtungen; Fabre, Les ennemis de C. (ebd. 1888); ders., C. et nos deux premières académies (ebd. 1890).

Chapelet (frz., spr. schapp’leh), Rosenkranz als Gebetschnur.

Chapelgeschosse (spr. schappell-), eine neuere franz. Erfindung zweifelhafter Natur; die linsenförmig gestalteten Geschosse sollen eine an die des Bumerangs erinnernde Flugbahn erhalten, sodaß sie im stande sind, das Ziel von der Rückseite zu treffen.

Chapelhill (spr. tschäpp’l-), Ort im County Orange im nordamerik. Staate Nordcarolina, im NW. von Raleigh, mit 1000 E., ist Sitz der 1793 gegründeten Universität des Staates.

Chapelle (frz., spr. schappéll), Kapelle; C. ardente (spr. ardángt), Trauerbühne, s. Castrum doloris.

^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]